FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Württembergische Landesbibliothek

Adresse. Dienstgebäude Konrad-Adenauer-Str. 8, [Karte]
Postadresse: Postfach 10 54 41, 70047 Stuttgart
Telefon. (0711) 212-4424 (Sekretariat); 212-4454 oder -4468 (Auskunft); 212-4400 (automatischer Anrufbeantworter)
Telefax. (0711) 212-4422
Bibliothekssigel. <24>

Unterhaltsträger. Land Baden-Württemberg
Funktion. . Regionalbibliothek für Baden-Württemberg, insbesondere für die Regierungsbezirke Stuttgart und Tübingen. Universitätsbibliothek für geisteswissenschaftliche Fächer der Universität Stuttgart. Institutsbibliothek der Musikhochschule.
Sammelgebiete. 1. Allgemeine Sammelgebiete: Universalbibliothek mit den Schwerpunkten Geisteswissenschaften, Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Medizin. 2. Besondere Sammelgebiete: Baden-Württemberg, Handschriften, Alte Drucke (besonders Inkunabeln, Boccaccio, Dante, Petrarca, Savonarola), Bibel, Hölderlin, Tanz- und Ballettliteratur, Klavierauszüge und Gesangbücher, Moderne Buchkunst, Literatur zum künstlerischen Glas.

Benutzungsmöglichkeiten. Ausleihbibliothek (bis auf Präsenzbestand). Öffnungszeiten: Ortsleihstelle: Bestellungen am Bildschirmgerät Montag bis Freitag 9-19.45 Uhr, Samstag 9-12.45 Uhr, Abholung der bestellten Bücher Montag bis Freitag 10-19 Uhr, Samstag 10-13 Uhr; Auskunft, Kataloge, Hauptlesesaal: Montag bis Freitag 9-20 Uhr, Samstag 9-13 Uhr; Sonderlesesaal für alte und wertvolle Drucke: Montag bis Freitag 10-13 Uhr und 14-17 Uhr (Mittwoch bis 19 Uhr). - Leihverkehr: DLV, internat. Leihverkehr.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopier- und Fotoaufträge, Selbstkopierer, Reader-Printer, Mikrofilm- und Mikrofiche-Lesegeräte.
Gedruckte Informationen. Bibliotheksprofil (jährlich aktualisiert); Benutzungsanleitungen; Benutzungsordnung. Württembergische Landesbibliothek Stuttgart: ein Führer durch ihre Geschichte und ihre Sammlungen. Red.: H. Hilger; G. Stegmaier; V. Trost. Stuttgart 1990.
Hinweise für anreisende Benutzer. Für Benutzer von Inkunabeln und Rara ist eine vorherige Anmeldung unbedingt notwendig. Im übrigen liegt ein Merkblatt für die Benutzung alter und wertvoller Drucke vor, das von auswärtigen Benutzern angefordert werden kann. Vom Hauptbahnhof ca. 15 Minuten Fußweg. U-Bahnverbindung ab Hauptbahnhof (Linien 5, 6, 7, 15) bis Charlottenplatz. Parkhaus an der Bibliothek.

Inhalt

 Bestandsgeschichte ................................... [1.1]
 Bestandsbeschreibung ................................. [2.1]
 Chronologische Übersicht und 
 Übersicht nach Sprachen .............................. [2.2]
 Systematische Übersicht .............................. [2.3]
 Archäologie (Altertümer) ............................. [2.5] 
 Geographie ........................................... [2.9]
 Geschichte ........................................... [2.15]
 Gewerbekunde ......................................... [2.27]
 Kinder- und Jugendliteratur .......................... [2.34]
 Kunst ................................................ [2.35]
 Literatur (Schöne Literatur, Dichtung,
 Literatur von Frauen) ................................ [2.37]
 Medizin .............................................. [2.66]
 Miszellen nebst Academica, Dissertationen
 und Schulprogrammen .................................. [2.73]
 Naturwissenschaften .................................. [2.80]
 Pädagogik ............................................ [2.89]
 Philologie ........................................... [2.92]
 Philosophie .......................................... [2.101]
 Politik .............................................. [2.102]
 Recht ................................................ [2.106]
 Sport und Spiele ..................................... [2.117]
 Theologie und Kirchengeschichte ...................... [2.119]
 Württembergica (Geschichte und Recht) ................ [2.174]
 Zeitschriften und Zeitungen .......................... [2.187]
 Sonderbestände und Sondersammlungen .................. [2.189]
 Inkunabelsammlung .................................... [2.191]
 Bibelsammlung ........................................ [2.202]
 Sammlung Hugo Borst .................................. [2.211]
 Musica practica ...................................... [2.212]
 Stuttgart2:
 Kataloge ............................................. [3.0]
 Moderne Kataloge ..................................... [3.1]
 Historische allgemeine Kataloge ...................... [3.2]
 Historische Kataloge eingegliederter Bibliotheken .... [3.3]
 Quellen und Darstellungen
 zur Geschichte der Bibliothek ........................ [4.0]
 Archivalien .......................................... [4.1]
 Darstellungen ........................................ [4.2]
 Veröffentlichungen zu den Beständen .................. [5.0] 

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Im späten 18. Jh wurde im Zeitgeist des aufgeklärten Absolutismus in Württemberg eine große, der Öffentlichkeit zugängliche Bibliothek gegründet, deren Bücherschätze zugleich Teil der höfischen Repräsentationskultur sein sollten. Herzog Karl Eugen (reg. 1744-1793) hatte bereits 1750 die Vereinigung zweier großer Stuttgarter Bibliotheken, die des Konsistoriums und die des Regierungsrates, angeordnet und deren öffentliche Nutzung gefördert. Als der 1761 gegründeten Kunstakademie eine Akademie der Wissenschaften zur Seite gestellt werden sollte, konnte dieser Bestand dem gestiegenen Literaturbedarf nicht mehr gerecht werden. Unterstützt durch den Bibliothekar Joseph Uriot (1713-1788), der 1763 dem Herzog seine eigene Büchersammlung verkauft hatte, in der die Geschichtsfächer dominierten, trieb Karl Eugen die Gründung einer öffentlichen Bibliothek voran. Da die Stadt Stuttgart aufgrund eines Steuerstreites in Ungnade gefallen war, verlegte Herzog Karl Eugen die Residenz nach Ludwigsburg und brachte die Académie des Arts und die neue Bibliothek im Haus des Oberwageninspektors Beck in Ludwigsburg unter. Zu den 3000 Werken aus Uriots Sammlung kamen ca. 5000 aus den Beständen der herzoglichen Bibliothek. Etwa 1000 davon hatte Karl Eugen selbst erworben. Den Grundstock bildete jedoch eine durch Herzog Eberhard Ludwig (reg. 1693-1733) überlieferte Sammlung. 1767 zog die neue Bibliothek in die Ludwigsburger Schloßstraße um, doch wurde sie in den folgenden Jahren nicht wesentlich bereichert. 1771 erwarb Herzog Karl Eugen einen Teil der juristischen Bibliothek des Regierungsrates Eberhard Christian Wilhelm von Schauroth (1720-1766).

1.2 1775 wurde der Hof nach Stuttgart zurückverlegt, am 11. Februar 1777 die Bibliothek im sogenannten Herrenhaus am Marktplatz eröffnet. Bereits 1776 hatte Karl Eugen den Bestand der vereinigten Bibliotheken des Konsistoriums und des Regierungsrates von ca. 10.000 Werken in die herzogliche Bibliothek integriert. Zur Hälfte bestand dieser Zuwachs aus juristischen Schriften der Oberrats-Bibliothek, die bereits 1624 unter Herzog Johann Friedrich (reg. 1608-1628) gegründet worden war und 1679 Bedeutung durch die Einverleibung der Büchersammlung des Staatsrechtlers Nicolaus Myler von Ehrenbach (1610-1677) gewonnen hatte. Die Oberrats-Bibliothek enthielt viele Bücher aus dem Besitz von Herzog Friedrich von Württemberg-Neuenstadt (1615-1682), darunter ältere französische Literatur, und bot so in gewisser Hinsicht einen Ersatz für die im Dreißigjährigen Krieg aus Tübingen von den Bayern und aus Stuttgart von den Habsburgern geraubten altfürstlichen Bibliotheken. Hauptsächlich theologische Werke kamen aus den Beständen des Konsistoriums, in die wesentliche Teile der in der Reformation aufgelösten altwürttembergischen Klosterbibliotheken eingegangen waren. 1788 wurden ca. 600 weitere wertvolle Drucke, die im Archiv des Regierungsrates und anderen Kanzleien und Registraturen zurückgeblieben waren, für die öffentliche Bibliothek eingezogen.

1.3 Die Vermehrung der Buchbestände lag ausschließlich in den Händen des Herzogs. Die Bibliothekare Georg Friedrich Vischer (1738-1789) und Johann Friedrich Lebret (1732-1807) hatten nur beratende Funktion. Die Stuttgarter Buchhändler lieferten Pflichtexemplare ab. Seit der Gründung der Bibliothek stellten Rentkammer und Kirchenrat 1000 fl im Jahr für Neuanschaffungen zur Verfügung eine relativ geringe Summe, gemessen an den jährlichen Kosten des Hoftheaters (300.000 fl) und den tatsächlichen Bücherkäufen des Herzogs. Was Karl Eugen nicht selbst auf seinen Reisen entdeckte bzw. von dem ihm Angebotenen guthieß, trugen ihm seine Agenten zu, so der vatikanische Archivar Luigi Gaetano Marini in Rom, der Florentiner Bibliothekar Angelo Maria Bandini und der Wiener Gesandte Christoph Albrecht von Bühler. Etwas zwielichtig waren die Geschäfte, in die der Kölner Büchersammler Baron Hüpsch den Herzog hineinzog.

1.4 1779 wurde der Nachlaß des Dr. Christian Eberhard Andreae (1706-1759) erworben und dessen Sammlung medizinischer Werke durch die Bibliothek des Stuttgarter Arztes Dr. Johann Friedrich Engel (1696-1781) 1780 ergänzt. Ebenfalls in das Jahr 1780 fiel der Kauf der Deduktionensammlung des Nürnberger Amtmanns Christoph Sigmund Holzschuher (1729-1779), der damals reichsten ihrer Art, deren gedruckter Katalog vier Bde umfaßte. 1781 kamen für 800 fl die kirchengeschichtlichen Bücher des Prälaten Johann Friedrich Ernst Bernhard (1722-1798) an die Bibliothek. 1784 wurde die Fabrici-Sammlung der Reichshofrats-Conclusa von 1775 bis 1777 in 95 Folio-Bänden erworben. Im gleichen Jahr reiste Karl Eugen nach Kopenhagen und kaufte dort die berühmte Bibelsammlung des Pfarrers Josias Lorck (1723-1785), 5000 Bibeln in über 6000 Bdn. Nach der Erwerbung der größten württembergischen Privatbibliothek (25.000 Bdn, darunter 300 Inkunabeln) aus dem Besitz des Geheimrats Friedrich Wilhelm Frommann (1707-1787) im Jahre 1785 ergänzte der Herzog seine Bibelsammlung auf ca. 8000 Stück, indem er 1645 Bibeln von dem Nürnberger Archidiakon Georg Wolfgang Panzer (1729-1805) kaufte, darunter die Peypus-Bibel von 1524 und die 36-zeilige Bibel, früher im Besitz von Johann Georg Schelhorn (1694-1773). Ebenfalls 1786 kamen 40 Folianten kirchengeschichtlicher Hss. aus Helmstedt und seltene alte Drucke aus der Hinterlassenschaft des Orientalisten Hermann von der Hardt (1660-1746) für 1800 Gulden an die Bibliothek. Durch den Kauf der kriegswissenschaftlichen Bibliothek des Oberst Ferdinand Friedrich von Nicolai (1730-1814) mit ca. 7000 Plänen und Zeichnungen wurde eine frühere Erwerbung (1770) aus seiner Sammlung ergänzt.

1.5 Einen besonders wertvollen Zuwachs brachte 1786 der Kauf der Sammlung des Abbé de Rulle mit 400 Inkunabeln, 41 Dante- und 67 Petrarca-Ausgaben sowie zahlreichen italienischen Drucken des 16. Jhs. 1789 beteiligte sich Herzog Karl Eugen an der Versteigerung der Bücher von Charles de Rohan, Prinz von Soubise. Er erwarb ca. 100 Werke, die ursprünglich zur umfangreichen und kostbaren Sammlung des Staatsmannes und Geschichtsschreibers Jacques Auguste de Thou (1533-1617) gehörten. Auch bei der Versteigerung der Crevenna-Bibliothek in Amsterdam setzte der Stuttgarter Hof 1000 fl ein. Auf seinen Reisen erhielt der Herzog kostbare Einzelstücke zum Geschenk. Mit der Universitätsbibliothek Tübingen und verschiedenen Klöstern des Landes wurden Doppelstücke getauscht. Obwohl bei vielen Erwerbungen die Vorliebe des Herzogs für kostbare und seltene Bücher mitsprach, verlief die Vermehrung der Bibliothek nicht planlos. Die Bibliothekare, aber auch die Lehrer der Hohen Karlsschule wurden wiederholt aufgefordert, für einzelne Fächer Bücherlisten hinsichtlich der Bestandslücken oder wichtiger Neuerscheinungen anzufertigen. Als Karl Eugen 1793 starb, war die Bibliothek auf ca. 100.000 Bde angewachsen. Der Erwerbungsetat verknappte sich nun. Der Oberbibliothekar Johann Gottlieb Schott (1751-1813) wurde angewiesen, nur noch begonnene Reihen fortzusetzen und den Dublettentausch oder -verkauf zu forcieren. Bis zum Jahre 1811 verließen insgesamt 40.000 Bücher auf diesem Weg das Haus.

1.6 Die Koalitionskriege, der französische Einmarsch in Württemberg und der 1796 mit Frankreich geschlossene Sonderfrieden, der die Zahlung hoher Kriegsentschädigungen beinhaltete, lenkte das Interesse der Herzöge Ludwig Eugen (reg. 1793-1795) und Friedrich Eugen (reg. 1795-1797) naturgemäß von der Bibliothek ab. 1797 erhielt die Bibliothek einen Zuwachs von 3000 Bdn aus der aufgehobenen Hohen Karlsschule. 1801 wurden aus der Sammlung des Expeditionsrates Karl Anton Stroehlin 1650 Dissertationen in 44 Bdn erstanden. In der Folgezeit kaufte man einige Nachlässe württembergischer Gelehrter.

1.7 Der Reichsdeputationshauptschluß 1803 brachte Württemberg beträchtlichen Landgewinn und der Bibliothek einen Zuwachs von ca. 130.000 Bdn, darunter wertvolle Handschriftenbestände aus den aufgehobenen Klöstern, Stiften und Ritterkantonen. Dazu gehörten u. a. die Benediktinerabteien Weingarten und Zwiefalten, die Abtei Wiblingen, das Priorat Mengen, das Nonnenkloster Urspring; die Zisterzienserabteien Schöntal, Heiligkreuztal und Rottenmünster, die Karmeliterklöster Heilbronn und Rottenburg; die Kapuzinerklöster in Ellwangen, Wurmlingen, Mergentheim und Rottenburg; die gefürstete Propstei Ellwangen, das Chorherrnstift in Wolfegg und Ehingen am Neckar, das Kollegiatstift in Wiesensteig und Rottenburg; das Ritterstift Komburg, der Deutschorden in Mergentheim mit Kommende in Altshausen, die Ritterschaftskantone mit ihren Sitzen in Esslingen, Kochendorf und Tübingen.

1.8 Kurfürst Friedrich I. (reg. 1797-1816) schuf im Anschluß an die Rastatter Verhandlungen einen eigenen Staat Neu-Württemberg mit Regierungssitz Ellwangen. In die dortige fürstpröpstliche Bibliothek flossen zunächst Teile der Bücherschätze aus Zwiefalten und Komburg, bis Friedrich I., der 1806 die Königswürde erhalten hatte, Alt- und Neuwürttemberg vereinte und die Ellwanger Bibliothek in die Stuttgarter Königlich-Öffentliche Bibliothek integrierte. Bis 1810 kamen alle säkularisierten Bestände der Öffentlichen Bibliothek zugute; von 1810 bis 1818 beanspruchte Friedrich I. für seine Neugründung, die Königliche Handbibliothek (s. u. 1.15-1.16), das Auswahlrecht für kostbare Teile. König Wilhelm I. (reg. 1816-1864) leitete die in den Jahren 1818 bis 1820 noch eingehenden Säkularisationsbestände (ca. 900 Bde) aus Kochendorf, dem Jagst- und Schwarzwaldkreis wieder z. T. in die Öffentliche Bibliothek.

1.9 Aus den säkularisierten Klöstern kam hauptsächlich theologische Literatur mit den Schwerpunkten Kirchengeschichte, ältere Dogmatik, ältere und neuere Homiletik. Aus den Klöstern Weingarten und Zwiefalten stammten u. a. lateinische und griechische Klassikerausgaben. Bei den juristischen Inkunabeln überwog das geistliche Recht, wenn auch viel Literatur zum weltlichen Recht vorhanden war und die zeitgenössische Rezeption des römischen Rechtes spiegelte. Die Adelsstifte vereinigten theologisch-humanistische Bildung mit Aufgeschlossenheit gegenüber moderner Neuphilologie und Staatswissenschaft. Aus ihren Beständen kamen französische und italienische Sprachlehren und Wörterbücher, Literatur zur Mathematik und Mechanik, zu Ökonomie und Geographie, zur Profangeschichte mit Genealogie und Heraldik.

1.10 Die Abtei Zwiefalten (gegründet 1089) besaß einen großen Bestand an Inkunabeln und eine Reihe von Blockbüchern. Über Ellwangen gelangten 300 vor 1500 geschriebene Hss., 760 Inkunabeln (davon 400 theologische) und 1400 gedruckte Werke (ca. 360 zur Theologie, 320 zur Geschichtswissenschaft, 200 zum geistlichen Recht) aus Zwiefalten in die Königlich-Öffentliche Bibliothek.

1.11 Zur Zeit der Aufhebung besaß das Kloster Weingarten 840 Hss., 1500 Inkunabeln (primär Kirchengeschichte und Recht) und 25.000 Drucke, von denen 50 Prozent aus dem 16. Jh, 30 Prozent aus dem 17. und 20 Prozent aus dem 18. Jh stammten. Teile der Bibliothek gelangten in den Jahren der Herrschaft von Nassau-Oranien nach Fulda. Die Hauptmasse fiel jedoch an Stuttgart. Die Abtei Weingarten hatte im 17. Jh die stattlichen Bibliotheken von Johann Pistorius und Christoph Besold (1000 Bde Rechts- und Staatswissenschaft) inkorporiert, 1630 die Bestände der Konstanzer Dombibliothek gekauft. 1659 waren ihr 600 Bde aus der Sammlung der Tübinger Bibliophilen Nikolaus und Johann Friedrich von Ochsenbach zugefallen, darunter auch Ausgaben der zeitgenössischen Schönen Literatur. Von den insgesamt 20.000 Bdn zur Kirchengeschichte und Theologie, 2700 Bdn zur weltlichen Geschichte, 2000 Bdn zum weltlichen Recht (Grotius, Pufendorf, Thomasius) und 1900 Bdn Klassikern profitierten die Öffentliche Bibliothek in Stuttgart und die Königliche Handbibliothek.

1.12 Die ca. 10.000 Bde, die der Bibliothek der Hoch- und Deutschmeister-Residenz Mergentheim 1810 entzogen wurden, gingen vorwiegend an die Königliche Handbibliothek. Darunter befanden sich ca. 1500 Bde zu Theologie und Kirchengeschichte einerseits, zur Geschichte und Ordensgeschichte andererseits. Schwerpunkt waren die juristischen Fächer mit ca. 1700 Bdn (z. B. Natur- und Vernunftrecht, 630 Bde). Die Philologie einschließlich französischer und deutscher Literatur war mit 550 Bdn, Philosophie und Naturwissenschaften waren mit 430 Bdn vertreten. Aus der zum Stift gehörenden Kommende Altshausen gelangten ca. 3200 Bde (vorwiegend aus dem 18. Jh, darunter 630 Bde französischsprachiger Geschichtswerke) in die Königliche Handbibliothek; 1814 trafen weitere 1400 Bde französischer und englischer Literatur aus der Bibliothek des Altshausener Großkomturs von Forstmeister ein.

1.13 1525 war Mergentheim zur Residenzstadt des Ordens erhoben worden, was den Aufbau einer juristischen Gebrauchsbibliothek für die Kanzlei mit sich brachte (1602: 460 Titel). 1585 wurde Erzherzog Maximilian III. von Österreich (1558-1620) als Maximilian I. in den Orden aufgenommen. Er förderte die Gründung eines Priesterseminars mit eigener Bibliothek. Seine private Büchersammlung, eine beachtliche barocke Fürstenbibliothek, zählte 1618 neben wertvollen Hss. 1580 Druckwerke, davon ca. 430 zur Theologie, 360 zur Geschichte, 190 zur Architektur und Mathematik. Unter Maximilian Franz I. (1750-1801), dem früheren Bischof von Münster, wurden diese drei Bibliotheken 1774 vereinigt. Im Zuge der Konzentration der Ordensverwaltung in Mergentheim wurden 1778 die Bücher der Komturei Sachsenhausen bei Frankfurt eingegliedert, in der Folge 5927 Bde aus der Ordenskommende Ellingen. Hier war die moderne, " hofmännische" Bildung vertreten: 35 Prozent der Werke gehörten zum Fach der Geographie, 24 Prozent zum Fach der Staatswissenschaft. 1804 fiel Mergentheim die Privatbibliothek von Maximilian Franz I. zu. Mit ihren 3000 Bdn spiegelte sie die aufklärerische Gesinnung ihres Besitzers. Sie enthielt eine umfangreiche Sammlung französischer Memoirenliteratur des 18. Jhs und Werke der deutschen Aufklärungsphilosophie. Viele der heute noch zur Hofbibliothek gehörenden deutschen Dichtungen des 16. und 17. Jhs (deutsche Volksbücher, Fischart, Gengenbach, Rollenhagen u. a.) stammen aus dieser Sammlung.

1.14 Komburg war das erste säkularisierte Stift, das 1805 seine Bücher an die Öffentliche Bibliothek abgab. Die Bibliothek des Stifts ging auf die ehemalige Benediktinerabtei zurück, die 1488 in eine Ritterpropstei umgewandelt wurde. So war der Anteil theologischer Schriften an den ca. 4000 Bdn nicht gering, wurde jedoch übertroffen durch die Zahl der poetischen Werke. Der wertvollste Bestand dieser Sammlung beruhte auf der ihr einverleibten Bibliothek des pfalzbayerischen Rates Leonhard von Eck (1480-1550) und seines Sohnes Oswald († 1573), der Zögling des bayerischen Geschichtsschreibers Johannes Aventinus war. Sie enthielt theologische und juristische Werke und Aventin-Handschriften. Leonhard von Ecks Gattin war zuvor mit dem schwäbischen Humanisten Dietrich von Plieningen verheiratet gewesen, so daß 9 Stücke aus Plieningens Besitz ihren Weg in die Bibliothek fanden.

1.15 Den Kernbestand der 1810 von Friedrich I. gegründeten Königlichen Handbibliothek bildete eine Privatsammlung von 550 Bdn " vaterländischer Autoren" aus dem Besitz von Herzog Karl Eugen. In rotes Saffianleder eingebunden, ist jeder Band mit dem Monogramm des Herzogs geschmückt und reich vergoldet. Hinzu kam die Privatbibliothek von Friedrich I. und seiner englischen Gemahlin Charlotte Auguste Mathilde (1766-1828), die 1805 insgesamt 6700 Bde zählte. Darunter befanden sich zahlreiche Dedikationsexemplare einheimischer und französischer Dichter, wie überhaupt die Schöne Literatur den größten Raum einnahm.

1.16 In den Jahren 1810 bis 1818 wuchs die Handbibliothek durch die Kostbarkeiten aus säkularisiertem Klosterbesitz. 1813 wurden 230 in Ellwangen zurückgebliebene Kupferwerke integriert. Im gleichen Jahr kamen 2000 Bde aus der Sammlung des Prinzen Paul (1785-1852) hinzu. Diese Bücher stammten vorwiegend aus dem Zeitraum 1760 bis 1800 und waren inhaltlich der Kriegswissenschaft, der deutschen, englischen und französischen Dichtung und der Philosophie zuzurechnen. Reich vertreten waren Reisebeschreibungen und Memoirenwerke. König Wilhelm I. (reg. 1816-1864) ergänzte diese Bibliothek während seiner Regierungszeit fortlaufend mit kostbaren Ausgaben " vaterländischer" Autoren, vorzugsweise zur Geschichte, Kunst- und Naturgeschichte, Kriegswissenschaft und Baukunst (insgesamt 30.000 Bde). 1822 erhielt das katholische Wilhelmsstift in Tübingen als Leihgabe 9000 theologische Werke aus der Königlichen Handbibliothek, von denen 1885 1200 Inkunabeln zurückgegeben wurden. König Wilhelm I. hatte die Bibliothek der Krondotation zuteilen lassen; König Karl (reg. 1864-1891) übergab 1884 die Hss. und Inkunabeln der Öffentlichen Bibliothek. 1918 fiel die nun " Königliche Hofbibliothek" genannte Restsammlung an den Staat. Als die Württembergische Landesbibliothek sie 1936 inkorporierte, umfaßte sie 92.076 gedruckte Bde, 4300 nicht gebundene Schriften in 208 Kapseln, rund 8000 Dramen in 152 Paketen, 4100 Autographen, rund 2600 Bildnisse und 1000 Pläne und Ansichten.

1.17 1820 bezog die Königlich-Öffentliche Bibliothek ein geräumigeres Domizil im sogenannten Invalidenhaus an der Neckarstraße. Mit ca. 150.000 Bdn, die kleinen Druckschriften nicht eingerechnet, gehörte sie zu den fünf größten Bibliotheken in Deutschland. Seit dem Preßgesetz von 1817 gab es straffere Bestimmungen für die Pflichtlieferungen der heimischen Drucker. Für die Einsammlung der Pflichtexemplare war die oberste Schulbehörde, der Studienrat, zuständig, der auch die Amtsdrucksachen wie Flugschriften, Festzeitungen, Vereinsstatuten, Jahresberichte und Wahlaufrufe einzog. 1841 setzte die Bibliothek durch, daß auf diesem Wege auch Drucke für den Privatgebrauch wie Leichenpredigten und Gelegenheitsgedichte abgeliefert wurden. Heute besitzt die Württembergische Landesbibliothek ca. 25.000 Familien- und Leichenpredigten aus dem 16. bis 19. Jh. Auch gegenüber den Anschaffungsbefehlen von König Wilhelm I. setzten sich die Bibliothekare Karl Friedrich Lebret (1764-1829), Friedrich Matthison (1761-1831), Immanuel Gottlieb Moser (1790-1846) und Christoph Friedrich Stälin (1805-1873) immer mehr durch. Den Neuerwerbungen setzte jedoch ein stagnierender Etat von 5000 fl deutliche Grenzen, so daß kaum die wichtigsten Neuerscheinungen der Stuttgarter Buchhandlungen Autenrieth, Beck & Fraenkel, Cotta, Köhler, Metzler, Steinkopf, Weise u. a. bezahlt werden konnten.

1.18 Ankäufe von Sammlungen waren die Ausnahme: 1824 wurden Teile der Bibliothek des Tübinger Kanzlers Christian Friedrich von Schnurrer (1742-1822) erworben (Württembergica, orientalische Literatur), 1831 die Bibliothek des Grafen Miot de Melito, 1871 153 Werke aus Ludwig Uhlands Buchbesitz, 1875 die Musica practica-Sammlung (ca. 1700 Nr.) des Stuttgarter Professors Ludwig Gantter. So kam den Schenkungen große Bedeutung zu. Seit 1882 überwies Wilhelm I. regelmäßig die Nova Acta physico-medica academiae Caesareae Leopoldino-Carolinae Naturae Curiosorum, die die Akademie ihm zum Geschenk machte. 1830 kamen aus der Sammlung der Königin-Witwe Charlotte Auguste Mathilde 1200 Bde in die Handbibliothek. 1834 kamen aus London 74 Bde mit Urkunden der Record Commission. 1835 erhielt die Bibliothek ca. 3800 Bde aus dem Erbe der Königin Katharina Paulowna (1788-1819), der zweiten Gemahlin Wilhelms I. Darunter befanden sich ca. 700 Bde zur russischen Geschichte, 500 Bde zur französischen, 250 Bde zur deutschen und 120 Bde zur russischen Literatur. Die genealogische Sammlung von Johann Friedrich Blum (1759-1843) kam 1845 als Geschenk an die Öffentliche Bibliothek, ebenso 1860 die Bibliothek des Diplomaten und Rechtsanwaltes Dr. Christian Albert Schott (1782-1861), zu der 144 politische Flugschriften der Jahre 1815-1817 gehörten. 1887 bereicherte Rudolph Zumsteeg die Musikaliensammlung durch zahlreiche Hss. des herzoglich-württembergischen Kapellmeisters Johann Rudolf Zumsteeg (1760-1802).

1.19 Auch staatliche Behörden übergaben Teile ihrer Bestände. 1829 erhielt die Öffentliche Bibliothek Drucksachen aus der ehemaligen Hohen Karlsschule vom Finanzarchiv; 1835 überwies das Ministerium des Innern Württembergica aus der Registratur des Geheimen Rates und Kabinettsakten aus der Zeit Karl Eugens. 1840 gingen aus dem Ministerium des Äußeren 430 Bde Zeitschriften und Zeitungen ein. Seit Mitte der dreißiger Jahre stellte der Staat eine Reihe von amtlichen Veröffentlichungen (z. B. das Regierungsblatt für das Königreich Württemberg, die Blätter des topographischen Atlas etc.) für den Tausch zur Verfügung. Als Gegengaben kamen aus Paris Statistiken sowie der Catalogue général des manuscrits des bibliothèques publiques, aus Oxford der Katalog der Bibliothek, vom Britischen Museum Layards Inscriptions in the Cuneiform Character from Assyrian Monuments und aus Turin die Monumenta historiae patriae Cibrario und Storia e descrizione della Badia d'Altacomba etc.

1.20 1878 war mit einem größeren Bibliotheksneubau hinter dem Invalidenhaus begonnen worden, in den die Bücher 1883 umgelagert werden konnten. Anläßlich dieses Umzuges ließ König Karl (reg. 1864-1891) 1000 Bde Hss., darunter Zimelien wie die Weingartner Liederhandschrift und den Landgrafenpsalter sowie 1700 Bde Inkunabeln aus der Königlichen Handbibliothek übergeben. 1884 kamen als Vermächtnis des Obersteuerrates Moritz Mohl (1802-1888) ca. 2000 volkswirtschaftliche Schriften des 19. Jhs, viele davon in französischer Sprache, in die Öffentliche Bibliothek. 1885 vermachte Justizassessor Theodor Harpprecht (1841-1885) sämtliche Werke Mozarts. Einen großen Zuwachs bedeutete der Kauf von 5000 Württembergica aus dem Nachlaß des Kameralverwalters Teicnn. Im gleichen Jahr nahm die Pädagogische Bibliothek von Stockholm den Tauschverkehr auf. 1891 wurde eine Feststellung des Gesamtbestandes der Öffentlichen Bibliothek angeordnet. Die Zählung ergab 408.543 Drucke, davon 112.236 Kapselschriften, 3092 Inkunabeln, 3802 Hss., 4470 Musikalien, 2080 Bilder und 2338 Pläne und Zeichnungen.

1.21 In den Jahren 1892 bis 1895 wurden Teile der handschriftlichen Nachlässe von Eduard Mörike, Hermann Kurz und Christian Daniel Schubart erworben. 1900 erhielt das medizinische Fach durch ein Abkommen der Bibliothek mit dem Ärztlichen Verein einen Zuwachs von 1000 Bdn medizinischer Schriften, der 1905 durch umfangreiches handschriftliches Material zum Ärztebestand des 19. Jhs erweitert wurde. Der Stuttgarter Pfarrer Krauß übergab 1903 330 Bde württembergische Predigten in Einzeldrucken. 1904 wurden 2500 Bde von 61 verschiedenen Ämtern des Landes eingezogen, wovon ein großer Teil aus der Korpsbibliothek stammte. Im gleichen Jahr kam der musikalische Nachlaß von Josephine Lang-Koestlin (1815-1880), der Lehrerin König Wilhelms II. (reg. 1891-1918), an die Bibliothek. In Ergänzung einer früheren Schenkung vermachte der Obermedizinalrat Dr. Hermann Hölder (1819-1906) 1906 der Bibliothek seine medizinisch-naturwissenschaftliche Sammlung von ca. 470 Bdn. 1200 Bde kamen ebenfalls 1906 vom Verein für Baukunde. Mit einer Stiftung von 5000 Mark, mit der die Witwe des Oberstudienrats Hermann Staigmüller (1857-1908) die Schenkung der reichen Zeitschriftensammlung des Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Vereins für Württemberg ergänzte, konnte die Bibliothek 1908 seltene ausländische, besonders italienische Fachzeitschriften zu diesem Gebiet erwerben. 1909 übergab das Hoftheater Kapseln mit 1554 nicht aufgeführten Schauspielen.

1.22 War die Öffentliche Bibliothek 1901 in " Königliche Landesbibliothek" umbenannt worden, führte sie seit der Abdankung von Wilhelm II. 1918 den Namen " Württembergische Landesbibliothek". 1919 wurde die " Direktion" abgeschafft, die seit Anfang des 19. Jhs zwischen Bibliothekaren und Ministerien vermittelt hatte. Nun rückte die Stelle des ehemaligen Oberbibliothekars in den Vordergrund (Direktor). In Erwerbungsfragen galt aber weiterhin das kollegiale Urteil der Bibliothekare. 1920 wurden aus dem Nachlaß des Stuttgarter Mathematikprofessors Ernst Wölffing ca. 4000 Klavierauszüge gekauft. Aus der Sammlung von Johann Gottlieb Mittnacht (1831-1892) fielen der Landesbibliothek 1926 rund 1000 Bde Swedenborg-Literatur zu. Die Privatbibliothek des 1849 nach Amerika ausgewanderten, 1879 nach Deutschland zurückgekehrten Leiters der Neukirchlichen Gesellschaft umfaßte die verschiedenen Ausgaben und Übersetzungen der zahlreichen Swedenborgschen Werke, Biographien des Theologen und die allgemeine theologisch-erbauliche Literatur, die im Umkreis der durch Swedenborgs Lehre begründeten " Neuen Kirche" entstanden war. 1928 gaben die Seminarbibliotheken Maulbronn und Blaubeuren ihre alten Drucke an die Landesbibliothek ab. Eine Rückführung von 315 Inkunabeln und 247 Bibeln aus dem Tübinger Wilhemsstift fand 1935 statt. Aus der Bibliothek der Zentralstelle für Landwirtschaft, die in den dreißiger Jahren aufgelöst worden war, erhielt die Landesbibliothek 1936 den größten Teil und konnte ihre Bestände zur Kameralwissenschaft des 18. Jhs ergänzen. Ebenfalls im Jahre 1936 wurde die seit 1921 verwaltete ehemalige " Königliche Handbibliothek" übernommen. 1939 erhielt die Landesbibliothek aus den alten Ellwanger Bibliotheken ca. 2500 Bde, die vornehmlich aus dem 17. Jh stammten und inhaltlich im wesentlichen dem naturwissenschaftlichen und philosophischen Bereich zugehörten.

1.23 Bei Ausbruch des Zweiten Weltkriegs besaß die Württembergische Landesbibliothek ca. 1,25 Millionen Bde. Nach und nach verlagerte man Teile dieses Bestandes an 25 verschiedene Orte des Landes; Schloß Baldern (bei Bopfingen) und Kloster Beuron nahmen die Hauptmenge auf. Bei den schweren Bombenangriffen des 12./13. September 1944 wurde das Bibliotheksgebäude getroffen und brannte aus; über eine halbe Million Bücher, ungefähr die Hälfte des zurückgebliebenen Bestandes, wurde zerstört. Von den 86 alten Fächern verbrannten 32 ganz oder zu großen Teilen, so z. B. die umfangreichen Fächer der Deutschen Geschichte, der Literärgeschichte, der Klassiker, Philosophie u. a. Auch die gesondert aufgestellten Kupferwerke verschiedener Fächer und der größere Teil der Zeitungen und die Bestände der ehemaligen Hofbibliothek ab 1750 gingen verloren. Betroffen waren ebenfalls sämtliche Erwerbungen der Jahre 1930 bis 1944, die nicht mehr den alten Fächern zugeteilt, sondern nach Numerus currens aufgestellt worden waren.

1.24 Bis zum Einzug in den Neubau 1970 mußte sich die Bibliothek mit dem instandgesetzten Verwaltungstrakt des alten Gebäudes begnügen. Gleich nach Kriegsende bemühte sich Direktor Dr. Wilhelm Hoffmann (1901-1986), durch Verhandlungen mit Ministerien, Verlagen und durch Werbeaktionen für private Bücherspenden die Verluste auszugleichen. 1958 konnte die philosophische Bibliothek des Ludwigsburger Generalmajors a. D. Hans Herrmann erworben werden. Einen wertvollen Zuwachs erhielt der Altbestand 1963 durch den Kauf der spätgotischen Einbandsammlung von Ernst Kyriss (1881-1974) einerseits, von 65 Inkunabeln aus der Sammlung von Major John Roland Abbey andererseits. 1968 wurden ca. 6000 Bde der früheren ständischen, dann Landtagsbibliothek in die Landesbibliothek eingegliedert. 1969 wurde als Depositum die Bibliothek des Deutschen Apothekervereins übergeben. Als Schenkung kam der Nachlaß des Hymnologen Christoph König (1843-1913) ins Haus, darunter sein Manuskript des geplanten hymnologischen Lexikons mit 9000 Originaltexten alter Kirchenlieder und die diesbezügliche Korrespondenz.

1.25 Im gleichen Jahr wurde ein Teil der großen Sammlungen des Stuttgarter Industriellen Hugo Borst (1881-1967) erworben: " Bücher, die die kleine und die große Welt bewegten". Diese zum größten Teil literarische, aber auch philosophische und kulturgeschichtliche Bibliothek umfaßt rund 7000 Werke (darunter 4393 Erstausgaben) von 1749 bis 1899. Mit Eröffnung des Neubaus kehrte das interimistisch ausgelagerte Hölderlinarchiv, das 1944 in Bebenhausen als Sammelstelle für Grundlagenliteratur und Quellen für die große Stuttgarter Hölderlin-Ausgabe von Friedrich Beissner gegründet wurde, in die Württembergische Landesbibliothek zurück. In den Jahren 1970 bis 1974 traf die von der Landesbibliothek gekaufte Sammlung der amerikanischen Tänzer Doris Niles und Serge Leslie ein; ca. 2200 Bde zur Geschichte und Technik der Tanzkunst vom 16. bis zum 20. Jh. Als Geschenk kamen in den siebziger Jahren ca. 8000 Bde teils pädagogischer, teils mathematischer Schriften der Bibliothek des Ministerialdirigenten im Kultusministerium Eugen Löffler (1883-1979) ins Haus. 1972 wurden rund 600 (Schul-)Liederbücher aus der Sammlung des Stuttgarter Musikprofessors Karl Aichele erworben. Bereits 1945 war die Eingliederung der Bibliothek für Technik, Kunst und Wissenschaft des Landesgewerbeamtes erwogen worden, die 1972 stattfand. Ca. 1000 Titel zur Architektur und Architekturgeschichte gingen an die Universitätsbibliothek Stuttgart, ein Mehrfaches an die Württembergische Landesbibliothek, die dadurch einen wertvollen Bestand an kunstgeschichtlicher, baugeschichtlicher und kunstgewerblicher Literatur des ausgehenden 19. Jhs erhielt. 1979 sandte die Ulrich'sche Druckerei und Verlagsanstalt Riedlingen als Leihgabe Jahresbände der Schwäbischen Zeitung/Riedlinger Zeitung von 1780 bis 1977. 1984 konnte die Privatsammlung von Kurt von Figura gekauft werden: eine mit dem Ziel der Vollständigkeit zusammengetragene internationale Sammlung über Kunstglas von der Antike bis zur Gegenwart (Glasmalerei, Vasen, Glasplastiken), die mehr als 2500 Bde umfaßt, von denen 10 Prozent aus dem 18. und 19. Jh stammen (Raritäten). 1985 erhielt die Landesbibliothek in 16 Kisten die letzte Sendung von Rollenbüchern (bis 1918) aus der ehemaligen Hoftheater-Bibliothek.

Cornelia Blasberg-Hornauer

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Den Bestandsangaben liegen in der chronologischen Übersicht Zählungen der katalogisierten Titel zugrunde. Gewisse Ungenauigkeiten, die teilweise durch Hochrechnungen ausgeglichen wurden, ergeben sich für den Bestand des 16. bis 19. Jhs aus den historisch gewandelten Aufstellungsprinzipien.

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Der historische Buchbestand der Bibliothek umfaßt mehr als ca. 350.000 Titel. Die chronologische Schichtung kann wegen der ungünstigen Katalogverhältnisse nur im Rahmen der Bestandsbeschreibung einzelner Sachgebiete, nicht jedoch bezogen auf den Gesamtbestand angegeben werden. Wegen der heterogenen Aufstellung der Bestände ist auch eine Gesamtübersicht nach Sprachen nicht möglich. Bei der Beschreibung der einzelnen Fächer wurde jedoch nach Möglichkeit auf die Sprachverteilung eingegangen. In der Gesamtzählung wurden folgende Bestände nicht berücksichtigt: Musica practica, Kleine württembergische Drucksachen (bisher unkatalogisiertes Kleinschrifttum, für das künftig die Signaturengruppen A 25 bis A 27 vorgesehen sind) sowie Sondersammlungen, die zum größten Teil aus Werken des 20. Jhs bestehen, z. B. die Marxismus-Sammlung, die Ballett-Bibliothek oder die Sammlung moderner Buchkunst. Die Gesamtzahl setzt sich ansonsten aus allen genannten Beständen, einschließlich der Dissertationen, zusammen.

Systematische Übersicht

2.3 Der Bestand der Württembergischen Landesbibliothek war nie systematisch aufgestellt. Bis 1929 wurden die Neuzugänge in die alphabetisch und nach drei Formaten geordneten Fachgruppen eingereiht, von denen etwa die Hälfte im Zweiten Weltkrieg verbrannte. Heute sind die Bestände des 16. bis 19. Jhs auf zahlreiche Fächer und Sonderbereiche verteilt: Inkunabelsammlung (in Sammelbänden, die auch spätere Drucke enthalten), alte Fächer (Academica bis Wirt.Recht), Bibelsammlung, Bibliotheca Elvacensis (Elv), ehemalige Hofbibliothek (HB), Neuerwerbungen von Drucken des Erscheinungszeitraums 1501 bis 1800 nach dem Zweiten Weltkrieg (HBF), Rara, Drucke des 19. Jhs (80.000er und 90.000er Signaturen), Erwerbungen 1945 bis 1950 (AA-AM-Signaturen), Erwerbungen von 1950 bis 1984 (alte Reihe A 1 bis A 24), Zeitschriften des 18. und 19. Jhs (ZZ).

2.4 Die in den Numerus currens der A-Reihe und der 80/90.000er Signaturen aufgenommene Literatur konnte nur sporadisch erfaßt werden. Ein großer Teil des seit 1945 nachgekauften Bestandes an älterer Literatur wurde weder in sprachlicher noch chronologischer Hinsicht erschlossen. Vorgegangen wurde im wesentlichen anhand der alten handschriftlichen Bandkataloge (s. u. 3).

Peter Amelung

Archäologie (Altertümer)

2.5 Die Bestände des Faches Archäologie wurden im Zweiten Weltkrieg kaum zerstört. Sie waren seit 1910 stark angewachsen, da die Bibliothek aufgrund eines Ministerialerlasses von diesem Zeitpunkt an für die Universität Tübingen Literatur zu den Fächern Vorgeschichte und Altertümer sammelte. Hervorzuheben sind die monumentalen Sammelwerke von Johann Georg Graevius, Thesaurus Graecorum antiquitatum (und Thesaurus antiquitatum Romanorum 1732-1737), die nahezu vollständigen Tafelwerke von Giambattista Piranesi, der 9bändige Ausgrabungsbericht Le Antichità di Ercolano esposte (1757-1792) aus dem 18. Jh, die Sammlung Sacred Books of the East (50 Bde) aus dem 19. Jh, Berichte des " Egyptian Exploration Fund 1888-1938" in 80 Bdn und ca. 450 Titel zur griechischen, persischen, indischen und germanischen Mythologie.

2.6 Aus dem 16. Jh stammem ca. 300 Werke, vorwiegend in lateinischer Sprache. Dazu gehören rund 100 Untersuchungen zur Geschichte der Stadt Rom (Lipsius, Marlianus) und 15 Titel zur Mythologie (Cartari, Conti). Aus dem 17. Jh liegen ca. 420 Titel vor, davon 360 in lateinischer Sprache. Großen Raum nehmen Werke zur römischen Kulturgeschichte ein (90 Titel). Zu griechischen Baudenkmälern sind 30 Untersuchungen, zur griechischen Mythologie 55 Titel vorhanden.

2.7 Die Hälfte der 1060 Titel aus dem 18. Jh sind in lateinischer Sprache, 200 in italienischer, 180 in deutscher und 11 in französischer Sprache. Zur römischen Geschichte liegen 200 Titel vor, zur römischen Mythologie 150 Titel. Vorhanden sind 140 Berichte über Ausgrabungen römischer und etruskischer Altertümer in Italien, 90 Untersuchungen zur griechischen Kulturgeschichte und 25 Titel zum alten Ägypten.

2.8 Die Sammlung archäologischer Literatur des 19. Jhs umfaßt ca. 4000 Titel, davon 2800 in deutscher, 550 in französischer, 330 in italienischer und 220 in englischer Sprache. Der Schwerpunkt liegt bei ca. 800 Titeln zur griechischen Kulturgeschichte. Ferner sind 450 Untersuchungen zur Mythologie vorhanden, 250 Ausgrabungsberichte zu römischen und germanischen Funden in Deutschland, 500 Titel zur römischen und 160 Titel zur ägyptischen Geschichte.

Geographie

2.9 Das Fach Geographie, das 1944 ca. 27.000 Bde zählte, verlor durch den Brand 1450 Kupferwerke und wichtige Bestände des 18. und 19. Jhs aus der Hofbibliothek. Erhalten blieben alte französische Werke aus der Bibliothek Uriot ( s. o. 1.1). Bemerkenswert ist eine Sammlung von kleinformatigen Elzevier-Ausgaben Res Publicae in 73 Bdn (1630 ff.).

2.10 Aus dem 16. und 17. Jh stammen geographische Enzyklopädien und Kosmographien von Olfert Dapper, Sebastian Franck, Sebastian Münster und Martin Zeiller. Im 18. Jh nehmen Berichte gelehrter Einzelreisender ( u. a. Johann Georg Keyssler, Charles Louis de Pöllnitz, Giuseppe Garampi, Friedrich Nicolai, Johann Kaspar Riesbeck) und Sammelwerke mit Reiseberichten (Jean François La Harpe, Antoine Prévost d'Exiles) großen Raum ein. Aus dem 19. Jh sind die von Malte-Brun herausgegebenen 210 Bde des Weltpanorama zu nennen. Vorhanden sind die Jahrbücher der großen geographischen Gesellschaften und führende fremdsprachige Zeitschriften. Schriften zur Völkerkunde wurden seit Ende des 19. Jhs schwerpunktmäßig in der Bibliothek des Stuttgarter Lindenmuseums gesammelt.

2.11 Aus dem 16. Jh stammen rund 650 Titel (170 aus dem Bestand der Hofbibliothek), 290 davon in lateinischer, 170 in deutscher, 60 in italienischer und 25 in spanischer Sprache. Darunter befinden sich rund 80 Enzyklopädien und Kosmographien, 35 Werke zur Sittengeschichte fremder Völker (Georg Braun, Johannes Boemus Aubanus), 45 Beschreibungen von Orientfahrten (Leonhard Rauwolf), 35 Topographien und Stadtbeschreibungen zu Italien und rund 200 Werke zu Reisen und Entdeckungsfahrten. Sie teilen sich auf in 40 Berichte über Pilgerreisen nach Palästina, 10 zu Afrika (Johann Leo Africanus). Hauptsächlich in spanischer Sprache liegen 25 Berichte über Indien (Gonzalo Fernandez de Oviedo y Valdés) und 10 über China vor (Juan Gonzalez de Mendoza).

2.12 Etwas über 1400 Titel stammen aus dem 17. Jh (390 aus dem Bestand der Hofbibliothek), 540 davon in deutscher, 490 in lateinischer, 180 in französischer und 100 in italienischer Sprache. Dazu zählen 140 Enzyklopädien und rund 300 Reiseberichte: 70 Orientfahrten (Adam Olearius, Jean Baptiste de Tavernier, Johann Christian Wagner), 65 Indien- und 25 Afrikareisen (Hieronymus Megiser).

2.13 Die rund 2100 Titel aus dem 18. Jh (mit einem Hofbibliotheksanteil von 230) sind zum größten Teil (1230) in deutscher Sprache, 455 in französischer und je 80 in italienischer und englischer Sprache verfaßt. Unter den ca. 800 Reiseberichten sind die Schilderungen gelehrter Einzelreisender stark vertreten; Berichte aus Deutschland, Österreich und der Schweiz (230) nehmen neben solchen aus Italien und Nord- bzw. Südamerika (je ca. 120) den größten Raum ein.

2.14 Von den ca. 7600 Titeln des 19. Jhs gehören 5540 der deutschen Sprache an, 985 der englischen, 845 der französischen und 175 der italienischen Sprache. Darunter befinden sich ca. 1000 landeskundliche Schriften zu Deutschland, Österreich und der Schweiz, ca. 1100 statistische Werke und Zeitschriften, ca. 220 Bücher zur Völkerkunde und ca. 1660 Reiseschilderungen, davon 25 Prozent Expeditionsberichte (100 Titel zu Arktis/Antarktis). Die 400 Titel zu Afrika sind vorwiegend in deutscher Sprache geschrieben und behandeln die deutschen Kolonialgebiete in Ost-Afrika. Ferner sind ca. 300 Titel zum Orient, 300 zu Italien, 250 zu Frankreich, 240 zu Rußland und 200 zu Palästina vorhanden.

Cornelia Blasberg-Hornauer

Geschichte

2.15 Von den ehemals 22 Geschichtsfächern im engeren Sinn verbrannten im September 1944 acht völlig (darunter die deutsche Geschichte und die Geschichtskupfer, d. h. Tafelwerke) sowie drei zu großen Teilen; außerdem wurden die Neuzugänge der Jahre 1930-1944 (ca. 45.000 Schriften) vernichtet. Von den mehr als 130.000 Geschichtswerken des Vorkriegsbestandes blieb nur etwa ein Drittel erhalten. Der erhaltene Teil wurde in insgesamt fünf Fächern zusammengefaßt: Allgemeine Geschichte, Diverse Geschichte, Französische Geschichte, Spanische und Portugiesische Geschichte, Württembergische Geschichte.

2.16 Unter der Allgemeinen Geschichte (Sammelsignatur) wurden nach dem Zweiten Weltkrieg folgende erhaltenen alten Geschichtsfächer zusammengefaßt: Chronologie (erhalten waren nur die Kapselschriften), Diplomatik, Emblematik, Genealogie, Heraldik und Numismatik, also im wesentlichen die klassischen historischen Hilfswissenschaften. Durch das erhaltene Fach " Emblematik", die wir heute mehr zur Literatur als zur allgemeinen Geschichte rechnen, besitzt die Bibliothek eine der umfassendsten Sammlungen von Emblembüchern des 16. bis 18. Jhs in Deutschland. Einige vornehmlich als Stammbücher benutzte Emblembücher wurden inzwischen zu den Hss. umgestellt. Weitere einschlägige Titel befinden sich u. a. in der ehemaligen Hofbibliothek und deren Fortsetzung (HBF).

Peter Amelung

2.17 Zur allgemeinen Geschichte sind 370 Titel aus dem 16. Jh vorhanden (250 lateinisch, 120 deutsch), darunter 100 Chroniken und 50 Biographien bedeutender Persönlichkeiten. 710 Titel stammen aus dem 17. Jh (375 lateinisch, 240 deutsch, 63 französisch). Dazu gehören 72 Titel zur Weltgeschichte, 50 kriegsgeschichtliche Werke und 30 Biographien. Zum 18. Jh gehören 615 Titel (325 deutsch, 152 lateinisch, 125 französisch), davon 120 Titel zur Weltgeschichte, 50 zur europäischen Geschichte. Rund 4000 Titel sind aus dem 19. Jh vorhanden, darunter zahlreiche Zeitschriften.

Alte Geschichte

2.18 Das Fach Alte Geschichte ist relativ klein und enthält nur die rein historischen, nicht auf Bodenfunde gegründeten Werke zu Griechenland und Rom. Die großen Hauptwerke jedes Jahrhunderts sind vertreten: z. B. Historiae Augustae (1592-1609); Louis Cousins Histoire de Constantinople (1672-1674 und 1685); Charles Rollins Histoire Ancienne (mehrere Ausgaben zwischen 1730 und 1748).

2.19 Aus dem 16. Jh stammen 60 lateinische Titel, aus dem 17. Jh 153 Titel (davon 80 zur römischen und 23 zur griechischen Geschichte). Aus dem 18. Jh sind 240 Titel vorhanden (84 lateinisch, 80 französisch, 43 deutsch), davon 112 vorwiegend lateinische und französische Titel zur römischen Geschichte, 42 zur griechischen Antike und 13 französische Titel zu Ägypten. Dem 19. Jh gehören 1240 Titel an (820 in deutscher, 250 in lateinischer, 110 in französischer Sprache). Darunter sind 450 Werke zur römischen Geschichte (Kaiserbiographien, Schlachtbeschreibungen), 370 zur griechischen Kunst, 31 französische und englische Werke zu Ägypten und 30 Titel zur indogermanischen Geschichte.

Französische Geschichte

2.20 Schriften zur französischen Geschichte sind in dem alten Fach " Französische Geschichte", in der Hofbibliothek, unter den 97 Bdn kleinerer Schriften bei den " Miszellen" ( s. u. 2.73 und 2.74) und in 7 Kästen mit Kapselschriften zu finden. Von den gebundenen Werken stammen rund 260 aus dem 16. Jh (110 lateinisch, 85 französisch, 55 deutsch), darunter 32 Monographien zu Königen und Fürsten (z. B. Heinrich von Navarra, Catharina de Medici).

2.21 Aus dem 17. Jh stammen 620 Titel (400 französisch, 110 lateinisch, 100 deutsch), darunter 160 biographische und familiengeschichtliche Werke (18 zu Richelieu, 11 zu Mazarin). Hinzu kommen 140 kleinere Schriften, zu denen 62 Mazarinaden gehören. Aus dem 18. Jh sind 620 gebundene Schriften vorhanden (515 französisch, 75 deutsch). Bei den 210 biographischen Werken nimmt die Memoirenliteratur großen Raum ein. Zu den 42 gebundenen Schriften zur Französischen Revolution kommen 40 aus dem Fach der Politik und rund 1200 Flugschriften aus der Zeit der Französischen Revolution, besonders aus den Jahren 1789-1791 hinzu.

2.22 Die ca. 1500 Titel aus dem 19. Jh sind vorwiegend in französischer Sprache (1150 französisch, 330 deutsch). Darunter befinden sich ca. 460 Biographien, Memoiren und Briefwechsel (davon 170 zu Napoleon, zu 50 Prozent deutschsprachig; 7 Titel zu Richelieu, 7 zu Mazarin). Rund 100 Titel behandeln die Französische Revolution von 1789 (50 Prozent deutsch), 20 die Revolution von 1830 und 7 Titel die Revolution von 1848.

Italienische Geschichte

2.23 Dem Fach Italienische Geschichte galt bereits zu Zeiten Karl Eugens besonders großes Interesse. Im 19. Jh wurde das Fach durch die Forschungen des Bibliothekars Wilhelm Heyd über die Geschichte des Levantehandels zur Sondersammlung erhoben. Aus dem 16. Jh sind 173 Titel vorhanden (90 italienisch, 60 lateinisch), darunter 66 Titel zur Geschichte einzelner Stadtstaaten (33 zu Venedig) und 27 Monographien bedeutender Persönlichkeiten. 160 Titel stammen aus dem 17. Jh (100 italienisch, 30 lateinisch), 78 zur Geschichte der Stadtstaaten (30 zu Venedig). Es gibt 320 Titel aus dem 18. Jh (230 italienisch, 30 französisch), davon 155 zur Geschichte einzelner Städte und Kreise (25 zu Venedig, 16 zu Sizilien). Aus dem 19. Jh sind 850 Titel vorhanden (570 italienisch, 180 deutsch), davon 240 Titel zur Geschichte einzelner Städte und Provinzen (50 Venedig, 35 Sizilien, 10 Toscana) und 140 Biographien (Machiavelli, Cavour, Cesare Borgia, Familie Cenci).

2.24 Zur niederländischen Geschichte liegen 115 Titel aus dem 16. Jh vor (45 lateinisch, 40 deutsch, 25 französisch), 320 aus dem 17. Jh (165 lateinisch, 70 deutsch, 45 französisch und 32 niederländisch), 167 aus dem 18. Jh (65 französisch, 50 niederländisch, 30 lateinisch und 22 deutsch) und ca. 500 Titel aus dem 19. Jh (310 französisch, 140 niederländisch, 47 deutsch), darunter 85 französische Monographien zur belgischen Geschichte und 60 Herrscher-Biographien.

2.25 Aus dem Fach Russische Geschichte sind nur gebundene Werke erhalten 14 Titel aus dem 16. Jh (lateinisch und deutsch), 17 Titel aus dem 17. Jh (vorwiegend deutsch), 140 Titel aus dem 18. Jh (100 deutsch, 30 französisch), 280 Titel aus dem 19. Jh (220 deutsch, 45 französisch, 10 russisch).

2.26 Aus dem Gebiet der spanischen und portugiesischen Geschichte gibt es 81 Schriften aus dem 16. Jh (33 lateinisch, 35 spanisch), 230 Titel aus dem 17. Jh (145 spanisch, 25 lateinisch, 25 französisch), vorwiegend wie auch im 16. Jh - Herrscherchroniken. 180 Titel stammen aus dem 18. Jh (80 spanisch, 70 französisch, 25 deutsch), 255 Titel aus dem 19. Jh (70 spanisch, 95 deutsch, 40 französisch), wobei hier die Stadtgeschichten einen breiten Raum einnehmen. Durch die Erwerbungen Herzog Karl Eugens auf der Soubise-Auktion 1789 (s. o. 1.5) befinden sich gerade in diesem Fach sehr viele Bände aus dem Besitz des Jacques-Auguste de Thou in entsprechenden Einbänden.

Gewerbekunde

2.27 Das alte Fach " Gewerbekunde", das 1944 annähernd 30.000 Bde umfaßte, verlor im selben Jahr durch den Brand der Bibliothek 350 kostbare Kupferwerke und rund 8000 in den Jahren 1930 bis 1944 erworbene Bücher. Nach Gründung der Landwirtschaftlichen Hochschule (Stuttgart-)Hohenheim (1818), der Bibliothek der Technischen Hochschule Stuttgart (1829) und des Landesgewerbeamts (1848) wurden in der Landesbibliothek Bücher zu Technik und Landwirtschaft über die Pflichtlieferungen hinaus nicht gesammelt. 1974 übernahm die Landesbibliothek die umfangreichen Bestände des Landesgewerbeamtes zu Architektur und Kunstgewerbe.

2.28 Zum Fach Gewerbekunde gehören ca. 250 Titel des 16. Jhs (165 deutsch, 55 lateinisch), 360 Titel des 17. Jhs (220 deutsch, 66 französisch), 1690 Titel des 18. Jhs (davon 1390 deutsch, 210 französisch) und 6800 Titel des 19. Jhs (6100 deutsch, 400 französisch, 260 englisch). Stark vertreten sind Bücher zur Land- und Forstwirtschaft: 25 Titel aus dem 16. Jh ( u. a. Petrus de Crescentiis, Alberto Lollio, Charles Estienne), 28 Titel aus dem 17. Jh (darunter Titel von Olivier de Serres zur Seidenraupenzucht), 330 Titel aus dem 18. Jh und 1300 Titel aus dem 19. Jh, wobei 50 Prozent auf die Forstwirtschaft und 50 Prozent auf Landwirtschaft und Tierzucht entfallen. Ebenfalls gehören rund 100 Titel aus dem alten Fach " Politik" zu politischen und organisatorischen Problemen der Landwirtschaft dazu. Inhaltlich anschließen läßt sich die Sammlung der Jagdbücher, von denen 16 Titel aus dem 16. Jh stammen ( u. a. Johann Heller), 28 Titel aus dem 17. Jh (Jacques Du Fouilloux, Johann Conrad Aitinger), 55 Titel aus dem 18. Jh und 120 Titel aus dem 19. Jh.

2.29 Zum Obst- und Weinbau gibt es 50 Titel des 18. Jhs und 410 aus dem 19. Jh. Bücher zum Gartenbau sind besonders im 17. Jh (30, z. B. Peter Gabriel) und 18. Jh (140) vertreten. Aus dem 19. Jh gibt es 230 Titel zu Haus- und Gartenwirtschaft. Zur Gewerbekunde gehören ebenfalls Kochbücher: 16 stammen aus dem 16. Jh (Marx Rumpolt, Balthasar Staindl), 16 aus dem 17. Jh (Anna Weckerin), darunter auch spanische und französische und 26 aus dem 18. Jh. Aus dem 19. Jh sind 185 Kochbücher und 115 Titel zur Nahrungsmittelkunde vorhanden.

2.30 Im Bereich des Handwerks überwiegen im 16. Jh (insgesamt 15 Titel, z. B. Franz Joachim Brechtel, Christoph Kobrer) und im 17. Jh Bücher zur Herstellung von Textilien und zur Bierbrauerei. Aus dem 18. Jh stammen 180 Titel, aus dem 19. Jh 360. Hinzu kommen 12 Bücher zu Schreib- und Drucktechniken aus dem 16. Jh (z. B. Valentin Boltz von Rufach, Schriftproben von Wolfgang Fugger, kalligraphische Werke von Simone Verovio, Flugschriften des Renaissanceschreibmeisters Johann Neudoerffer), 8 aus dem 17. Jh und 30 aus dem 18. Jh ( u. a. zur Tachygraphie von Heinrich Ulrich), schließlich 150 aus dem 19. Jh.

2.31 Bücher zum Thema Ökonomie und Verwaltung kommen aus den Fächern der Gewerbekunde und der Politik zusammen, für das 19. Jh tragen auch die Mohlsche Sammlung mit rund 2000 französischen Broschüren, Akten und Denkschriften sowie die einschlägigen Titel der Sammlung Borst (rund 400 Bde zur Wirtschaft Amerikas und Afrikas, theoretische Werke von Proudhon, Stirner, List) bei. Aus dem 16. Jh stammen 10, aus dem 17. Jh 25 Werke zur Ökonomie, vorwiegend zur italienischen Buchführung (Martin Stöttler, Friedrich Wedemejer, Samuel Seitz). Zur Kameralistik des 18. Jhs sind insgesamt 500 Titel vorhanden. Mit Mohlscher Sammlung und den Beständen der Sammlung Borst (s. 1.25 und 2.211) gibt es rund 5900 Titel zur Nationalökonomie des 19. Jhs, hinzu kommen rund 960 Titel zur Verwaltungslehre und Buchführung.

2.32 Aus dem 16. Jh sind 25 Titel zum Bergbau und zur Metallurgie vorhanden (Georg Agricola, Lazarus Ercker, Bernardo Perez de Vargas), 110 aus dem 18. Jh (Alvaro Alonso Barba, Georg Ernst Stahl), 150 aus dem 19. Jh. Zum Bereich der technischen Erfindungen und des Maschinenwesens gibt es 25 Titel aus dem 17. Jh (Georg Christoph Werner, Heinrich Zeising), 75 aus dem 18. Jh. Aus dem 19. Jh stammen ca. 240 Weltausstellungsberichte zum Thema industrieller Fortschritt, 410 Werke zu technischen Erfindungen, 140 zur Elektrotechnik, 50 zur Telegraphie. Zu den 190 Bdn Eisenbahnliteratur des 19. Jhs aus dem Fach Gewerbekunde kommen 100 Titel aus dem Fach der Politik und rund 200 vorwiegend französische Broschüren aus der Sammlung Mohl hinzu.

2.33 Bücher zum Thema Architektur wurden schwerpunktmäßig sowohl im Fach der Gewerbekunde unter bautechnischem Aspekt als auch im Fach der " Schönen Künste" (s. u. 2.35) unter ästhetischen Gesichtspunkten gesammelt. Zusammengefaßt sind es 55 Werke aus dem 16. Jh (Leon Battista Alberti, Jacques Androuet du Cerceau, Sebastiano Serlio, Walter Hermann Ryff, Reinhard Graf zu Solms), 130 aus dem 17. Jh (Giacomo Barozzi da Vignola, Andreas Albrecht, Charles Augustin Daviler, Joseph Furttenbach, 50 Titel), 276 aus dem 18. Jh (Leonhard Christoph Sturm, Andrea Pozzo) sowie 670 Titel aus dem 19. Jh, zu denen noch 400 Bde aus der ehemaligen Bibliothek des Landesgewerbeamtes kommen.

Kinder- und Jugendliteratur

2.34 Die Bibliothek besitzt eine der größten Kinder- und Jugendbuchsammlungen in Deutschland. Diese Sammlung wurde vor allem durch württembergische Pflichtexemplare gespeist. Da schon im 19. Jh einige der bedeutendsten Kinderbuchverlage in Esslingen, Reutlingen und Stuttgart ansässig waren (z. B. Enßlin & Laiblin, J. F. Schreiber oder K. Thienemann), war der Zuwachs schon in jener Zeit beachtlich. Bis um 1965 wurde die Masse der Kinderbücher in ein eigenes Fach (Paed.J.) gestellt. Es umfaßte bei seinem Abschluß insgesamt über 13.400 Titel, von denen ein starkes Drittel noch aus dem 19. Jh stammen dürfte. Zahlreiche weitere Kinder- und Jugendbücher (vor allem auch aus früheren Jahrhunderten) stecken u. a. im Fach der Pädagogik selbst sowie in den Fächern Gewerbekunde und Deutsche Dichter. Einzelne ältere Kinderbücher befinden sich auch in der Hofbibliothek (HB) und bei HBF. Hinzu kommen zahlreiche Jugendzeitschriften und Buchreihen, so der Kinderfreund (24 Bde), der ab 1777 in Leipzig erschien. Aus dem 19. Jh stammen die bei Kröner verlegte Universalbibliothek für die Jugend (455 Hefte), das Jugendalbum (1850-1889, hrsg. von Gustav Schwab im Stuttgarter Hallberg-Verlag), die in Stuttgart verlegte Jugend- und Volksbibliothek (250 Bde) und Ottilie Wildermuths Jugendgarten (Stuttgart: Kröner).

Kunst

2.35 Insgesamt umfaßt das Fach der " Schönen Künste" 136 Werke (davon 25 Kupfer) aus dem 16. Jh (hauptsächlich lateinisch und italienisch), 290 Bde (davon 63 Kupfer) aus dem 17. Jh (70 lateinisch, 70 deutsch, 50 französisch), 625 Bde (einschließlich 125 Kupferwerke) aus dem 18. Jh (200 französisch, 180 deutsch) und 5845 Titel (davon 200 Kupfer) aus dem 19. Jh (vorwiegend deutsch). Zum Altbestand gehören die theoretischen Schriften Albertis, Dürers und Palladios sowie die Veduten Piranesis, soweit sie nicht im Fach der Altertümer sind. Kunsthistorische Nachschlagewerke sind fast vollständig vorhanden, ebenso die Jahrbücher der deutschen Museen und die wichtigsten deutschen Kunstzeitschriften.

2.36 Zur Theorie und Geschichte der Kunst sind 22 Werke aus dem 16. Jh (Giovanni Paolo Lomazzo, Jan Vredemann Vriese), 50 aus dem 17. Jh (Athanasius Kircher), 115 aus dem 18. Jh und 910 aus dem 19. Jh vorhanden. Von den Betrachtungen zu einzelnen Kunstgegenständen und Kunstdenkmälern stammen 25 aus dem 17. Jh, 100 aus dem 18. Jh und 1190 aus dem 19. Jh, darunter rund 400 Bde aus der Bibliothek des Landesgewerbeamtes. 66 Künstlerbiographien des 18. Jhs stehen 650 Biographien und Lexika aus dem 19. Jh gegenüber.

Literatur (Schöne Literatur, Dichtung)

2.37 Literarische Werke des 16. bis 19. Jhs finden sich im wesentlichen in der Hofbibliothek (mit der historischen Sammlung des 16. bis 18. Jhs) und ihren neuzeitlichen Fortführungen (Hofbibliothek Fortsetzung, Rara) und den alten Fächern " Deutsche Dichter", " Fremde Dichter" und " Classiker". Während die Kriegsschäden bei den " deutschen" und den " fremden Dichtern" nur die in den Jahren 1930 bis 1944 neu hinzugekommenen Bestände betrafen, verbrannten die rund 9000 Bde des Faches " Classiker" völlig.

Deutsche Literatur

2.38 Zum Bereich der deutschen Literatur gehören 280 Titel des 16. Jhs, 640 des 17. Jhs, 2360 des 18. Jhs und 13.320 des 19. Jhs (hierzu wurden auch 47 Moritaten und Bänkelsänge aus dem Fach " Criminalrecht" gezählt). Wertvolle Originalausgaben des 16. und 17. Jhs stammen aus der Hofbibliothek. Die große Zahl an Werken des 19. Jhs erklärt sich durch die im Preßgesetz von 1817 verankerten Pflichtlieferungen der großen württembergischen Verlage. Insgesamt nehmen, gattungsspezifisch gesehen, Schauspiele den größten Raum in allen Jahrhunderten ein.

2.39 Im 16. Jh gibt es viele Überschneidungen mit theologischer und religiös-erbaulicher Literatur. Zu solchen Autoren zählen beispielsweise Utz Eckstein, Pamphilus Gengenbach, Burckhardt Waldis und Thomas Murner. Von Thomas Murner sind 12 Werke in z. T. sehr seltenen Ausgaben vorhanden, von Johann Fischart 24, von Sebastian Franck 26 verschiedene Ausgaben des 16. Jhs. Ferner gibt es 25 Ausgaben des 16. und 8 des 17. Jhs von Gabriel Rollenhagen und 24 von Hans Sachs.

2.40 Im 17. Jh dominieren dank der Hofbibliotheksbestände Originalausgaben der Dichter des Schlesischen Kreises um Gryphius, der Fruchtbringenden Gesellschaft und des Pegnesischen Blumenordens. Viele der in Stuttgart vorhandenen Originalausgaben sind in Gerhard Dünnhaupts Bibliographischem Handbuch der Barockliteratur (2. Aufl. 1990-1993) nicht unter diesem Standort verzeichnet. Mit nahezu vollständigen Sammlungen sind Sigmund von Birken, Johann Claij, Laurentius von Schnüffis, Daniel Caspar Lohenstein und Georg Neumarck vertreten. Hinzu kommen die württembergischen Dichter Christoph Kaldenbach (13 Titel), Johann Ulrich von König (3), Christoph Rinck, Sibylla und Michael Schuster, der württembergische Hofpoet Georg Rudolf Weckherlin mit 4 Erstausgaben und Johann Sebastian Wieland (6).

2.41 Mit 500 Erstausgaben bereichert die Sammlung Borst (s. a. 1.25 und 2.211) den Literaturbestand des 18. Jhs. Ein Schwerpunkt liegt bei den Dichtern der Aufklärung (Lessing) und des Sturm und Drang (Lenz, Klinger). Mit nahezu allen Originalausgaben sind Bodmer, Bürger, Gellert, Gleim, Goethe, Jung-Stilling, Maler Müller, Schiller, Schubart und Wieland vertreten. Letztere gehören mit zahlreichen zeitgenössischen Werkausgaben zu den im Hinblick auf Vollständigkeit gesammelten württembergischen Dichtern wie z. B. Carl Philipp Conz, Balthasar Haug, Friedrich Matthison, Friedrich Karl von Moser, Johann Christoph Schwab, Gotthold Friedrich Stäudlin, Friedrich Christoph Weisser. Insgesamt überwiegen auch im 18. Jh die Lustspiele, hinzu kommen zahlreiche Gedicht- und Briefsammlungen, Liederbücher, Fabeln und Sittengemälde.

2.42 Im 19. Jh gewinnt die Unterhaltungsliteratur an Bedeutung; 735 Bde historischer Romane und Frauenliteratur stammen aus der Sammlung Reutlinger Volksbücher, 204 Bde zählt die in Stuttgart verlegte Engelhorns Allgemeine Romanbibliothek. Auch in der Sammlung Borst (s. a. 1.25, 2.41 und 2.211) sind Erstausgaben von Wilhelm Busch und Eugenie Marlitt zu finden, wenn auch der Anteil klassischer Autoren wie Brentano, Eichendorff, Fontane, Freiligrath, Grillparzer, Immermann, Heine, Jean Paul, Raabe, Storm, Uhland (jeweils in Erstausgaben) überwiegt.

2.43 Durch Pflichtlieferung kamen die Autoren des Cotta-Verlags Anzengruber, Hauff, Moritz Hartmann, Justinus Kerner, Theodor Körner u. a. in die Bibliothek. Mit Berthold Auerbach, Eduard Mörike, Gustav Schwab, Ludwig Uhland, Friedrich Theodor Vischer und Christian Wagner sind die württembergischen Dichter in vollständigen Sammlungen vertreten. Hss. sowie gedruckte Werke von und über Friedrich Hölderlin sind im Hölderlin-Archiv der Stuttgarter Landesbibliothek gesammelt.

2.44 Zur deutschen Literatur zählen lassen sich auch die früher im Anschluß an das Fach " Wirtembergische Geschichte" (s. 2.175-2.177) in Kapseln gesammelten Gelegenheitsgedichte und Gedichte auf fürstliche Personen. 11 dieser Drucke stammen aus dem 16. Jh, 69 aus dem 17. Jh, 175 aus dem 18. Jh und 720 aus dem 19. Jh. Die Drucke des 16. bis 18. Jhs sind inzwischen katalogisiert und haben Einzelsignaturen. Im weiteren Sinne gehören ebenfalls 700 Titel aus der Bibliothek des Königlichen Hoftheaters, die 1911 in die Hofbibliothek integriert wurde, zu diesem Bereich. Es sind Bücher zur Geschichte der Schauspielkunst, zur Dramaturgie und zu einzelnen Bühnen und Theaterstädten. 1909 wurden die Schauspieldubletten des Königlichen Hoftheaters übergeben: 1270 Titel aus den Jahren 1840 bis 1900, in Oktavkapseln alphabetisch geordnet. Hinzu kommt eine umfangreiche Sammlung an Theaterzetteln aus demselben Zeitraum.

Cornelia Blasberg-Hornauer

Englische Literatur

2.45 Der Bestand an älterer englischer Literatur ist relativ klein. Hervorzuheben sind die vier Folioausgaben der Werke Shakespeares von 1623 bis 1685, die erst 1960/61 in die Bibliothek gelangten. Ansonsten sind die elisabethanischen Dichter hauptsächlich durch Ausgaben des 18. oder 19. Jhs vertreten. Die Bühnendichter des 17. und 18. Jhs sind u. a. durch die zehnbändige Sammlung The British Stage (1710-1752) repräsentiert sowie durch eine Reihe von Einzelausgaben des 18. Jhs.

Peter Amelung

2.46 Insgesamt sind rund 500 Ausgaben des 18. Jhs und mehr als 1100 Ausgaben englischer Dichtung des 19. Jhs vorhanden. Zur Hälfte besteht die Sammlung des 18. Jhs aus deutschen und französischen Übersetzungen, im 19. Jh sind sogar zwei Drittel der Werke deutsch vorhanden. Großen Raum nehmen dabei die Reihen aus Engelhorns Allgemeiner Romanbibliothek und der Bibliothek der fremden Zungen ein. Während im 18. Jh Theaterstücke überwiegen (Collection of Farces), sind im 19. Jh zahlreiche Gesamtausgaben der Nationaldichter früherer Jahrhunderte, historische Romane und folkloristische Liedersammlungen (besonders schottische) zu finden.

Cornelia Blasberg-Hornauer

Französische Literatur

2.47 Die französische Literatur wurde schon in der Gründungszeit der Württembergischen Landesbibliothek besonders gepflegt. Der hervorragende Bestand an seltenen Ausgaben des 16. Jhs (z. B. von Gilles Corrozet, Bonaventure Des Périers, Charles Fontaine, Antoine Héroet, Bertrand de La Borderie, Clément Marot usw.) geht zum großen Teil schon auf die 1776 einverleibte Bibliothek des Oberrats ( s. o. 1.2) zurück, in der u. a. die Bibliothek einer Seitenlinie des Hauses Württemberg steckt. Auch das 17. und 18. Jh sind sowohl mit Erstausgaben als auch mit Neuauflagen gut vertreten.

Peter Amelung

2.48 Im alten Fach " Französische Dichter" stammen 119 Titel aus dem 16. Jh (davon 7 Übersetzungen), 458 Titel aus dem 17. Jh (ca. 20 Übersetzungen), 1890 Titel aus dem 18. Jh (davon 40 Übersetzungen ins Deutsche) und 1300 Titel aus dem 19. Jh (etwa 30 Prozent sind deutsche Übersetzungen). Weitere frühe Ausgaben französischer Literatur befinden sich in der ehemaligen Hofbibliothek (HB) sowie unter den Neuerwerbungen der Nachkriegszeit (HBF). Die Sammlung Borst steuert 54 Erstausgaben des 18. Jhs und 117 des 19. Jhs bei ( u. a. von Diderot, Rousseau, Laclos, Voltaire, Flaubert, Verlaine und Zola). Auch im allgemeinen Bestand ist die französische Literatur des 19. Jhs mit ihren Hauptautoren gut repräsentiert.

Cornelia Blasberg-Hornauer

Italienische Literatur

2.49 Eines der reichsten literarischen Fächer in der Bibliothek ist das der italienischen Literatur. Schon durch den Ankauf der Bibliothek des Abbé de Rulle im Jahre 1786 ( s. o. 1.5) entstanden gleich mehrere italienische Sondersammlungen, die ihren Kern in der Inkunabelsammlung (s. u. 2.199-2.200) hatten, sich aber auch in die folgenden Jahrhunderte erstrecken. Im engeren Bereich der Schönen Literatur sind das die Dante-, die Boccaccio- und die Petrarca-Sammlungen. Alle drei Sondersammlungen werden ständig erweitert.

2.50 Von Dante sind neben den Inkunabeln 26 der 33 Ausgaben des 16. Jhs der Divina Commedia in 29 Exemplaren vorhanden, außerdem alle drei Ausgaben des frühen 17. Jhs. Auch von den kleineren Werken Dantes sind die Ausgaben des 16. Jhs fast lückenlos vorhanden. Von Boccaccio besitzt die Bibliothek über 90 Ausgaben seiner italienischen und lateinischen Werke aus dem 16. Jh, darunter 13 italienische, 5 französische und eine deutsche Ausgabe des Decameron. Ähnlich ist die Situation bei Petrarca, von dessen italienischen und lateinischen Schriften rund 90 Ausgaben des 16. Jhs vorhanden sind, darunter allein 59 verschiedene Ausgaben des Canzoniere, denen meist die Trionfi beigegeben sind. Auch die ältere Literatur über diese Dichter ist in reichem Maße vorhanden und wird weiterhin gesammelt.

2.51 Gut vertreten sind die Epiker des 16. Jhs (Ariost, Tasso usw.) sowie die petrarkistischen Dichter jener Zeit. Ansehnlich ist auch der Bestand an italienischer Literatur des 17. und 18. Jhs ( z. B. Giovanni Francesco Loredano, Giambattista Marino, Alessandro Tassoni, Pietro Metastasio usw.). Die Zahl der zeitgenössischen Ausgaben Carlo Goldonis und Giuseppe Parinis ist überdurchschnittlich hoch. Von den Dichtern des 19. Jhs ist lediglich Manzoni mit einer wichtigen Erstausgabe (I promessi sposi, 1827) präsent. Zahlreich sind die Übersetzungen italienischer Literatur aus dem 18. und 19. Jh.

Neulateinische Literatur

2.52 Die neulateinische Literatur gehört zu den am besten ausgestatteten Fächern des Altbestands. Die heute mit den nichtdeutschsprachigen Literaturen unter der Signatur " fremde Dichter (fr.D.)" zusammengefaßte alte Fachgruppe zählt mehr als 1800 Titel, von denen rund drei Viertel aus dem 16. und 17. Jh stammen. Fast verdoppelt wird dieser Grundbestand durch die in der ehemaligen Hofbibliothek (HB), der Bibliotheca Elvacensis (Elv) und anderen Fächern enthaltenen einschlägigen Drucke des 16. und 17. Jhs. Alle bedeutenden und viele nahezu unbekannte neulateinische Autoren vom frühen Humanismus bis in die Spätzeit neulateinischer Dichtung im 18. Jh sind mit zeitgenössischen Ausgaben vertreten. Bei neulateinischen Autoren schwäbischer Herkunft wie z. B. Heinrich Bebel, Nikodemus Frischlin oder Friedrich Hermann Flayder wird die Sammlung im Hinblick auf Vollständigkeit weiter ausgebaut.

Niederländische Literatur

2.53 Zum Bestand an niederländischer Literatur zählen 2 Ausgaben des 16. Jhs und mehr als 40 des 17. Jhs, darunter zahlreiche zeitgenössische Ausgaben von Jakob Cats aber auch einige von Constantijn Huygens und Joost van den Vondel. 26 Werke stammen aus dem 18. Jh, 130 aus dem 19. Jh, darunter auch eine Antwerpener Werkausgabe (1879-1881) des flämischen Erzählers Hendrik Conscience in 67 Teilen.

Orientalische Literaturen

2.54 Aus dem relativ kleinen Bestand an orientalischer Literatur ragen zwei erst vor wenigen Jahren im Altbestand entdeckte unikale Fragmente der chinesischen Romane San-kuo-chih yen-i und Shui-hu-chuan aus der Ming-Zeit (Drucke des ausgehenden 16. Jhs) heraus, die inzwischen faksimiliert wurden ( s. u. 5). Ansonsten ist orientalische Literatur früherer Jahrhunderte fast nur in Übersetzungen präsent. Aus dem 16. Jh sind nur zwei Reuchlinsche Übersetzungen aus dem Hebräischen vorhanden. Von den 16 Werken des 17. Jhs sind 6 in lateinischer, 4 in deutscher (Erstausgabe der Übersetzung des Rosengartens von Saadi Musladin) und 3 in französischer Sprache geschrieben. Englische Übersetzungen kommen bei den 46 Bdn aus dem 18. Jh hinzu.

Peter Amelung

2.55 Die Hälfte der 340 Werke aus dem 19. Jh liegt in deutscher Sprache vor (darunter Übersetzungen von Friedrich und August Schlegel und Ludwig Tieck aus dem Sanskrit, von Friedrich Rückert und Hammer-Purgstall aus dem Arabischen). Dies sind vorwiegend Märchen, Lyrik und Prosaminiaturen. Chinesische Romane und Schauspiele werden in französischer Sprache überliefert. Exotische Ausnahmen bilden 5 Werke in Pali, einer alt-indischen, den buddhistischen Texten vorbehaltenen Schriftsprache, und die Bibliotheca Carnatica in der ebenfalls religiösen drawidischen Sprache (Südwest-Indien).

Skandinavische Literaturen

2.56 Von den skandinavischen Dichtungen liegen 4 schwedische Bände aus dem 17. Jh, 25 schwedische, dänische und deutsche aus dem 18. Jh vor. Darunter sind die Schauspiele des Wortführers der dänischen Klassik, Jens Baggesen, und die Komödien von Ludwig Holberg, dem von Gottsched empfohlenen " Vater des dänischen Schauspiels". Zwei Drittel der 325 Werke des 19. Jhs sind als deutsche Übersetzungen greifbar. Hier überwiegen neben Romanen vom ländlichem Leben (Frederica Bremer, Emilie Flygave-Carlen) Sammlungen folkloristischer Lieder und (isländischer) Legenden und dem germanistischen Interesse des 19. Jhs entsprechend der Sagen und Märchen. Aus der Sammlung Borst stammen 25 Erstausgaben von Ibsen, Bjørnson und Strindberg.

Slawische Literaturen

2.57 Der relativ scle Bestand an älterer polnischer Literatur enthält immerhin zwei Sammelbände mit seltenen Krakauer Ausgaben (von 1583-1586 und 1610-1612) des Renaissancedichters Jan Kochanowski. Aus dem 17. und 18. Jh liegen außerdem ca. 20 Ausgaben tschechischer und russischer Dichtung vor, darunter einige Übersetzungen ins Deutsche. Mit Ausnahme von 10 russischen und 10 polnischen sind die 160 Werke aus dem 19. Jh in deutscher Sprache verfaßt einen großen Anteil daran haben die Bände der Bibliothek der fremden Zungen. Im 19. Jh wurden überwiegend ungarische und rumänische Volksweisen, Märchen und Lebensbilder aus Rußland gesammelt.

Cornelia Blasberg-Hornauer

Spanische und portugiesische Literatur

2.58 Die ältere spanische Literatur ist im Gegensatz zur portugiesischen sehr gut vertreten. Von den rund 110 Ausgaben des 16. Jhs steckt etwa die Hälfte in der ehemaligen Hofbibliothek. Sowohl die meist petrarkistischen Lyriker als auch die Prosaautoren des 16. Jhs sind zum größten Teil in zeitgenössischen Ausgaben vorhanden (darunter einige von größter Seltenheit wie z. B. von Hernando de Acuña). Dasselbe gilt für die großen Autoren des " Siglo de orë. Neben zeitgenössichen Originalausgaben sind vielfach auch französische, italienische oder deutsche Übersetzungen vorhanden. Reich ist auch der Bestand an spanischen Chroniken des 16. bis 18. Jhs ( s. o. 2.26, spanische Geschichte). Aus dem 18. Jh liegen etwa 100 spanische Titel vor, darunter als Sammlung älterer spanischer Dichtung der Parnaso español in 9 Bdn (Madrid 1768-1778). Aus dem 19. Jh stammen etwa 250 Titel, darunter erstmals auch Werke spanischer Autoren Lateinamerikas.

Peter Amelung

Literatur von Frauen

2.59 Die Bibliothek besitzt kein eigenes Fach " Literatur von Frauen". Das vorhandene Schrifttum von Frauen läßt sich bisher nur schwer überblicken. Die Bestände konnten unter diesem speziellen Aspekt lediglich im Fach Theologie genauer untersucht und die Autorinnen namentlich ausgewiesen werden. Schriften von Frauen finden sich auch in zahlreichen anderen Fächern vermehrt bei der deutschen und französischen Dichtung des 17. und 18. Jhs, der allgemeinen und französischen Geschichte, den Miszellen, der Hofbibliothek und ihrer neuzeitlichen Fortführung (HBF).

2.60 Von dem in Peter Paul Finauers Allgemeinem historischen Verzeichnis gelehrter Frauenzimmer (1761) verzeichneten 435 Autorinnen besitzt die Bibliothek ca. 16 Prozent, darüber hinaus aber eine Reihe von unbekannten und in den gängigen Nachschlagewerken nicht nachgewiesenen Autorinnen. Hinzu kommen die von Finauer nicht mehr verzeichneten zeitgenössischen Autorinnen in der Mitte des 18. Jhs sowie im 19. Jh.

2.61 Aus dem 16. Jh sind vornehmlich Drucke antiker Dichterinnen (Sappho, Sulpicia) und italienischer Autorinnen erhalten. Eine Frauen-Anthologie aus dem Jahre 1568, die sogenannte Carmina novem illustrium feminarum präsentiert dichterische Werke von Myrtis, Telesilla, Myro u. a. Die italienischen Schriften von Laura Terracina, Lucrezia da Gazuolo Gonzaga, Olympia Fulvia Morata und Lucrezia Marinella sind allesamt in Venedig erschienen oder gedruckt. Zu erwähnen sind ferner ein poetisches Werk von Jeanne d'Albret sowie zwei medizinische Schriften von Trotula, einer Ärztin aus Salerno.

2.62 Im 17. Jh dominieren die historischen und poetischen Werke. Von Isabella Andreini, Mitglied der akademischen Gesellschaft zu Padua und Schauspielerin, Schriftstellerin und Dichterin, sind mehrere Drucke in italienischer Sprache sowie spanische und französische Dichtung erhalten. Märchen, Memoiren, Reiseberichte und Erzählungen (s. a. Französische Dichtung, 2.48) stammen von Catherine d'Aulnoy, die mit 19 Titeln im 17. und 18. Jh reich vertreten ist. Bei der Theologie befinden sich außerdem zahlreiche Frauen-Biographien, sogenannte Nonnen-Viten. Eines der bedeutendsten Werke mittelalterlicher Geschichtsschreibung ist von Anna Comnena (*1083) erhalten. Mit 5 lateinischen, griechischen und hebräischen Werken ist die Niederländerin Anna Maria Schuurmann (1607-1678) vertreten.

2.63 Die Literatur aus dem deutschsprachigen Raum wird im 17. Jh durch einzelne Veröffentlichungen von Anna Hoyer (Holstein), Sibylla Schwarz (Pommern), Erdmuthe Sophie, Prinzessin von Sachsen und Kaiserin Magdalena Theresia Eleonora dokumentiert. Auch im 18. Jh bleibt der Anteil von Frauenschriften relativ klein und umfaßt vorwiegend galante Schriften, Brief- und Memoirenliteratur. Mit jeweils 4 Titeln sind die Barockdichterinnen Magdalena Sibylla Rieger und Magdalena Sibylla, Herzogin von Württemberg vertreten. Mit einzelnen Schriften traten in Sachsen und Thüringen (Halle, Erfurt, Leipzig) auch Henriette Katharina Freifrau von Gersdorf, Sidonia Hedwig Zäunemann, Christiane Marianne von Ziegler, Anna Elisabeth von Schlebusch sowie Luise Adelgunde Victoria Gottsched an die Öffentlichkeit.

2.64 Zum Bestand der französischen Literatur zählen Briefe (Marquise de Maintenon mit 7 Titeln), Theaterstücke (Marie Anne Barbier mit 6 Titeln), philosophische Abhandlungen (Marie-Madeleine Gabrielle Rochechouart-Montemart, Anne Thérèse de Lambert, Marquise de Sablé) sowie einzelne Werke von Catherine Charlotte Patin und Henriette Julie de Murat (u. a. Memoiren). Italienische Dichterinnen wie Veronica Gambara, Faustina Maratti, Gaspara Stampa u. a. sind auch in dem Sammelwerk Parnaso italiano zu finden.

2.65 Im 19. Jh gewinnen die zeitgenössischen Frauenschriften beachtlich mehr Raum, u. a. mit Schriften von Annette von Droste-Hülshoff (15 Titel), Marie von Ebner-Eschenbach (17), Bertha von Suttner (ein Titel), Hedwig Dohm (3), Lou Andreas-Salomé (4), Johanna Spyri (2), Isolde Kurz (5), Karoline Schlegel (2 Titel), außerdem die gesammelten Werke von Anne Louise Germaine de Staël-Holstein, pädagogische Sammelwerke von Marie Leprince de Beaumont in deutscher und französischer Sprache sowie literarische Schriften von Claire de Duras. Auf der anderen Seite gibt es etliche Drucke älterer Texte von Marie de France (13. Jh), Margarete von Parma (1522-1582), Margaretha von Österreich und Mechthilde von Hackeborn. Von Herzogin Elisabeth Charlotte von Orleans sind u. a. Briefe über den französischen Hof und die Gesellschaft am Anfang des 18. Jhs überliefert sowie außerdem verschiedene Briefwechsel, z. B. zwischen der deutschen Kaiserin Maria-Theresia und Marie Antoinette.

Medizin

2.66 Im Bereich Medizin verfügt die Bibliothek über einen kleinen, aber kostbaren historischen Bestand von ca. 450 Werken im Folio-Format. Es handelt sich dabei um den erhalten gebliebenen Teil des einstigen alten Faches " Medizin", das im September 1944 verbrannte. Eine systematische Wiederbeschaffung der verbrannten Literatur konnte nach dem Krieg u. a. auch aus finanziellen Gründen nur teilweise erfolgen. Große Lücken bestehen vor allem bei den Klassikern der Medizin des 18. und 19. Jhs.

2.67 Ein Überblick über den vorhandenen Literaturbestand ist ungenau, weil die wiederbeschaffte medizinische Literatur nicht mehr im alten Sachkatalog aufgenommen wurde. Ihre Zahl dürfte aufgrund von Teilauszählungen und Schätzungen ca. 3000 Titel betragen. Eine sachliche Gliederung der nachgekauften Literatur ist nicht möglich. Die folgende Beschreibung bezieht sich deshalb lediglich auf den geschlossenen Restbestand des alten Faches " Medizin" mit seinen ca. 450 Folio-Bdn. Die medizinische Literatur des 16. bis 18. Jhs wird zudem durch die Bestände der Hofbibliothek und der Fachgruppe HBF ergänzt. Überschneidungen ergeben sich mit dem Fach " Naturgeschichte" z. B. bei den Kräuterbüchern ( s. u. 2.83). Die Literatur aus dem 16. bis 18. Jh besteht zu 80 Prozent aus lateinischen Schriften, im 19. Jh beträgt deren Anteil weniger als 10 Prozent.

2.68 Aus dem 16. Jh sind ca. 150 Werke vorhanden, davon 120 in lateinischer, 20 in deutscher und 10 in griechischer Sprache. Das 17. Jh ist mit 110 Titeln vertreten (90 lateinisch, 16 deutsch und 4 sonstige). Den zahlenmäßig kleinsten Anteil hat die Literatur des 18. Jhs mit ca. 75 Titeln (60 lateinisch, 10 deutsch, 5 englisch). 120 Folio-Werke stammen aus dem 19. Jh, wobei die deutschsprachige Literatur überwiegt (80), gefolgt von der französischen (16), englischen (10) und lateinischen (8).

2.69 In der medizinischen Literatur des 16. Jhs sind die Autoren der Antike vertreten. Galen ist in lateinischen und griechischen Ausgaben (46 des 16. Jhs, und 7 des 17. Jhs) vorhanden, gefolgt von Hippokrates (25 des 16. Jhs, 7 des 17. Jhs, 4 des 18. Jhs) und Aulus Cornelius Celsus (12). Die arabische Medizin ist mit den Werken Avicennas (4 ohne Inkunabeln) vertreten. Belegt ist außerdem eine naturkundlich-medizinische Schrift von Hildegard von Bingen, zeitgenössische Literatur u. a. von Paracelsus mit überwiegend deutschen Werken. Die Literatur erstreckt sich von der Arzneimittelkunde (14), Anatomie (6), Chirurgie (11) über Schriften zur praktischen Heilkunde (Kräuterbücher s. u. 2.83), Augenheilkunde bis zu tiermedizinischen Werken über Roßarznei (4). Neben zahlreichen allgemeinmedizinischen Schriften sind u. a. 2 mehrsprachige Lexika (Griechisch-Arabisch) zu nennen. Themen einzelner Werke sind u. a. die Pest (3), Geburtskunde, Fieber, Destillation (Hieronymus Brunschwig) und Frauenkrankheiten.

2.70 Im 17. Jh ist die Literatur zur Arzneimittelkunde, Anatomie und Chirurgie ähnlich gut vertreten wie im 16. Jh. Vorhanden sind ferner medizinische Nachschlagewerke (2) und ein pharmazeutisches Lexikon. Von dem deutschen Arzt und Chemiker Daniel Sennert (1572-1637), einem bedeutenden Vertreter der Iatrochemie, sind 10 Titel, zur topischen pathologisch-anatomischen Forschung von Theophile Bonet (1620-1689) 7 Folio-Werke erhalten.

2.71 Aus dem 18. Jh stammen 75 Titel. Schwerpunkte liegen auf dem Gebiet der Anatomie (13) der italienische Arzt Giovanni Battista Morgagni ist mit 6 Titeln vertreten - sowie der Arzneikunde. Hinzu kommen einige Werke aus den HBF-Erwerbungen, u. a. das Medicinische Gelehrten-Lexicon von Christian Wilhelm Kestner.

2.72 120 Folio-Werke stammen aus dem 19. Jh. Dazu kommen schätzungsweise 2000 nach dem Krieg erworbene Schriften. Im alten Fach Medizin befinden sich verschiedene Atlanten (13), u. a. zur Geburtskunde, pathologischen Anatomie, gerichtlichen Medizin, geographischen Verbreitung von Krankheiten (z. B. Cholera-Epidemien). Es gibt ferner Literatur zur Neurologie (6), Werke zur Augenheilkunde (4), Schriften über Hautkrankheiten (6) sowie über Heilwasser- und Thermalbäder. Neben Arbeiten zur Anatomie (12) mit einer Vielzahl anatomischer Tafeln (Hans Carl Leopold Barkow mit 4 Titeln) stehen außerdem solche zur Chirurgie, z. B. von dem Tübinger Professor Victor Bruns mit 12 Titeln. Einige Werke gehören zum Bereich Kriegswissenschaften, Geburts- und Frauenheilkunde sowie zur inneren Medizin.

Miszellen nebst Academica, Dissertationen und Schulprogrammen

2.73 Das alte Fach " Miszellen" umfaßte 1944 ca. 4000 Bde. Zusammen mit dem verbrannten Fach " Literärgeschichte" und der " Allgemeinen Geschichte" bildete es das Fach " Allgemeines". Es enthält primär Enzyklopädien, fast alle bekannten Lexika des 18. und 19. Jhs und ausländische Nachschlagewerke, die teilweise als Stiftungen bücherliebender Landessöhne an die Bibliothek kamen.

2.74 Aus dem 16. Jh stammen 230 Titel (150 lateinisch, 34 italienisch, 17 französisch), aus dem 17. Jh 570 (315 lateinisch, 143 deutsch, 34 italienisch, 75 französisch), 900 Titel aus dem 18. Jh (490 deutsch, 210 französisch, 145 lateinisch) und 1320 Titel aus dem 19. Jh (950 deutsch, 150 französisch, 100 englisch, 70 italienisch).

2.75 Dazu gehören 27 Enzyklopädien des 16. Jhs, darunter das poetische Lexikon von Johannes Ravisius Textor und 14 Ausgaben der Margarita philosophica von Gregor Reisch, 13 Enzyklopädien aus dem 17. Jh (z. B. das Dictionarium historicum, geographicum, poeticum, gentium von Charles Estienne), 90 Titel aus dem 18. Jh (z. B. das Universallexicon von Zedler, die Encyclopédie méthodique von Diderot und d'Alembert) und 67 Enzyklopädien aus dem 19. Jh. Ferner sind rund 30 Werke zur Sittengeschichte aus dem 16. Jh, 65 aus dem 17. Jh und 110 aus dem 18. Jh vorhanden. Zur Wissenschaftsgeschichte gibt es 57 Titel aus dem 18. Jh und 135 Titel aus dem 19. Jh.

2.76 Aus dem 17. Jh stammen 35, aus dem 18. Jh 70 Anekdotensammlungen. Zahlreiche Museumsführer, Festschriften und Jahrbücher sind aus dem 19. Jh vorhanden, eine reiche Sammlung von Zeitungen und Zeitschriften aus dem 18. und 19. Jh. Beispiele sind Hesperus (1818-1830), Friedrich Schlegels Athenäum (1789-1800), Wielands Der teutsche Merkur, das Morgenblatt für gebildete Stände (1807-1865, 120 Bde), Aus Natur und Geisteswelt (1898-1912), Bibliothek des Literarischen Vereins in Stuttgart (220 Bde von 1843 bis 1900) sowie die Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens (1877-1901).

2.77 Im Fach " Miszellen" wurden ebenfalls rund 190 Academica aus dem 18. Jh und ca. 370 aus dem 19. Jh gesammelt. Der Hauptteil der Academica findet sich jedoch im gleichnamigen alten Fach, das vollständig erhalten blieb und 1929 ca. 6000 Bde umfaßte. Die Bibliothek hatte Universitätsschriften aus Petersburg, Paris, Heidelberg, Göttingen, Berlin u. a. bezogen und hielt fast alle wichtigen Akademieschriften.

2.78 Die Bibliothek besitzt etwa 46.000 Dissertationen aus der Zeit vor 1900. Durch Hochrechnung ermittelt wurden 745 Dissertationen des 16. Jhs, davon 440 theologische, 220 juristische, 60 philosophische und 25 philologische. Aus dem 17. Jh stammen etwa 11.050 Dissertationen, wobei die juristischen Dissertationen mit 6800 Titeln gegenüber 2300 medizinischen, 1300 theologischen, 500 philosophischen und 150 philologischen Dissertationen überwiegen.

2.79 Von den rund 23.800 Dissertationen des 18. Jhs gehören 10.000 zum juristischen Fach, 7500 zum medizinischen, 500 zum theologischen Fach, 1000 zur Philosophie und 300 zur Philologie. Aus dem 19. Jh sind ca. 11.000 Dissertationen vorhanden, davon 4850 theologische, 3850 medizinische und 800 juristische. Von den ca. 4600 philologischen Schriften sind ca. 70 Prozent Schulschriften, von den 900 philosophischen etwa 50 Prozent.

Naturwissenschaften

2.80 Der ursprünglich reiche Bestand an älterer naturwissenschaftlicher Literatur ist 1944 durch Kriegseinwirkung dezimiert worden. Die bis 1929 in den Fachgruppen Mathematik, Naturgeschichte sowie Physik und Chemie geschlossen aufgestellte Literatur verbrannte nahezu vollständig. Lediglich vom Fach Naturgeschichte (N.G.) blieb wenigstens der Foliobestand erhalten. Er wird heute ergänzt durch ältere naturwissenschaftliche Literatur in der ehemaligen Hofbibliothek und in der sogenannten Ellwanger Bibliothek (Elv; s. o. 1.22) sowie im HBF-Bestand der Nachkriegserwerbungen. Erhalten blieb aus dem Bereich der Astronomie und Mathematik die Sammlung der Schriften Johannes Keplers, die in den letzten Jahrzehnten durch Zukäufe weiter ausgebaut wurde. Auch die Sammlung von Ausgaben anderer Astronomen und Mathematiker, die aus Württemberg stammen (wie z. B. Jakob Pflaum, Johannes Stoeffler oder Michael Maestlin), wird weiter ergänzt.

2.81 Aus dem 16. Jh stammen ca. 100 Titel, davon etwa die Hälfte aus der ehemaligen Hofbibliothek. Das 17. Jh umfaßt rund 430 Titel (Naturgeschichte 90; Hofbibliothek 50; Ellwanger Bibliothek 300). Ein Drittel des naturgeschichtlichen Folio-Bestandes (330) stammt aus dem 18. Jh, ungefähr die Hälfte (540) aus dem 19. Jh. Im 16. und 17. Jh überwiegen die lateinischen Schriften (60 Prozent und knapp 90 Prozent), im 18. Jh geht ihr Anteil auf 50 Prozent, im 19. Jh auf 20 Prozent zurück.

2.82 Der Folio-Bestand des ehemaligen Faches " Naturgeschichte" stellt den größten geschlossenen Bestand im naturwissenschaftlichen Bereich dar. Das Fach Naturgeschichte enthält neben naturhistorischen Gesamtdarstellungen Werke aus den Bereichen Botanik, Zoologie und Paläontologie. Im 16. Jh bilden die Kräuterbücher einen Schwerpunkt. Die Literatur aus dem 16. Jh umfaßt insgesamt 51 Werke (32 lateinisch, 17 deutsch, 2 italienisch). Im 17. und 18. Jh überwiegen die Schriften zur Pflanzenkunde. Auf das 17. Jh entfallen 86 überwiegend lateinische Werke (deutsch 7, englisch und niederländisch jeweils 3). Im 18. Jh besteht die naturgeschichtliche Literatur (300) zur Hälfte aus lateinischen Schriften. Hinzu kommen 100 deutsche und jeweils 30 englische und französische Titel. Im 19. Jh nimmt die zoologische Literatur den größten Raum ein. Dazu gehören besonders viele ornithologische Werke. Das 19. Jh ist mit ca. 540 Titeln repräsentiert, die sich aufteilen in 260 deutsche Schriften, 112 lateinische, 100 französische, 56 englische und 12 sonstige Werke.

2.83 Aus dem 16. Jh ist ein reicher Bestand an Kräuterbüchern vorhanden. Alle wichtigen Autoren dieses Bereichs ( z. B. H. Bock, O. Brunfels, L. Fuchs, P. A. Mattioli) sind mit Originalausgaben vertreten. Neben illustrierten Pflanzenbüchern ist vor allem die zoologische Literatur gut repräsentiert. Von Conrad Gesner sind über 40 Ausgaben des 16. und 17. Jhs vorhanden. Auch der Bologneser Ulisse Aldrovandi (1522-1605) ist mit allen wesentlichen Originalausgaben vertreten.

2.84 Im 17. Jh konzentriert sich das wissenschaftliche Interesse vor allem auf unbekannte und seltene Pflanzen, Blumen und Gewächse ( z. T. mit mehrsprachigen Registern). Zoologische Untersuchungen behandeln die Gruppe der vierfüßigen Tiere, der Fische und Insekten (Joannes Jonston 25 im 17. Jh, 7 im 18. Jh).

2.85 Die 130 botanischen Schriften im 18. Jh enthalten ausführliche Beschreibungen zur Pflanzenwelt einzelner Länder (Flora Danica, Norvegica, Sibirica, Austriaca), ein Werk zum pflanzlichen System von John Hill sowie botanische Studien der schwedischen Naturforscher Carl von Linné (Vater und Sohn 15 Titel). Vorhanden sind ferner seltene mehrbändige Ausgaben des Wiener Botanik-Professors Nicolaus Joseph von Jacquin (7), ein Werk über malayische Pflanzen von Georg Eberhard Rumpf und Pflanzen-, Blumen- und Kräuterbücher von Pierre Joseph Buchoz (23), Georg Wolfgang Knorr (4), Joseph Jacob Plenck und Elizabeth Blackwell (3).

2.86 Es folgen im 18. Jh 50 zoologische Schriften. Darin sind 20 ornithologische Werke mit Beschreibungen verschiedener ausländischer und seltener Vögel, u. a. Abbildungen der in Deutschland und Holland vorkommenden Vögel enthalten. Bemerkenswert sind die Arbeiten zur indischen, australischen, amerikanischen und europäischen Fauna (Zoologia Danica, Britannica) sowie Untersuchungen über Insekten. Etliche Schriften behandeln die Naturgeschichte des Meeres und seiner Lebewesen (Schalentiere, Schnecken, Muscheln) und andere seltene Meerestiere in Indien. Zur Mineralogie sind 7 Titel vorhanden, u. a. Emanuel Swedenborg über Eisen und Kupfer.

2.87 Ungefähr die Hälfte (rund 550) der erhaltenen naturwissenschaftlichen Foliowerke stammt aus dem 19. Jh. Es handelt sich fast ausschließlich um Tafelwerke und Atlanten. Im Vergleich zum 18. Jh, in dem pflanzenkundliche Literatur überwog, nimmt im 19. Jh die Zoologie mit 140 Werken den größten Raum ein (davon 60 Werke zur Ornithologie, 22 zur Ichthyologie, 6 zur Hippologie). Aus dem Bestand der Gewerbekunde kommen weitere 10 hippologische Fachbücher aus dem 17. Jh (Johann Christoph Pinter), 32 aus dem 18. Jh und 150 aus dem 19. Jh hinzu. Neben Werken zur Fauna und Flora Brasiliens, Italiens, Indiens, Ceylons, Südamerikas, Asiens und Japans (Philipp Franz von Siebold) finden sich ornithologische Werke von John Gould (11), François Levaillant (6), außerdem Werke zu verschiedenen Amphibien, Säuge- und Meerestieren (Korallen, Seesterne, vor allem Fische). Im Bereich der Insektenkunde werden vorwiegend schädliche Insekten des Feldbaus behandelt.

2.88 Die pflanzenkundliche Literatur besitzt im 19. Jh nur noch einen Anteil von 20 Prozent. Kräuterbücher sind z. B. im Unterschied zum 18. Jh (22) nicht mehr vorhanden. Zu den ca. 100 Werken gehören Beschreibungen der ausländischen europäischen und exotischen Pflanzenwelt (Dänemark, Österreich, Portugal, Indien, Japan usw.), darunter das Werk von John Sibthorp über die Flora Griechenlands oder die Rhododendrons of Sikkim-Himalaya von Joseph Dalton Hooker. Einige Ausgaben finden sich zum Ackerbau (Getreidearten) und zur Pomologie. Als neuer Wissenschaftszweig ist die Paläontologie (Petrefaktenkunde) mit ca. 40 Werken etabliert ( u. a. Berichte über Versteinerungen in Sachsen und Schwaben). Gut vertreten ist der Tübinger Paläontologe und Geologe Friedrich August Quenstedt (1809-1889).

Cordula Wollny-Tamborini

Pädagogik

2.89 Von den insgesamt etwa 8500 Titeln des erhaltenen alten Fachs Pädagogik dürften rund 5000 aus der Zeit vor 1900 stammen. Das Fach enthält 70 vorwiegend lateinische Titel des 16. Jhs, 95 des 17. Jhs (45 lateinisch, 34 deutsch), 385 des 18. Jhs (265 deutsch, 50 französisch) und rund 4500 Titel des 19. Jhs (3300 deutsch, 100 französisch, 90 englisch: Konferenzberichte und Kommissionsberichte aus Großbritannien und den USA, zur Taubstummenpädagoik in den USA).

2.90 Im 16. Jh sind Jacob Wimpheling (16 Titel) und Dietrich von Plieningen vertreten, ferner Petrus Mosellanus (i. e. Peter Schade) mit verschiedenen Ausgaben der Paedologia und Pietro Paolo Vergerio d. Ä. Hier wie im 17. Jh überwiegen Instruktionen für Hofmeister und Anleitungen zu christlicher Erziehung. Autoren des 17. Jhs sind Ahasver Fritsch, der Reformer Wolfgang Ratichius und Johann Christoph Wagenseil mit Werken zur Prinzenerziehung.

2.91 Im 18. Jh kommen Rechtschreiblehren, Landschulordnungen und zahlreiche philosophische Reflexionen zur Erziehung hinzu. Besonders gut ist der Bestand an Literatur zur sogenannten Volksaufklärung im 18. Jh. Durch die Schriften Johann Bernhard Basedows und des Volksschulreformers Friedrich Eberhard von Rochow kommt im 18. Jh die Volksschul-Pädagogik in den Blick, die im 19. Jh 20 Prozent der vorhandenen Werke im Fach Pädagogik ausmacht. Rund 1800 Schriften des 19. Jhs sind Lehrbücher, Curricula und Schulbücher aus Stuttgarter, Esslinger und Reutlinger Verlagen. Auch Zeitschriften sind zahlreich vertreten, so das Taschenbuch teutscher Schulmeister (Ulm 1786-1796), das Württembergische Correspondenzblatt für Lehrer an den Gelehrten- und Realschulen (1838-1892), der Süddeutsche Schulbote (1837-1891) und die pädagogische Monatsschrift Die Volksschule (Esslingen 1841-1911).

Philologie

2.92 Zum Fach der Philologie gehören zahlreiche Schriften aus der ehemaligen Hofbibliothek (760 aus dem 16. Jh, 400 aus dem 17. Jh und 130 aus dem 18. Jh). Darunter befinden sich eine große Zahl mehrsprachiger Wörterbücher, Synonymenlexika, rhetorische Schriften und Elegantiarien. Das Fach teilt sich in Alte, Orientalische und Neuere Philologie. Insgesamt stammen 2000 Werke aus dem 16. Jh, 1400 aus dem 17. Jh, 1580 aus dem 18. Jh und 10.500 aus dem 19. Jh.

Alte Philologie

2.93 Die Alte Philologie ist reich an Werken des 16. und 17. Jhs, meist aus ehemaligen Klosterbibliotheken, darunter Schriften der Humanisten sowie Sprachlehren und Wörterbücher zum Erlernen der griechischen und lateinischen Sprache (z. B. die Sprichwörtersammlung Adagia des Erasmus in 35 verschiedenen Ausgaben des 16. Jhs, 20 Ausgaben der Apophthegmata, 16 der Colloquia). Von den Phrases des Aldus Manutius sind 11 Ausgaben des 16. Jhs, von den Orationes des Marcus Antonius Muretus 14, von den Progymnasmata latinitatis des Jacobus Pontanus 15 Ausgaben vorhanden. Das von Konrad Gesner und anderen bearbeitete und herausgegebene Lexicon Graecolatinum ist mit 17 verschiedenen Ausgaben des 16. Jhs vertreten.

2.94 Zur Alten Philologie gehören rund 1000 lateinische Werke des 16. Jhs (u. a. von Aegidius Albertinus, Jacob Gretser, Justus Lipsius) und 645 Schriften des 17. Jhs: Grammatiken, Kommentare zu griechischen und römischen Schriftstellern, Schriften zur Ars rhetorica (Daniel Heinsius, Jacob Masenius). Aus dem 18. Jh stammen 670 Werke, 77 davon in deutscher Sprache. Hierzu zählen akademische Reden, Elegantiarien, Etymologien und Kommentare zu Klassikern. Von den 2500 Werken des 19. Jhs ist die Hälfte in deutscher Sprache geschrieben (Schulgrammatiken und deutsche Lehrbücher der griechischen und lateinischen Sprache). Zu den 380 lateinischen Schriften gehören philologische Untersuchungen und Panegyriken.

Orientalische Philologie

2.95 Zur Orientalischen Philologie sind 135 überwiegend lateinische Werke des 16. Jhs vorhanden, darunter auch eine arabische Grammatik von 1592. 110 Grammatiken und Lehrbücher führen in die hebräische Sprache, 14 in die chaldäische ein (Johannes Buxtorf). Aus dem 17. Jh stammen 260 Titel, hauptsächlich in lateinischer Sprache; sie haben die hebräische (141), chaldäische (26), arabische (23), syrische (20), persische (12) und andere Sprachen zum Thema (Christoph Cellarius, Wilhelm Schickard).

2.96 250 Titel gehören dem 18. Jh an (187 lateinisch, 44 deutsch), darunter 150 Sprachlehren zur hebräischen, 27 zur arabischen, 21 zur chaldäischen Sprache. Hinzu kommen jeweils wenige Einführungen in die türkische, tartarische, chinesische und tibetanische Sprache. Rund 1000 Werke stammen aus dem 19. Jh (250 deutsch, 114 englisch, 63 französisch), die englischen Titel vorwiegend zur Einführung in die indische, persische, chinesische Sprache und ins Sanskrit, die französischen Titel zur Einführung in die ägyptische und chinesische Sprache.

Neuere Philologie

2.97 Zum Gebiet der Neueren Philologie gehören 110 vorwiegend italienische und französische Sprachlehren des 16. Jhs, darunter das deutsch-französische Wörterbuch von Levin Hulsius (1596) in vielen Auflagen. 350 Titel stammen aus dem 17. Jh (100 in Deutsch, 100 in Französisch, 52 in Italienisch). Die Hofbibliothek enthält 52 mehrsprachige Wörterbücher aus dem 16. Jh ( u. a. ein elfsprachiges Wörterbuch von Ambrosius Calepinus), 78 aus dem 17. Jh und 54 aus dem 18. Jh.

2.98 Unter den Titeln des 17. Jhs befinden sich deutsche Grammatiken von Dichtern und Mitgliedern der Sprachgesellschaften wie Georg Philipp Harsdörffer, Opitz, Schottelius, Christian Weise, Philipp von Zesen, Zincgref sowie italienische Werke über Dante und Petrarca. Es gehören ebenfalls 10 philologische Werke von Johann Amos Comenius, 25 italienisch-französische Grammatiken von Nathaniel Duez, 13 italienisch-spanische Wörterbücher von Matthias Kramer dazu.

2.99 Die rund 670 Titel des 18. Jhs sind zur Hälfte in deutscher Sprache geschrieben, hinzu kommen 180 französische, 40 italienische und jeweils ca. 20 englische, spanische und skandinavische Schriften. Darunter befinden sich 160 Einführungen in die französische, 50 in die italienische und 43 in die englische Sprache; zu den 190 Schriften zur deutschen Sprache zählen Kommentare zur deutschen Poesie sowie Briefsteller.

2.100 Aus dem 19. Jh stammen rund 6000 Werke, davon 4300 in deutscher, 840 in französischer und 470 in englischer Sprache. Zu den 2150 Titeln zur deutschen Sprache gehören philologische Schriften zur Geschichte der deutschen Sprache (althochdeutsch, mittelhochdeutsch), 85 Arbeiten zum Indogermanischen, germanistische Schriften zur mittelalterlichen Dichtung und Dialektforschung. Ferner sind etwa 750 Einführungen und Lehrbücher der romanischen Sprachen vorhanden, davon allein fast 600 zum Französischen und etwa 100 zum Italienischen; außerdem rund 300 Einführungen ins Englische und 70 in die skandinavischen sowie rund 100 in die slawischen Sprachen (davon 30 ins Russische). Zumeist in Englisch abgefaßt sind die 36 Einführungen in afrikanische und die 22 in die Indianersprachen.

Cornelia Blasberg-Hornauer

Philosophie

2.101 Obwohl das alte Fach Philosophie (mit rund 18.000 Bdn) im Zweiten Weltkrieg völlig verbrannte, besitzt die Bibliothek wieder einen ansehnlichen Bestand an historischer philosophischer Literatur. Ein winziger Teil des Altbestands an philosophischer Literatur (etwa 700 Titel) hat sich bei den " Miszellen" erhalten, weil die betreffenden Autoren (wie z. B. Nietzsche) als fächerübergreifend betrachtet und deshalb bei den Miszellen untergebracht wurden. Dieser historische Bestand wird ergänzt durch ältere philosophische Werke in der ehemaligen Hofbibliothek (HB) und der sogenannten Ellwanger Bibliothek (Elv; s. o. 1.22) sowie unter den Nachkriegserwerbungen (A 1 ff.-Reihe und HBF). Wichtig für die Rekonstruktion des alten Faches Philosophie wurde Ende der fünfziger Jahre die Übernahme der philosophischen Fachbibliothek des Generalmajors a. D. Hans Herrmann mit einem hohen Anteil an philosophischer Literatur des 19. Jhs. Durch den Ankauf der Sammlung Borst (s. 1.25 und 2.211) im Jahre 1969 kamen alle wesentlichen Erstausgaben deutscher Philosophen von 1750 bis ans Ende des 19. Jhs in die Bibliothek sowie eine große Zahl weiterer Erstausgaben europäischer (vor allem englischer und französischer) Philosophen desselben Zeitraums. So besitzt die Bibliothek heute wieder je rund 350 philosophische Werke des 16. und 17. Jhs sowie etwa 700 Werke des 18. Jhs. Für das 19. Jh ist mit etwa 2500 Titeln zu rechnen.

Peter Amelung

Politik

2.102 Der Bestand an älteren politischen und politikwissenschaftlichen Werken setzt sich zum größten Teil aus einschlägigen Schriften der alten Fächer " Politik" und " Miszellen", der Sammlung Borst (s. 1.25 und 2.211) sowie aus der Mohlschen Sammlung (s. o. 1.20) zusammen. Aus dem 16. Jh stammen 223 Titel, davon 100 in lateinischer, 55 in italienischer, 37 in deutscher und 30 in französischer Sprache. Von Erasmus sind 15 einschlägige Titel vorhanden, von Antonio de Guevara 35, von Machiavelli 28 aus dem 16. Jh und 28 aus dem 17. Jh. Das Schwergewicht liegt auf den Fürstenspiegeln (rund 100); 30 Bde liegen zur politischen Philosophie vor. Die Zahl der Bücher aus dem 17. Jh beträgt 1040, davon sind 570 lateinisch, 182 deutsch, 110 französisch (darunter Titel zur Prinzenerziehung) und 70 italienisch. Am stärksten sind Titel zur politischen Theorie vertreten (rund 400), hinzu kommen 280 Fürstenspiegel. Wichtige Autoren sind Christoph Besold (35), Traiano Boccalini (25), Cyriacus Lentulus (17) und Hermann Conring (12).

2.103 Rund 1360 Bde stammen aus dem 18. Jh, 860 davon in deutscher Sprache, 380 in Französisch und 21 in Englisch, die hauptsächlich den Sklavenhandel zum Thema haben. Darunter sind rund 300 Titel zur Staatskunst, rund 100 zur Sozialgeschichte mit Büchern über Armenfürsorge und Gefängniswesen, 50 zur Staatsverwaltung und Gesetzgebung, 40 zur Polizeiwissenschaft und rund 40 (vorwiegend französisch geschriebene) Berichte zur Französischen Revolution, die eine wichtige Ergänzung zu den im alten Fach der " Französischen Geschichte" gesammelten Schriften bilden.

2.104 Aus dem 19. Jh sind ca. 6670 Schriften vorhanden, darunter rund 900 Titel zur sozialen Frage (Fürsorge, Wohnungsprobleme, Gefängniswesen) und französische und englische Schriften zum Pauperismus. Zu diesem Bereich gehören ebenfalls 20 Titel zum Problem des Antisemitismus und 65 Titel zur Frauenfrage. Hinzu kommen rund 180 Schriften zur sozialen Frage der Arbeiter und ca. 120 Schriften für und wider die Sozialdemokratie, zur Arbeiterbewegung und zum Kommunismus. Auch in der Sammlung Borst befinden sich einige Erstausgaben von Vorläufern und Klassikern der sozialistischen Theorie.

2.105 Die Marxismus-Sammlung der Bibliothek enthält vorwiegend Titel aus dem 20. Jh, vorhanden sind aber die klassischen Werke der sozialistischen Theoretiker des 19. Jhs. 370 Titel sind der Staatstheorie, 230 Titel der Verwaltungslehre und 50 dem Polizeiwesen zuzuordnen. Von den zahlreichen zum Fach gehörenden Zeitschriften sind die Ephemeriden der Menschheit oder Bibliothek der Sittenlehre, der Politik und Gesetzgebung (Leipzig 1776-1786), die Schriften der Vereins für Socialpolitik (1873-1910) und die Schriften des Vereins für Armenpflege (1886-1909) zu nennen.

Recht

2.106 Vor dem Zweiten Weltkrieg besaß die Bibliothek neun verschiedene rechtswissenschaftliche Fächer, die im Jahre 1922 ca. ein Sechstel des Gesamtbestandes der Bibliothek ausmachten. Der Vernichtung entgingen 1944 lediglich 3 Fächer (Wirtembergisches Recht, Kirchenrecht, Criminalrecht) mit insgesamt 16.600 Bdn bis zum Erscheinungsjahr 1929, d. h. nur ca. 13 Prozent des ehemaligen Bestandes ist erhalten geblieben.

2.107 In den drei erhaltenen Fächern befinden sich sowohl die einschlägigen Grundwerke und Periodika als auch die wichtigsten monographischen Schriften. Bei der Wiederbeschaffung verbrannter Literatur wurde vor allem juristische und rechtshistorische Grundliteratur erworben. Dazu gehören die Klassiker der Rechtswissenschaft, die großen und wichtigen Zeitschriften, Reihen und Entscheidungssammlungen ab 1800 und die grundlegenden zusammenfassenden Darstellungen und Nachschlagewerke, die rechtshistorisch bedeutsam sind. Aus diesem Bereich konnten etwa 60 Prozent des ehemaligen Bestandes wiederbeschafft werden. Wichtige ältere Titel aus den verbrannten juristischen Fächern (insbesondere aus den Bereichen Staats-, Natur- und Völkerrecht) haben sich wenigstens in der ehemaligen Hofbibliothek (HB) und im Ellwanger Bestand ( s. o. 1.22) erhalten.

Kirchenrecht

2.108 Das alte Fach Kirchenrecht enthält z. T. Literatur aus ehemaligen Klosterbibliotheken, speziell aus den Benediktinerabteien Weingarten und Zwiefalten, aus der Abtei Wiblingen, der Zisterzienserabtei Schöntal sowie dem Kapuzinerkloster Mergentheim. Ergänzt wird das Fach durch die Bestände der Hofbibliothek, die im 16. Jh 213, im 17. Jh 293, im 18. Jh 234 Bde zum weltlichen und kanonischen Recht enthalten. Die kirchenrechtliche Literatur des 16. und 17. Jhs ist zu 85 Prozent in lateinischer Sprache, im 18. Jh beträgt ihr Anteil 60 Prozent, im 19. Jh weniger als 10 Prozent. Überschneidungen mit anderen Fächern erfolgen beim Württembergischen Recht, vorwiegend aber bei der Theologie und Kirchengeschichte.

2.109 Das Fach Kirchenrecht umfaßt ca. 2800 Bde. Hiervon entfallen auf das 16. Jh 385, auf das 17. Jh 500 Bde. Aus dem 18. Jh stammen 940 Werke, im 19. Jh sind es einschließlich der 20 kirchenrechtlichen Zeitschriften ca. 900.

2.110 Die Literatur des 16. Jhs zählt 320 lateinische, 60 deutsche und 5 sonstige Werke. Stark vertreten sind die Dekretalen und Kommentare (75) u. a. von Nicolaus Panormitanus (28), Dinus Mugellanus (8), Baldus de Ubaldis (7) und Marco Antonio Cucchi (4). Hinzu kommen 52 Bde des Corpus Juris Canonici. Zum katholischen Strafrecht sind 10, zum Eherecht 21 Werke vorhanden, ferner 33 Kirchenordnungen sowie Literatur zum Cultus (Messe, Predigt, Heiligen- und Reliquienverehrung).

2.111 Für das 17. Jh sind 415 lateinische, 60 deutsche, 10 französische und 6 anderssprachige Werke zu verzeichnen. Im Vergleich zum 16. Jh ist die Zahl der Dekretalen und Kommentare (42) und des Corpus Juris Canonici (7) bereits stark rückläufig, demgegenüber wächst die Zahl der katholischen Kirchengesetze an (17). Annähernd gleichgeblieben im Vergleich zum 16. Jh ist die Zahl der Kirchenordnungen und die Literatur zum Eherecht (21) und Strafrecht (11). Fast vollständig vorhanden sind die Schriften des Bischofs von Ugento, Agostinho Barbosa (im 17. Jh 22, im 18. Jh 13). Zum protestantischen Kirchenrecht ist im Zeitalter der Gegenreformation vergleichsweise wenig vorhanden (Benedikt Carpzov).

2.112 Im 18. Jh hat sich die Literatur im Vergleich zum 17. Jh beinahe verdoppelt (540 lateinische, 270 deutsche, 50 französische, 50 italienische und 12 sonstige Werke). Der Einfluß des französischen Staatskirchentums und des Episkopalismus wird am Bestand der französischen Literatur deutlich, auch dessen Wirkung auf die katholische Kirche (Justinus Febronius, d. i. Johann Nikolaus von Hontheim 13, Emser Punktation 12). Mit der Aufklärung steigt auch die Zahl der kirchenrechtlichen Hand- und Lehrbücher (26), der Schriften zum Verhältnis von Kirche und Staat (17) sowie zur Kirchenrechtsgeschichte (10). Neben den Dekretalen und Kommentaren (31) sind sowohl Schriften zur protestantischen (Justus Henning Böhmer 16) wie katholischen Kanonistik (Vitus Pichler 17) vertreten.

2.113 Im 19. Jh überwiegt im Fach Kirchenrecht erstmals die deutschsprachige Literatur (705), mit Abstand folgt die lateinische (80), französische (25) und sonstige (14). 76 Werke behandeln das Eherecht (im 18. Jh 40), 50 die Kirchenrechtsgeschichte und mehr als 30 das Verhältnis von Kirche und Staat. Stark angewachsen ist der Bestand an Hand- und Lehrbüchern (85) sowie allgemein zur protestantischen und katholischen Kanonistik (Paul Hinschius 22; Emil Friedberg 30, Johann Friedrich Schulte 19). Hinzu kommt ferner eine 23 Bde umfassende Sammlung kleiner kirchenrechtlicher Schriften (1805-1855), eine 36bändige Bullensammlung (1857-1870) und ca. 20 Zeitschriften ( u. a. Zeitschrift für Kirchenrecht 1861-1889, hrsg. von R. Dove und E. Friedberg sowie das Archiv für katholisches Kirchenrecht ab 1866 ff.

Criminalrecht (Strafrecht)

2.114 Das alte Fach " Criminalrecht" blieb im Zweiten Weltkrieg bis auf die Neuerwerbungen der dreißiger Jahre verschont. So sind 160 überwiegend lateinische sowie 30 deutsche Werke des 16. Jhs, 290 Werke des 17. Jhs und rund 200 des 18. Jhs erhalten. Hinzu kommen ca. 1800 Titel aus dem 19. Jh.

2.115 Die Schriften des 16. Jhs befassen sich im wesentlichen mit dem Strafrecht allgemein und mit Duellordnungen (Veit Amerbach, Johann Zanger, Giovanni Battista Ziletti). 15 Titel sind zu verschiedenen Hexenprozessen vorhanden (Jacob Freiherr von Liechtenberg, Hermann Neuwalt). Diese Verteilung gilt ebenfalls für das 18. Jh. Unter den 12 Büchern zu Hexenprozessen sind die Daemonologia des Francisco Torreblanca Villalpando und die Cautio Criminalis von Friedrich von Spee zu erwähnen. Mit 50 Ausgaben seiner strafrechtlichen Abhandlungen ist Heinrich Bocer vertreten.

2.116 Während der Bestand des 17. Jhs 22 deutsche und 20 französische Titel enthält, überwiegt in dem des 18. Jhs mit 140 Titeln bereits die deutsche Sprache (100 lateinische, 30 französische). Darunter lassen sich neben rund 200 allgemein strafrechtlichen Abhandlungen 30 Prozeßordnungen und -berichte sowie 16 Gesetzeshandbücher ausmachen. Aus dem 19. Jh sind ca. 1400 strafrechtliche Werke vorhanden, 220 Lehrbücher und Gesetzessammlungen, 70 Prozeßberichte. Daneben gibt es 55 Titel zur Psychologie von Verbrechern und Gefängnisinsassen, 20 zur Geschichte der Hexenprozesse und 15 eher literarische Werke zu besonderen Strafrechtsfällen, z. B. zu Kaspar Hauser.

Sport und Spiele

2.117 Zum Fach " Sport und Spiele" gehören 17 Titel des 16. Jhs, 78 des 17. Jhs, 70 des 18. Jhs und 500 des 19. Jhs. Im 16. Jh behandeln 18 Werke die Kunst des Turnierreitens (Federico Grisone, Johann Friedrich Herwart von Hohenburg) und Voltigierens (Arcangelo Tuccaro), im 17. Jh 21 (Georg Engelhard Loehneiss, Johann Georg Basch). Hinzu kommen 17 Bücher zur Fechtkunst (Sebastian Heussler, Salvator Fabris, Girolamo Cavalcabo) und 6 Zechbücher (Blasius Multibibus).

2.118 Im 18. Jh überwiegen die Literatur zu Gesellschaftsspielen (21) und zumeist in französischer Sprache geschriebene Bücher zur Tanzkunst (13). Die Literatur zur Tanzkunst wird auch für die ältere Zeit (17. bis 19. Jh) umfassend ergänzt durch die 1970 erworbene Ballettsammlung Niles-Leslie (s. o. 1.25). Der Bestand des 19. Jhs teilt sich in 110 Titel zu Leibesübungen, 75 zu Gesellschaftsspielen, 15 zum Pferdesport und 12 Schachbücher. Auffallend ist der relativ hohe Anteil deutschsprachiger Bücher im 16. und 17. Jh. Im 18. Jh kommen viele französische, im 19. Jh viele englische Titel hinzu.

Cornelia Blasberg-Hornauer

Theologie und Kirchengeschichte

2.119 Der Bestand der Fächer " Theologie" und " Kirchengeschichte" gehört zu den reichsten der Bibliothek. In diesen beiden Fächern ist der größte Teil der theologischen Literatur geschlossen aufgestellt. Von Kriegszerstörung blieb auch dieser Bestand nicht verschont; der Zuwachs aus den Jahren 1930-1944 (ca. 20.300 Bde) ging im September 1944 beim Brand der Bibliothek in Flammen auf. Unversehrt blieb der reiche historische Bestand der Bibliothek von ihren Anfängen bis zum Jahre 1929, dessen Hauptquellen die im Jahre 1776 einverleibten Bibliotheken des württembergischen Konsistoriums und Oberrats (s. o. 1.2) sowie der enorme Zuwachs durch die säkularisierten Klosterbibliotheken (s. o. 1.7-1.14) bildet.

2.120 Der theologische Altbestand des 16. bis 19. Jhs ist im modernen Systematischen Katalog bisher nur unvollständig verzeichnet, mit seiner Einarbeitung wurde erst Anfang des Jahres 1987 begonnen. Aufgrund dessen mußte die sachliche Erschließung des Altbestandes auf verschiedenen Umwegen erfolgen. Als wichtigste Quelle dienten die alten handgeschriebenen Fachkataloge " Theologie" und " Kirchengeschichte", die die Literatur fortlaufend und ohne systematische Gliederung in 116 Folio-Bänden verzeichnen. Stichprobenzählungen am modernen Alphabetischen Katalog sowie die Durchsicht separat katalogisierter Bestände bildeten gemeinsam mit den alten Bandkatalogen die Grundlage für den durch Hochrechnung ermittelten Gesamtbestand.

2.121 Der Altbestand umfaßt insgesamt über 50.000 Titel. Das Fach Theologie stellt davon ca. 36.200, das Fach Kirchengeschichte 12.500 Titel. Hinzu kommen rund 3000 theologische Titel in der Inkunabelsammlung (s. u. 2.199). Bereits in der chronologischen Verteilung wird der Reichtum dieses Bestandes augenfällig. Allein aus dem 16. Jh stammen 12.000 Titel (davon 10.500 zur Theologie, 1500 zur Kirchengeschichte) und damit ein Viertel der vorhandenen einschlägigen Literatur. Einen ähnlich hohen Anteil mit 11.800 Titeln besitzt die Literatur aus dem 17. Jh (9800 zur Theologie, 2000 zur Kirchengeschichte). Diese Größenordnung wird im 18. Jh mit 12.000 Titeln (8500 zur Theologie, 3500 zur Kirchengeschichte) und im 19. Jh mit 12.800 Titeln (7300 zur Theologie, 5500 zur Kirchengeschichte) nur unwesentlich überschritten.

2.122 Die Sprachverteilung zeigt für das 16. und 17. Jh einen überdurchschnittlich hohen Anteil deutschsprachiger Literatur (38 Prozent). Das 16. Jh ist mit lateinischen Schriften (60 Prozent), deutschen (38 Prozent) und in sonstigen Sprachen verfaßten Schriften (2 Prozent) vertreten. Auch im 17. Jh überwiegen die lateinischen Schriften (55 Prozent), gefolgt von den deutschen (38 Prozent). In kleinerer Zahl ist außerdem französische Literatur (3 Prozent) sowie italienische, niederländische, englische und sonstige (jeweils ein Prozent) vorhanden. Im 18. Jh wächst der Anteil der deutschen Schriften auf 53 Prozent, der französischen auf 7 Prozent und der italienischen und englischen jeweils auf 2 Prozent. Demgegenüber sinkt der Anteil der lateinischen Schriften auf 33 Prozent, während die Zahl der niederländischen Titel bei einem Prozent stagniert. Im 19. Jh ist die Zahl der deutschsprachigen Schriften auf 82 Prozent angewachsen, entsprechend geringer ist der lateinische Bestand (7 Prozent), der französische (5 Prozent), englische (4 Prozent) und italienische (ein Prozent).

Cordula Wollny-Tamborini

2.123 In diesem reichhaltigen Bestand sind Quellen und Primärliteratur zu allen Epochen der Theologie- und Kirchengeschichte vorhanden. Besonders gut vertreten sind die Bibeln ( s. u. 2.202-2.210), die spätmittelalterliche Theologie (s. Inkunabelsammlung, 2.199) und dabei besonders die Werke Girolamo Savonarolas, die Literatur der Reformationszeit und des (vor allem württembergischen) Pietismus. Hierzu gehören u. a. eine auf Vollständigkeit angelegte Sammlung der württembergischen und aus Württemberg stammenden Reformatoren (wie z. B. Johannes Brenz, Johannes Oecolampadius oder Urbanus Rhegius) und der württembergischen " Väter" Johann Albrecht Bengel, Friedrich Christoph Oetinger, Philipp Matthäus Hahn, Ludwig Hofacker und Johann Christoph Blumhardt sowie eine umfassende Swedenborg-Sammlung ( s. u. 2.151).

Peter Amelung

2.124 Theologische Literatur befindet sich, abgesehen von den alten Fächern " Theologie" und " Kirchengeschichte", bei den Inkunabeln ( s. u. 2.199), in der Hofbibliothek (290 Titel aus dem 16. Jh, 240 aus dem 17. Jh und 180 aus dem 18. Jh) und in der 1939 übernommenen Ellwanger Bibliothek (230 Titel, hauptsächlich 17. Jh). Material zur württembergischen Theologie bietet die Sammlung des Blumhardt- und Oetinger-Archivs, Literatur zur " Neuen Kirche" die Swedenborg-Sammlung ( s. u. 2.151-2.153). Zu berücksichtigen ist ferner die Sammlung der Familien- und Leichenpredigten, die rund 25.000 Predigten des 16. bis 19. Jhs enthält und eine wichtige Quelle für die Personen- und Familienforschung darstellt. Die Predigten behandeln vorwiegend Personen württembergischer Abstammung, reichen jedoch z. T. auch weit über den südwestdeutschen Raum hinaus.

2.125 Die evangelische Theologie wird stark von der lutherischen Richtung geprägt und überwiegt die katholische Theologie um ein Vielfaches. Das Größenverhältnis beträgt annähernd 4 zu 1, bezogen auf das 16. bis 19. Jh. Angesichts des absoluten Umfangs von über 50.000 Titeln ergibt sich demnach auch für die katholische Theologie ein beachtlicher Bestand, der vor allem auf die einverleibten ehemaligen Klosterbibliotheken zurückgeht. Theologie-Bestand 16. Jahrhundert

2.126 Der Bestand des 16. Jhs mit ca. 12.000 Titeln besteht etwa zur Hälfte aus Reformations- und kontroverstheologischen Schriften. Von den Reformatoren sind dabei in besonderem Umfang vertreten: Martin Luther mit mehr als 1500 Titeln im 16. Jh ohne die Ausgaben seiner Bibelübersetzung, Philipp Melanchthon mit ca. 510 Schriften aus dem 16. Jh sowie der Württemberger Johannes Brenz mit ca. 320 Schriften aus dem 16. Jh und 4 Titeln aus dem 17. Jh.

2.127 Weitere Schwerpunkte bilden die humanistische Literatur, so Erasmus mit 509 Titeln aus dem 16. Jh, 74 Titel aus dem 17. Jh, 29 aus dem 18. Jh; Ulrich von Hutten 74 aus dem 16. Jh, 4 aus dem 18. Jh; Juan Luis Vives mit 63 Titeln aus dem 16. Jh, 4 Titel aus dem 17. Jh. Dazu gehört auch der umfangreiche bibelwissenschaftliche Bestand mit ca. 1000 Titeln. Vorhanden sind Kommentare zu allen biblischen Büchern, Einleitungen und Abhandlungen zu Fragen der Hermeneutik, aber auch volkstümliche Bibelauslegungen und, besonders häufig, Schriften zum Hohenlied und den Psalmen Davids. Schriften von Frauen sind u. a. von Caterina da Siena (2 Titel), Gertrud der Großen von Helfta (2) und Elisabeth, Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg (einer) erhalten.

2.128 Die kirchengeschichtliche Literatur ist mit ca. 1500 Titeln vertreten, wobei die Schriften zur Konziliengeschichte (vor allem Tridentinum) sowie Quellen zur Kirchengeschichte überwiegen. Vorhanden sind u. a. die Annales ecclesiastici von Cesare Baronio in 4 verschiedenen Ausgaben, ferner die kirchengeschichtliche Chronik von Caspar Hedio.

2.129 Die Literatur zur Papstgeschichte umfaßt ca. 40 Titel und enthält Bullen von Papst Julius II., Schriften von Gregor I. (Magnus), Gregor XIII., Pius V. u. a. Ein häufig vertretener Autor ist Bartholomaeus Platina. Neben hagiographischen Schriften von Jean Crespin, Laurentius Surius und Antonio Gallonio sind zeitgenössische Lebensbeschreibungen und Biographien u. a. zu Melanchthon, Calvin und Luther vorhanden.

2.130 Zur homiletischen Literatur gehören ca. 600 Predigtsammlungen (darin sind die Predigten der Hauptreformatoren nicht enthalten), u. a. Johannes Mathesius (29 Titel), Tilemann Heshusius (41) und Johann Geiler von Kaysersberg (62). In nennenswertem Umfang sind außerdem Bücher zur Katechese (ca. 100), Liturgie (ca. 120, darunter viele regionale Gesangbücher) und Praktischen Theologie (Erasmus Sarcerius 23, Andreas Gerhard Hyperius 21) vorhanden.

Literatur der Reformationszeit

2.131 Deutsche Reformation. Knapp 50 Prozent der Literatur des 16. und 17. Jhs zählt zu den Reformations- und kontroverstheologischen Schriften. Zu diesem Material gehören die Flugschriften des frühen 16. Jhs, ca. 200 Bekenntnisschriften (württembergische Kirchenordnung, Augsburger Konfession) sowie katholische, evangelische und innerprotestantische Streitschriften (Abendmahlsstreit).

2.132 Von den deutschen Reformatoren sind neben Luther, Melanchthon und Brenz (s. o. 2.126) ebenfalls gut dokumentiert: Nicolaus von Amsdorf (24 Titel), Ambrosius Blarer (14), Andreas Bodenstein (55), Martin Bucer (84), Johannes Bugenhagen (86), Joachim Camerarius (75), Wolfgang Capito (19), Veit Dietrich (26), Johannes Eberlin (31), Matthias Flacius Illyricus (131), Heinrich von Kettenbach (14), Johannes Oecolampadius (80), Andreas Osiander (63), Jakob Otter (10), Urbanus Rhegius (84), Kaspar Schwenckfeld (130) sowie Michael Stifel (12).

2.133 Von den katholischen Theologen der Reformationszeit, besonders aus dem südwestdeutschen Raum und Württemberg, sind Johannes Cochlaeus (76 Titel), Johannes Eck (73), Thomas Murner (21 Titel aus dem 16. Jh, 18 Titel aus dem 19. Jh) und Hieronymus Emser (25) zu nennen. Von Emser besitzt die Bibliothek das einzige nahezu vollständige Exemplar einer Übersetzung des Neuen Testaments ins Niederdeutsche. An weiteren katholischen Kontroverstheologen der Reformation sind vertreten u. a. Thomas Cajetan (18 Titel), Friedrich Nausea (19), Kaspar Schatzger (32), Friedrich Staphylus (20) und Georg Witzel (74).

2.134 Bisher noch wenig beachtet ist das Schrifttum von Frauen der Reformationszeit. Die Bibliothek besitzt aus dieser Zeit einige Schriften, in denen sich Frauen über die neue Lehre, ihre Vorstellungen von einem christlichen Leben und dem evangelischen Glauben zu Wort melden. Als Publizistinnen sind vertreten Argula von Grumbach von Stauffen (6 Titel), Katharina Schütz (2), Barbara von Freyberg sowie die Ordensfrau und Humanistin Caritas Pirckheimer mit einer posthum erschienenen Schrift aus dem Jahre 1610.

2.135 Deutsche Gegenreformation. Die evangelische Theologie der Gegenreformation ist stark von der Polemik gegen die Calvinisten geprägt. Hier sind die Lutheraner Jakob Andreae (144 Titel), Leonhard Hutter (34) und ihre württembergischen Mitstreiter Aegidius Hunnius (65 Titel 16. Jh, 25 Titel 17. Jh), Jacob Heilbrunner (24) und Wilhelm Holder (12) zu nennen. Vertreter der lutherischen Richtung sind allgemein besonders zahlreich, z. B. Johann Valentin Andreae (96), Abraham Calov (44), Johann Michael Dilherr (51), Jacob Heerbrand (56) und Caspar Huberinus (15).

2.136 Der Anteil an reformierten Theologen ist vergleichsweise niedrig. Vorhanden sind Schriften von David Pareus (19 Titel), Johann Piscator (30) und Nicolaus Selneccer (40). Breiten Raum nehmen die innerprotestantischen Auseinandersetzungen ein, die eine Flut von Publikationen auslösten. Gut dokumentiert ist u. a. der synkretistische Streit; vorhanden sind Schriften von Georg Calixt (68 Titel), Martin Chemnitz (68), Martin Crusius (71), Johann Konrad Dannhauer (67) und Peter Haberkorn (10).

2.137 Die antireformatorischen Schriften sind vornehmlich durch die jesuitische Kontroversliteratur repräsentiert, so Roberto Bellarmino (22 Titel des 16. Jhs, 58 des 17. Jhs, 9 des 18. Jhs), Jakob Gretser (18 Titel des 16. Jhs, 66 des 17. Jhs, 21 des 18. Jhs), Petrus Canisius (16 Titel des 16. Jhs, 5 des 17. Jhs, 17 des 18. Jhs, 13 des 19. Jhs). Darunter befinden sich gegen württembergische Theologen gerichtete Schriften von den Jesuiten Georg Scherer (26 Titel), Gregor Valentia (23) und Konrad Vetter (8 aus dem 16. Jh, 24 aus dem 17. Jh). Reformation und Gegenreformation im Ausland

2.138 Neben den deutschen Reformatoren sind vor allem die Schweizer gut vertreten, darunter Heinrich Bullinger (87 Titel des 16. Jhs, 12 des 19. Jhs); Calvin (77 Titel des 16. Jhs, 13 des 17. Jhs, einer des 18. Jhs, 13 des 19. Jhs), Joachim Vadianus (26 Titel und Ulrich Zwingli (61 Titel des 16. Jhs, einer des 17. Jhs, 4 des 19. Jhs). Darüber hinaus gehören die reformierten Theologen Benedictus Aretius (12 Titel), Rudolf Gwalter, der Schwiegersohn Zwinglis (60), Ludwig Lavater, der Schwiegersohn Heinrich Bullingers (16), zum Bestand.

2.139 Dokumentiert ist außerdem die Geschichte der schweizerischen Wiedertäufer (Zürich, Bern) sowie Literatur zum Eucharistiestreit u. a. von Johann Jacob Grynaeus (16 Titel). Wenig Reformationsliteratur liegt aus Dänemark vor (Nicolas Hemming 28 Titel) und den Niederlanden (Johannes Drusius 21). Aus Frankreich stammen vor allem antijesuitische Schriften und Erlasse, darunter viele in französischer Sprache; gut vertreten ist u. a. Lambertus Danaeus (23 Titel). England ist durch Thomas Stapleton (13 Titel) und John Fisher (10 in lateinischer Sprache) repräsentiert.

Theologie-Bestand 17. Jahrhundert

2.140 Die theologische Literatur des 17. Jhs umfaßt ca. 11.800 Titel. Knapp die Hälfte davon zählt zum kontroverstheologischen Schrifttum (s. a. 2.131-2.139). Dokumentiert sind sowohl die innerkatholischen Auseinandersetzungen um Jansenismus, Quietismus (François de Salignac de Lamothe Fénelon 45 Titel), als auch die innerprotestantischen Kämpfe, z. B. die Auseinandersetzungen zwischen Reformierten und Lutheranern mit Moses Amyraldus (17 Titel), Albert Grawer (22), Matthias von Hoenegg (70), Melchior Nicolai (18). Hinzu kommt umfangreiches pietistisches Schrifttum von Philipp Jacob Spener (ca. 100 Titel), Johann Conrad Dippel (37), Johann Wilhelm Petersen (ca. 40) und Gottfried Arnold (46).

2.141 Stark vertreten ist die bibelwissenschaftliche und systematische Literatur beider Konfessionen auf katholischer Seite neben Jacques Bénigne Bossuet (41 Titel) unter anderen Augustin Reding (6), Antoine Godeau (15), Giovanni Bona (14); auf protestantischer Seite Casparus Erasmus Brocnd (6), Johann Gerhard (ca. 90), Hugo Grotius (ca. 60), Johann Himmel (21), Andreas Rivetus (10) und aus Württemberg Matthias Hafenreffer (33).

2.142 Mit ca. 1200 Predigtwerken ist die Homiletik im 17. Jh repräsentiert (Zählung ohne Leichen- und Familienpredigten). Vorhanden sind u. a. zahlreiche Predigten von Johann Foerster, Johann Heinrich Ursin sowie Conrad Dieterich. Dieterichs Predigtsammlungen bieten z. B. für die Sprachforschung reichlich Material an seltenen Sprichwörtern, sprichwörtlichen Redewendungen, Anspielungen und Vergleichen.

2.143 Bei der kirchengeschichtlichen Literatur (ca. 2000 Titel) steht die Kloster- und Ordensgeschichte im Vordergrund. Aubert Miraeus ist mit 26 Werken vertreten, Schriften zur Geschichte des Benediktinerordens stammen u. a. von Carl Stengel, Gabriel Bucelin und Lucas Holste. Literatur zum Zisterzienserorden von Crisostomo Henriquez und Angel Manrique, zum Jesuitenorden u. a. Daniello Bartoli (SJ).

2.144 Die Jesuitenliteratur ist im 17. Jh gut belegt. Neben ihren Hauptvertretern Martin Becanus (45 Titel), Jeremias Drexel (50), Athanasius Kircher (31) gehören u. a. folgende Autoren zum Bestand: Louis Maimbourg, Nicolas Trigault, Matthaeus Rader, Adam Contzen und Christoph Brouwer im Bereich Kirchengeschichte; Gaspar Sanchez (Sanctius), Cornelius a Lapide in der Exegese; in der Kontroverstheologie Laurentius Forer, Carolus Scribanius und Jacob Keller; Max Sandaeus, Theophil Raynaud, Louis Bourdaloue, Nicolas Caussin und Gabriel Vasquez mit aszetischen und anderen Werken. Unter den Sammelwerken befinden sich die Acta Sanctorum (1643-1867).

2.145 Vorhanden sind außerdem Werke zu allen Epochen der Kirchengeschichte. Louis Sébastien Le Nain de Tillemonts Mémoires für die ersten sechs Jahrhunderte gehören (in zwei französischen Ausgaben) ebenso zum Bestand wie die Kirchengeschichte des 12. bis 17. Jhs von Henricus Spondanus und Abrahamus Bzovius sowie Literatur zur Kirchengeschichte des Alten und Neuen Testaments von Jacob Salianus (SJ) und Johann Heinrich Hottinger. Hinzu kommen zahlreiche Werke zur Reformations- und Länderkirchengeschichte, u. a. Ferdinando Ughellis Italia sacra in verschiedenen Ausgaben. Aus der Bibliothek Joseph Uriots stammt die Reformationsgeschichte der englischen Kirche von Gilbert Burnet sowie die Kirchengeschichte von Balthasar Bebelius.

2.146 Überschneidungen ergeben sich bei der religiös-erbaulichen Literatur. In diesem Bereich finden sich auch einige Texte von Frauen. Mit geistlichen Liedern sind z. B. Catharina Regina von Greiffenberg (3 Titel) und Magdalena Sibylla von Württemberg (4) nachgewiesen, vorhanden sind außerdem einzelne Schriften von Ursula, Herzogin zu Württemberg und Anna Sophia, Landgräfin zu Hessen.

2.147 Breiten Raum nimmt die Kirchenlied- und Psalmen-Dichtung ein. Häufig vertretene Autoren sind Ahasverus Fritzsch (63 Titel), Willem van Haeght und Ambrosius Lobwasser. Neben den erbaulichen Schriften, u. a. von Valerius Herberger (25) und Erasmus Francisci (45), ist insbesondere auf eine beachtenswerte Sammlung von Jesuitendramen hinzuweisen. 57 Dramen stammen aus dem 17. Jh, 162 aus dem 18. Jh, der größte Teil in lateinischer Sprache.

2.148 Zur Katechetik zählen ca. 150 Titel; dazu gehören Katechismen in verschiedenen Sprachen, regionale Katechismen, u. a. evangelische Kinderlehren aus Tübingen, Stuttgart und Lindau. Überschneidungen erfolgen bei der Pädagogik (s. 2.90); so befinden sich z. B. etliche der 51 Schriften des Predigers und Schulschriftstellers Johannes Amos Comenius in diesem Fach. Im Vergleich zum 16. Jh haben insbesondere die liturgischen Schriften (ca. 250) sowie die Schriften zur Praktischen Theologie und Seelsorgearbeit zugenommen. Gut vertreten sind Richard Baxter (34) und Johann Ludwig Hartmann (41).

Theologie-Bestand 18. Jahrhundert

2.149 Auf das 18. Jh entfallen ca. 12.000 Titel. Die kirchengeschichtliche Literatur hat dabei im Vergleich zu den vorhergehenden Jahrhunderten eine deutlich wachsende Tendenz (ca. 3500 Titel). Die Zahl der systematischen Schriften ist demgegenüber rückläufig und sinkt auch im 19. Jh weiter. Das Gedankengut der Aufklärung spiegelt sich im Bestand, der sowohl die kritischen Arbeiten der evangelischen Theologie des 18. Jhs enthält, vertreten durch Autoren wie Johann Georg Rosenmüller (13), Johann Salomo Semler (ca. 30), Christoph Matthäus Pfaff (60), Johann Friedrich Flatt (21) und Johann David Michaelis (40), als auch die Schriften der katholischen Aufklärung. Hervorzuheben sind Martin Gerbert, Fürstabt von St. Blasien, mit 36 Schriften, sowie die Autoren von Standardwerken der katholischen Theologie.

2.150 Einen Sammelschwerpunkt bildet die Literatur des Pietismus, insbesondere das württembergische Schrifttum mit hoher Vollständigkeit der Autoren neben Johann Albrecht Bengel (68 Titel) und Friedrich Christoph Oetinger (81) u. a. die Württemberger Philipp Matthäus Hahn (22), Philipp Friedrich Hiller (52) sowie Samuel Urlsperger (32). Umfangreich vertreten ist ebenfalls August Hermann Francke mit insgesamt 170 Schriften und der sich um ihn bildende Kreis mit Johann Jacob Rambach (35), Aegidius Günther Hellmund (10), Joachim Lange (29) und dem Francke-Zögling Nicolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (53).

2.151 Als Sondersammlung kann die Swedenborg-Sammlung gelten, die auf ein Legat des Jahres 1926 zurückgeht ( s. o. 1.22). Der Vorbesitzer, Johann Gottlieb Mittnacht (1831-1892), war nächst Johann Friedrich Immanuel Tafel (1796-1863) der bedeutendste Swedenborgianer und Herausgeber von Swedenborgiana in Deutschland. Die Sammlung ergänzte den bereits vorhandenen Pflichtexemplarbestand. Sie umfaßt neben einem umfangreichen handschriftlichen Nachlaß und Bildmaterial nahezu sämtliche Erstausgaben der Werke Swedenborgs im 18. Jh; davon sind die naturwissenschaftlichen Werke im Oktavformat verbrannt. Sie sind weitgehend durch moderne Faksimile-Ausgaben ersetzt.

2.152 Die Sammlung umfaßte 1988 56 Ausgaben aus dem 18. Jh, davon 25 in lateinischer, 16 in deutscher, 13 in französischer und 2 in englischer Sprache. Editionen und Übersetzungen des 19. Jhs belaufen sich auf 246 Titel, davon 56 lateinische, 80 deutsche, 41 französische, 68 englische und ein schwedischer.

2.153 Naturgemäß ist die Sekundärliteratur über Swedenborg sowie die dogmatische, liturgische und apologetische Literatur der Neuen Kirche zahlreicher. Die Sammlung gewinnt ihren Wert u. a. durch die im deutschen Sprachraum einmalige Geschlossenheit an neukirchlichem Schrifttum. Neben den Monographien sind auch mehrere seltene Zeitschriften zu erwähnen. Die meisten Titel wurden im Jahr der Übernahme der Sammlung (1926) der Fachgruppe Theologie und Kirchengeschichte zugeordnet. Neben 3 deutschen und je 2 englischen und französischen Titeln aus dem 18. Jh liegt der Schwerpunkt in der Blütezeit der Neuen Kirche Englands und Amerikas im 19. Jh mit 283 englischen Titeln, 49 deutschen, 23 französischen und einem schwedischen.

2.154 Vornehmlich im Bestand Theologie und Kirchengeschichte finden sich zudem 45 Zeitschriften: 26 englische, 9 deutsche, je 4 dänische und schwedische sowie eine französische und italienische. Zwei englische Zeitungen sind verbrannt. Pädagogisches Schrifttum wurde in die Fachgruppe " Pädagogik" bzw. " Päd.J." aufgenommen. Dort finden sich weitere 27, meist englische Titel.

2.155 Mittnachts Bibliothek umfaßt weiterhin Literatur zu allen Wissensgebieten, die teilweise mit der swedenborgischen Korrespondenzlehre, so etwa zur Homöopathie, in Verbindung zu bringen sind. Einige Titel, die man dem Augenschein nach der Philosophie zugeordnet hatte, sind verbrannt.

2.156 Bei den Traktatschriften ist ein bemerkenswerter Anstieg zu verzeichnen. Waren es im 16. Jh noch 120 und im 17. Jh 360 belehrende Schriften, so steigt ihre Zahl im Zeitalter der Aufklärung auf über 600 an. Parallel dazu ist die Zahl der Predigtwerke auf ca. 720 gesunken. Zu den Predigern des schwäbischen Pietismus zählen u. a. Georg Conrad Rieger (39 Titel), Magnus Friedrich Roos (45) und Johann Andreas Gramlich (14).

2.157 Vorhanden ist ferner die zeitgenössische Literatur des 18. Jhs zur romanischen, englischen und deutschen Mystik wie auch Texte früherer Autoren, z. B. Maria von Agreda (5 Titel). Mystische Autoren und Autorinnen des 18. Jhs sind mit Jeanne Marie de la Motte Guyon (16 Titel), Jane Leade (17) sowie Pierre Poiret (18) vertreten. Aus dem 17. Jh sind u. a. Texte von Jacob Boehme und Theresia von Avila (6) erhalten. Aus dem 16. Jh stammen Schriften von Johann Tauler, Hildegard von Bingen (3 Titel aus dem 16. Jh, 2 aus dem 17. Jh), Antoinette Bourignon (5) sowie u. a. von dem Niederländer Dionysius Carthusianus 2 Inkunabeln und 36 Titel des 16. Jhs.

2.158 Mit ca. 200 hauptsächlich französischen, lateinischen und deutschen Titeln ist die Kloster- und Ordensgeschichte repräsentiert. Autoren sind u. a. Jean Mabillon (22 Titel), Lucas Wadding, Stephan Alexander Würdtwein und Johann Georg Leuckfeld (33). Vorhanden sind ferner die großen Darstellungen zur Kirchen- und Dogmengeschichte von Claude Fleury (21 Titel), Augustin Calmet (23), Johann Lorenz Mosheim (35), Johann Georg Walch (14), seinem Sohn Christian Wilhelm Franz Walch (21) sowie Johann Matthias Schroeckh (7). Zu erwähnen sind außerdem die großen Länderkirchengeschichten von Frankreich (Denis de Sainte-Marthe), Spanien (Henrique Florez), Österreich, Deutschland (Sigismund Calles, SJ), den Niederlanden und Dänemark (Erich Pontoppidan).

2.159 Angewachsen ist im 18. Jh auch die Literatur zur Reformationsgeschichte. In den Schriften von Johann Christian Wibel und Johann Georg Schelhorn wird speziell die württembergische Reformationsgeschichte behandelt. Bereits aus den Anfängen der Reformationsgeschichtsschreibung besitzt die Bibliothek von Johannes Sleidanus 46 Schriften aus dem 16. Jh.

2.160 Aus dem 18. Jh liegt eine große Zahl jüdischer Schriften vor. Hierzu gehört die Geschichte der Juden von Jacques Basnage ebenso wie ein Thesaurus (1744-1769) über hebräische Altertümer, Musik und Archäologie von Blasio Ugolino sowie Schriften zur pietistischen Judenmission.

2.161 Die Erbauungsliteratur, die Literatur zur Katechetik, Liturgie und Praktischen Theologie ist im Vergleich zum 17. Jh konstant geblieben. Vorhanden sind viele Kinder-Bibeln und Kinder-Katechismen, so die biblischen Historien für die Jugend und Volksschulen von Johann Hübner, der mit insgesamt 71 Titeln vertreten ist.

2.162 Beim ausländischen Schrifttum überwiegt in der kirchengeschichtlichen Literatur neben dem Französischen die italienische Sprache, die systematischen Schriften sind vornehmlich in französischer und englischer Sprache (Benjamin Kennicott, William Warburton).

Theologie-Bestand 19. Jahrhundert

2.163 In der Literatur des 19. Jhs (ca. 12.800 Titel) ist die Theologie des aufgeklärten Rationalismus prägend; z. T. kommt es zu Überschneidungen mit der Philosophie (s. 2.101). Vertreten sind die Schriften der historisch-kritischen Schulen, die Autoren der katholischen Tübinger Schule durch Johann Baptist von Hirscher (32 Titel), Johann Adam Moehler (14) sowie Carl Joseph Hefele (20), die evangelische Tübinger Schule durch Ferdinand Christian Baur (40), David Friedrich Strauß (44), darüber hinaus Heinrich Julius Holtzmann (16), Franz Volkmar Reinhard (18) sowie Wilhelm Martin Leberecht de Wette (25). Auf die vorgenannten Autoren geht ebenfalls eine große Zahl der ca. 150 Hand- und Lehrbücher zurück.

2.164 In der evangelischen Bibel-Exegese des Alten Testaments sind Franz Delitzsch (30 Titel), Ferdinand Hitzig (20), Carl Friedrich Keil (21), Robert Kübel (38) sowie Heinrich August Wilhelm Meyer mit ca. 40 Schriften sehr zahlreich belegt. Weniger Literatur liegt dagegen zur katholischen Exegese vor.

2.165 Neben den Schriften zur Neuen Kirche (s. o. 2.153) ist die Erweckungsbewegung in Deutschland gut dokumentiert. Hierzu gehören Autoren wie Ernst Wilhelm Hengstenberg (15 Titel), Wilhelm Loehe (23) und in besonderem Umfang die Württemberger Christian Adam Dann (59), Ludwig Hofacker (23), Sixt Karl Kapff (91) sowie Christian Gottlob Barth (150). Barths belehrendes Schrifttum prägte nachhaltig die missionarisch biblische Frömmigkeit in Württemberg. Seine Christliche Kirchengeschichte ist in zahlreichen Übersetzungen vorhanden (darunter Surinamisch, Hindu, Tamil und Armenisch); dasselbe gilt für seine Zweimal 52 biblische Geschichten.

2.166 Die kirchengeschichtliche Literatur des 19. Jhs (ca. 5500 Titel) umfaßt die großen Gesamtdarstellungen und Sammelwerke, u. a. die Universalgeschichte der katholischen Kirche von René François Rohrbacher, das Lexikon der Kirchengeschichte in italienischer Sprache von Gaetano Moroni, sowie von Migne die Patrologia Graeca und Patrologia Latina. Diese Sammlung der Schriften von " Kirchenvätern" enthält auch zahlreiche Frauen-Schriften.

2.167 Die Literatur zur Reformationsgeschichte ist im 19. Jh auf ca. 400 Titel angewachsen. Behandelt wird u. a. die Reformationsgeschichte einzelner Länder (Deutschland, England, Frankreich, Spanien, Polen, Schweiz) sowie vieler schweizerischer und württembergischer Städte. Zur englischen Reformationsgeschichte sind 45 englische Schriften der Parker Society sowie Schriften von John Strype zu nennen. Reformationsgeschichte aus evangelischer Sicht liegt vor mit Jean Henri Merle d'Aubigné (7 Titel), Carl Rudolph Hagenbach (17) sowie Heinrich Heppe (22). Aus katholischer Sicht ist lediglich Literatur zur Geschichte der Gegenreformation von August Theiner (25) vorhanden. Die katholische Kirchengeschichtsschreibung wird u. a. durch Anton Joseph Binterim (6 Titel), Johann Joseph Ignaz Döllinger (27) und Johann Friedrich (13) dokumentiert.

2.168 Die Kloster- und Ordensgeschichte ist mit ca. 250 Titeln belegt, darunter viel zur Geschichte einzelner Klöster, zahlreiche Urkundenbücher und Chroniken etc. Ein ähnlich guter Bestand findet sich bei den Judaica (ca. 350 Titel). Vorhanden ist neben Kleinschrifttum u. a. eine kritische Gesamtdarstellung der Geschichte des jüdischen Volkes von Georg Heinrich August Ewald, die Geschichte der Juden von Hirsch Heinrich Graetz, außerdem Regesten zur Geschichte der Juden in Deutschland, Schriften über jüdische Speisegesetze, Zeremonien etc. und ebenso auch antisemitisches Schrifttum (Thomas Frey).

2.169 Zur Papstgeschichte gehören ca. 140 Titel. Im Bestand sind die Regesten Clemens' V. (1305-1314), die Akten Papst Leos XIII. (1881-1905), 28 Bde Schriften über Pius V., Bonifaz VIII., Pius IX., Gregor V., Clemens II. und Hadrian VI., ferner etliche Streitschriften über die Legende von der Päpstin Johanna.

2.170 Die homiletische Literatur umfaßt ca. 1250 Predigtwerke (Zählung ohne Leichen- und Familienpredigten), darunter viele württembergische Autoren wie Carl August Auberlen, Carl Gottlieb Burk und Christian Palmer. Die liturgischen Schriften sind mit ca. 780 Titeln besonders zahlreich dokumentiert, gemessen am 17. und 18. Jh mit jeweils 250 Titeln. Autoren sind u. a. Ferdinand Probst (21 Titel) und der Württemberger Michael Hahn (25). Hervorzuheben ist die große Zahl der Andachts- und Gesangbücher. Hinzu kommen außerdem ca. 280 überwiegend katholische Spruch- und Gebetbücher und ebensoviele katechetische Schriften, so u. a. von Adolf Friedrich Schmidt zur Methodik der württembergischen Kinderlehre.

2.171 Religiöse Lyrik und erbauliche Schriften sind im 19. Jh mit ca. 270 Titeln repräsentiert, Autoren sind u. a. Friedrich Karl Gerok und Victor August Jaeger. Zur theologischen Literatur zählen außerdem ca. 700 Biographien und Lebensbeschreibungen (deutsche und schweizerische Reformatoren, Kirchenväter, Nonnenviten). Periphere Themen sind im 18. und 19. Jh das Freimaurertum (20 Titel des 18. Jh, 40 des 19. Jhs). Wenig Literatur liegt zur Inquisition (3 Titel des 16. Jhs, 12 des 17. Jhs, 10 des 18. Jhs und 30 des 19. Jhs) und zur Hexenverfolgung vor.

2.172 In besonders großer Zahl vertreten sind das Kleinschrifttum und populärwissenschaftliche Darstellungen im weitesten Sinne. Diese Ephemera bieten vielfältiges Material z. B. im Hinblick auf die Kultur- und Geistesgeschichte des Landes, zum Frauenbild in der Theologie usw. Unter dem Ordnungswort " Beschreibung" verbirgt sich z. B. eine Erörterung über die gesellschaftliche Stellung der Frau im 17. Jh mit dem Titel Gründ- und probierliche Beschreibung, Argument und Schlußartikel belangend die Frag, ob die Weiber Menschen seien oder nicht? meistentheils aus hl. Schrift (1619). Eine andere Schrift behandelt die weibliche Anatomie aus theologischer Sicht unter dem Titel Daß die bloße Brüste/ seyn ein groß Gerüste/viel böser Lüste. Wird dem züchtigen Frauen-Zimmer zu Ehren ... erwiesen (1686). Im 18. Jh beschäftigen sich theologische Autoren u. a. mit der Frage, wie sich Frauen zu kleiden haben (Ordnungswort " Fontangen") oder was diese tun oder lassen sollen. Zum Thema " Frauen" finden sich ca. 80 Titel in der theologischen Literatur des 16. bis 19. Jhs.

2.173 Der theologische Zeitschriftenbestand umfaßt ca. 120 Titel, ein Drittel davon kirchengeschichtliche Zeitschriften, überwiegend aus dem 19. Jh. Vorhanden ist u. a. die Tübinger Theologische Quartalschrift (1819-1929), hrsg. von Gratz, Drey, Herbst und Hirscher sowie die Zeitschrift für Protestantismus und Kirchengeschichte, hrsg. von Gottlieb Christoph Adolph von Harleß (1838-1876). Aus dem 19. Jh stammen viele Missionszeitschriften, die Evangelische Kirchenzeitung (1857-1911), die Allgemeine Kirchenzeitung (1823-1871) und die Historisch-politischen Blätter für das katholische Deutschland (1838 ff.). Aus dem 18. Jh ist lediglich das Journal für Prediger (1770-1795) sowie die von Heinrich Adolph Grimm herausgegebene Unterhaltungsschrift für Theologen Stromata (1787-1788) zu nennen.

Cordula Wollny-Tamborini

Württembergica (Geschichte und Recht)

2.174 Durch die Pflichtablieferung der im Lande ansässigen Verlage ist die Bibliothek seit eh und je Archivbibliothek des im Lande entstandenen Schrifttums. Als württembergische Landesbibliothek sammelt sie außerdem umfassend und mit dem Ziel absoluter Vollständigkeit die Literatur über das Land. Parallel zu ihrem einschlägigen Bestand wird die landeskundliche Literatur von ihren Anfängen an in der 1895 vom damaligen Oberbibliothekar Wilhelm Heyd (1823-1906) begründeten Bibliographie der württembergischen Geschichte verzeichnet. Bis 1929 wurde die historische und juristische Literatur zu Württemberg in zwei separat aufgestellten Fächern (württembergische Geschichte und württembergisches Recht) gesammelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg übernahm das neugebildete Fach AH (Heimatkunde) bis Ende der sechziger Jahre diese Funktion. Seither wird landeskundliche Literatur (außer im Hauptlesesaal und der Handbibliothek Auskunft) nicht mehr separat aufgestellt.

Peter Amelung

Württembergische Geschichte

2.175 Aus dem 16. Jh stammen 180 Werke (113 deutsch, 66 lateinisch). Im Bestand der ehemaligen Hofbibliothek befinden sich Erlasse von Ferdinand I., dem deutsch-römischen Kaiser, und Ulrich, Herzog von Württemberg, sowie Privilegbestätigungen Karls V. Rund 320 Titel gehören dem 17. Jh an ( u. a. von Christoph Besold, Erhard Cellius, Esaias van Hulsen, Thomas Lans, Johann Oettinger, Johannes Trithemius und Weckherlin).

2.176 Aus dem 18. Jh stammen 740 Titel (570 deutsch, 130 lateinisch, 30 französisch), darunter Schriften von Karl Eugen und seinem Bibliothekar Joseph Uriot (10), von Gottfried Daniel Hoffmann, Johann Jacob Moser, Johann Ulrich Pregitzer und Christian Friedrich Sattler.

2.177 Zu den rund 2100 Werken des 19. Jhs kommen ca. 4000 Kapselschriften zur württembergischen Geschichte. Dazu zählen lokalgeschichtliche Berichte (über Brände, Festumzüge, Heilquellen), Jahresberichte von Vereinen, Gymnasien, Handelskammern, rund 100 Ausstellungskataloge von Stadtjubiläen, Adreßbücher, 150 Beschreibungen der Oberämter verschiedener Städte, Einwohnerlisten, Dienstalterslisten, Kirchenblätter und Kirchenregister, z. B. von Calw 1774-1909, von Stuttgart 1692-1848, Kursbücher der Staatseisenbahnen und schließlich die Rang- und Quartierliste des XIII. Königlich-Württembergischen Armeekorps 1873-1912.

Cornelia Blasberg-Hornauer

Württembergisches Recht

2.178 Das alte Fach " Wirtembergisches Recht" umfaßt ca. 4300 Schriften, wobei es schwerpunktmäßig Literatur für die praktische Rechtsanwendung sowie Württembergica enthält. Die Literatur ist fast ausschließlich in deutscher Sprache (99 Prozent) und reicht von vollständigen Gesetzessammlungen bis zu Beköstigungs- und Beförderungsvorschriften für Beamte sowie Eingaben und Bittgesuche vornehmlich zum Eisenbahnbau.

2.179 Aus dem 16. Jh stammen 60 Titel (5 lateinisch, 55 deutsch), u. a. der mit Herzog Ulrich von Württemberg geschlossene sogenannte Tübinger Vertrag von 1515, der die Grundlage der altwürttembergischen Verfassung bildet. Das 17. Jh ist mit 150 Titeln vertreten (25 lateinisch, 125 deutsch). Vorhanden sind u. a. Schriften zum Landrecht (Christoph Besold), eine lateinische Schrift zum Frauenrecht von Joachim Wibel sowie 2 Gesetzessammlungen mit Hofgerichts-, Forst-, Wilderer-, Bau-, Ze- hend-, Herbst-, Zoll-, Brotbeschauer-, Post-, Metz- ger-, Landmeß- und Eich-Ordnungen.

2.180 Der Bestand des 18. Jhs zählt ca. 500 Titel (20 lateinisch, 480 deutsch), wobei die Stadtordnungen der freien Reichsstädte zusammen mit den zahlreich erlassenen Bau- und Brandschutz-Ordnungen (120) breiten Raum einnehmen. Aus dem 19. Jh stammen 3600 Titel, darunter lediglich 2 lateinische und 5 französische Schriften, die Verträge mit Frankreich betreffen.

2.181 Im einzelnen gliedert sich der Bestand des 16. Jhs (insgesamt 60 Titel) auf in 15 Bau-, Polizei- und Feuerlösch-Ordnungen, 10 Kirchen-Ordnungen, 6 Regelungen zum Landrecht, 5 Holz- und Forst-Ordnungen sowie 3 Ehe-Ordnungen und jeweils eine Schul- und Bergwerks-Ordnung. Unter den 5 lateinischen Schriften befinden sich 2 Statuten des Tübinger Collegium illustre von 1597 und 1598.

2.182 Unter den 150 Werken des 17. Jhs befindet sich z. B. die aus dem Dreißigjährigen Krieg stammende Kapitulationsschrift des Herzogtums Württemberg von 1631 und das 1694 von Eberhard Ludwig erlassene Edikt gegen den Pietismus. Vorhanden sind ferner 14 Kirchen-Ordnungen, Regelungen und Abhandlungen zum Landrecht (Georg Ludwig Lindenspür, Johann Jakob Plebst, Christoph Besold), 6 Hofgerichtsordnungen sowie 5 Zollvorschriften. Von den Bau- und Brandschutz-Verordnungen (25) stammen etliche aus den Reichsstädten Ulm, Schwäbisch Hall und Heilbronn. Der Organisationsgrad der Zünfte läßt sich u. a. an einer Sammlung sämtlicher Handwerksordnungen im Herzogtum Württemberg aus dem Jahre 1686 ablesen.

2.183 Zu den insgesamt 500 Titeln des 18. Jhs gehören Werke zum Landrecht (Johann Heinrich Hochstetter), Pfandrecht (Christian Gottlieb Gmelin), Handbücher zum Erb-, Straf-, Civil- und Eherecht. Neben den Gesetzes- und rechtwissenschaftlichen Schriften (5 Gesetzessammlungen) nehmen die Württembergica breiten Raum ein. Hierzu zählen z. B. 15 Militär-Instruktionen (Exerziervorschriften, Fechtlehren, Schießübungen), 10 Dienstanweisungen für Schreiber und Ortsvorsteher, 7 Schul-Vorschriften sowie die Württembergischen Landtagsschriften, eine Sammlung von 18 Bdn mit zusammen 168 Schriften aus den Jahren 1796-1799. Hinzu kommen ferner Zigeuner-Edikte der Fürsten des Schwäbischen Kreises, ein sogenanntes Zigeuner-Verzeichnis sowie ein auf dem Fall " Hannikel" in Sulz a. N. basierender " Zigeuner-Roman".

2.184 Auf das 19. Jh entfallen 3600 Titel. Neben den Gesetzessammlungen (20 Titel) sind vor allem Handbücher, Leitfaden, Kommentare oder Entwürfe zum Zivilrecht und -prozeß (120), Strafrecht (120), Erbrecht (20), Staatsrecht (Robert von Mohl, Oscar von Sarwey) und Eherecht zu nennen. Hinzu kommen sogenannte Bürger-Handbücher und Volksausgaben (Hermann Bierer, 20 Titel). Verordnungen, Erlasse und Akzise-Gesetze (520 Titel) nehmen breiten Raum ein, ebenso die Bereiche Verwaltung (230), Militär (280) und Verkehr (75). Im Vergleich zum 18. Jh ist die Literatur im 19. Jh auch in Sachen Kirche (175), Schule (130) und Soziales (70) um ein Vielfaches angestiegen.

2.185 Das Thema Kirche umfaßt u. a. Kirchengemeinde-Ordnungen, Besoldungsverhältnisse evangelischer und katholischer Geistlicher, Sonntagsschutz und kirchliche Ehegesetze. Zum Bereich Schule zählen beispielsweise Lehrpläne, Literatur zur Stellung der Volksschullehrer/Volksschullehrerinnen, zu Besoldungsfragen, zum Sozialbereich ( u. a. Sterbeversicherung, Hinterbliebenen-Versorgung, Krankenkasse, Invaliden- und Sterbekassen). Der Umbruch der feudalen Ordnung spiegelt sich in den Ablöse-Gesetzen (65 Titel) wider, die die Ablösung von Leibeigenschaft, Fron und Zehntem regeln.

2.186 Zeitungen und Zeitschriften entfallen fast ausschließlich auf das 19. Jh (23 Titel). Hierzu gehören Gerichtsblätter, Monatsschriften, Jahrbücher, viele Regierungspublikationen ( u. a. das Regierungsblatt für Württemberg, ab 1828) sowie Verhandlungen der Abgeordneten Württembergs (1848-1870).

Zeitschriften und Zeitungen

2.187 Mit wenigen Ausnahmen sind die gesamten älteren Zeitungsbestände bis Erscheinungsjahr 1896 im Krieg verbrannt. Gerettete oder wiederbeschaffte Bestände sind großenteils lückenhaft. Eine Ausnahme bildet der vom ersten Erscheinungsjahr an vollständig vorhandene Schwäbische Merkur (1785-1941), der im Jahre 1952 als Geschenk an die Landesbibliothek kam. Ebenfalls vorhanden ist eine vollständige Reihe der Times (1835-1955) mit Register (1790-1955).

2.188 Von den württembergischen Zeitschriften sind u. a. folgende von ihrem ersten Erscheinungsjahr an erhalten: Blätter für das Armenwesen (1848-1911), Die Bienenpflege (1879-1941/42), Zeitschrift für Vermessungswesen (1872-1944), Gewerbeblatt aus Württemberg (1849-1921) sowie u. a. die Jahrbücher Der Jugendgarten (1876-1958) und Das neue Universum (1880-1929). (Zu einzelnen Zeitungen s. a. die Hinweise bei einzelnen Fächern.)

Cordula Wollny-Tamborini

Sonderbestände und Sondersammlungen

2.189 Die Bibliothek besitzt nur drei Sondersammlungen, die separat aufgestellt sind. Es sind dies die Inkunabelsammlung (s. u. 2.191), die Bibelsammlung (s. 1.4; 2.202) und die Sammlung Borst (s. 1.25; 2.211). Eine Sonderstellung nimmt die Theater- und Ballettsammlung ein, die erst durch die 1970 erworbene Sammlung Niles-Leslie ( s. o. 1.25) zu einer Sondersammlung wurde. Die neu erworbene Sammlung, die durch einen gedruckten Katalog erschlossen ist ( s. u. 3.1), ergänzt den ebenfalls guten Altbestand auf diesem Gebiet ( s. o. 2.118). Zahlreiche weitere Bestände, die den Charakter von Sondersammlungen haben, sind in größere Fächer eingebettet oder auf mehrere Fächer verteilt. Bei der deutschen Literatur gilt dies für die schwäbischen Dichter des 16. bis 19. Jhs und besonders für Hölderlin, dem ein eigenes Archiv gewidmet ist. Bei der italienischen Literatur haben die Dante-, Boccaccio-, Petrarca- und (im 18. Jh) die Parini-Bestände den Rang von Sondersammlungen und werden als solche weiter ausgebaut. Bei der Theologie trifft dies für die Savonarola- und Swedenborg-Sammlungen zu.

2.190 Die zahlreichen Sonderbestände (wie z. B. Dissertationen, Familien- und Leichenpredigten, Hofbibliothek) sind fast durchgängig an den entsprechenden Stellen der Bestandsgeschichte oder Bestandsbeschreibung erwähnt. Nachfolgend wird nur der Bestand an " Musica practica" vorgestellt.

Inkunabelsammlung

2.191 Die Inkunabelsammlung hat den Zweiten Weltkrieg fast unversehrt überstanden. Mit ihren rund 6900 Drucken gehört sie heute zu den größten Inkunabelbeständen in der Welt; in Deutschland nimmt sie den zweiten Platz hinter der Sammlung der Bayerischen Staatsbibliothek ein.

2.192 Während viele der älteren deutschen Bibliotheken, die eine bedeutende Zahl von Inkunabeln besitzen, diesen Schatz im wesentlichen der Säkularisation der Klöster ihrer Region verdanken, ist die Stuttgarter Inkunabelsammlung in ihren Umrissen und Akzenten das Ergebnis planmäßiger Sammlung des Bibliotheksgründers Herzog Karl Eugen. Zusammen mit der Bibelsammlung (s. u. 2.202-2.210) war die Inkunabelsammlung eines seiner Lieblingskinder. Zwar war bereits durch die Einverleibung der 1776 übernommenen Behördenbibliotheken ( s. o. 1.2) ein wertvoller Grundstock vorhanden. Doch erst die gezielten Ankäufe des Jahrzehnts von 1780 bis 1790 formten bis heute das Gesicht der Inkunabelsammlung. 1785 kamen aus der Frommannschen Bibliothek (s. o. 1.4) ca. 300 Inkunabeln; 1786 folgte (nach den beiden Bibelsammlungen) die Erwerbung der überragenden Sammlung des Abbé de Rulle aus Nancy ( s. o. 1.5). Durch diese Sammlung, die fast ausschließlich aus italienischen Drucken des 15. und 16. Jhs bestand (davon annähernd 400 Inkunabeln), erhielt die Stuttgarter Bibliothek auf einen Schlag mehrere Sondersammlungen innerhalb des Fachs der Inkunabeln.

2.193 Zu erwähnen sind außerdem kleinere Inkunabelbestände aus den Bibliotheken Nicolai ( s. o. 1.4), Hermann von der Hardt (1660-1746), aus dessen Hinterlassenschaft der Herzog für 1800 Gulden Hss. und " Monumenta typographica" kaufte ( s. o. 1.4), sowie des Züricher Sammlers Johann Heinrich Heidegger (1738-1823), u. a. seltene Frühdrucke aus Beromünster. Neben dem Kauf geschlossener Sammlungen wurden unter Herzog Karl Eugen zahlreiche Inkunabeln einzeln erworben: meist durch Vermittlung seiner Bücheragenten, unter denen die beiden italienischen Agenten Angelo Maria Bandini (1726-1803), Bibliothekar der Biblioteca Laurenziana in Florenz, und Gaetano Marini (1740-1815), Archivar des Vatikans, besonders rührig waren (s. o. 1.3). Durch diese Käufe hatte die Inkunabelsammlung um 1790 bereits einen Umfang von rund 2000 Drucken. Wilhelm von Humboldt schrieb in seinem Tagebuch der Reise nach Paris und der Schweiz (1789) über einen Besuch der Stuttgarter Bibliothek u. a.: " Das merkwürdigste daran ist die bibel- und die quadrocentisten-sammlung [i. e. Inkunabelsammlung]. ... Die quadrocentisten stehn in Einem zimmer zusammen, und der herzog vermehrt sie noch immer mit eifer". Noch bevor der Zustrom aus den säkularisierten Klöstern in die Bibliothek gelangte, schätzte der Stuttgarter Bibliothekar Wilhelm Petersen (1757-1815) die Zahl der Inkunabeln auf " mehr als 2300".

2.194 Der Zuwachs durch die Säkularisation war, wie bei den Hss., gewaltig. Er dürfte zusammen mit den zunächst in die Königliche Handbibliothek (Hofbibliothek) geflossenen Stücken gut 3000 Inkunabeln betragen haben. Der größte Zuwachs kam aus den Benediktinerklöstern Weingarten und Zwiefalten sowie aus der Deutschordensbibliothek Mergentheim und dem Ritterstift Komburg ( s. o. 1.7, 1.10-1.12, 1.14). Zum Teil waren in den Klosterbibliotheken wieder ganze Privatbibliotheken enthalten, so z. B. in Weingarten die der Tübinger Bibliophilen Ochsenbach oder im Ritterstift Komburg die Bibliothek des Humanisten Oswald von Eck (Egk, † 1573), der seinerseits wieder Erbe der Bibliotheken der Humanisten Rudolf Agricola (1444-1485) und Dietrich von Plieningen (um 1453-1520) geworden war.

2.195 Die Säkularisationszeit brachte der Inkunabelsammlung für lange Zeit den letzten großen Zuwachs. Das ganze 19. Jh hindurch wurde an ihr mehr gesündigt als Gutes getan. Eine Ausnahme bildete der Bibliothekar Immanuel Gottlieb Moser (1790-1846), der sich aber nur wenige Jahre um sie kümmern konnte. Er war im 19. Jh auch der einzige, der im Rahmen der damaligen bescheidenen finanziellen Möglichkeiten an einen weiteren Ausbau der Sammlung dachte. Leider wurde das 1843 von Moser erworbene Exemplar des Mainzer Psalters von 1457 bereits im Jubiläumsjahr 1857 auf königliches Geheiß mit Zustimmung der Bibliothekare an die Königliche Bibliothek in Berlin abgetreten. Es trägt heute noch den Kollationsvermerk Mosers.

2.196 Durch die Vereinigung mit den Inkunabeln der Hofbibliothek (s. o. 1.20) hatte die Inkunabelsammlung schon zu Beginn des 20. Jhs einen Umfang von mehr als 5000 Drucken bekommen. 1928 ergab sich für sie nocls ein Zuwachs altwürttembergischer Provenienz durch die Abgabe alter Drucke aus den evangelischen Seminarbibliotheken Blaubeuren (mit 20 bisher fehlenden Inkunabeln) und Maulbronn ( s. o. 1.22). 1935 kam ein in diesem Umfang gar nicht mehr erwarteter Zuwachs in die Sammlung: Aus dem Tübinger Wilhelmsstift wurden 315 Inkunabeln, die zum größten Teil aus der königlichen Handbibliothek stammten, an die Württembergische Landesbibliothek abgetreten.

2.197 Nach dem Zweiten Weltkrieg, vor allem seit den sechziger Jahren, wurde es wieder möglich, gezielt Inkunabeln zur Ergänzung der Sammlung zu erwerben. Durch den Ankauf der Sammlungen spätgotischer Einbände von Ernst Kyriss (1881-1974) und John Roland Abbey (1894-1969) in den Jahren 1962/63 sowie einer umfangreichen privaten Savonarola-Sammlung (1966) wuchs die Inkunabelsammlung um rund 400 Stücke. Dazu kamen zahlreiche Einzelkäufe in den letzten drei Jahrzehnten. Dadurch beläuft sich der augenblickliche Bestand (einschließlich der Doppelstücke) auf rund 6900 Inkunabeln. Sicher befinden sich noch weitere bisher nicht erfaßte Inkunabeln in Sammelbänden des Altbestands.

2.198 Knapp die Hälfte der rund 250 Druckorte des 15. Jhs sind in der Stuttgarter Sammlung mit Beispielen vertreten, darunter auch einige ausgefallene Druckorte, deren typographische Produkte meist große Seltenheiten darstellen, so z. B. Abbeville, Burgdorf, Cagli, Caselle, Chivasso, Cividale, Fivizzano, Marienthal, Pinerolo, Sant'Orso oder Zinna, um nur einige zu nennen. Selbstverständlich bildet die Produktion der süd- und südwestdeutschen Offizinen einen besonderen Schwerpunkt der Sammlung. Daneben ist vor allem der italienische Frühdruck hervorragend vertreten mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil von Florentiner Inkunabeln, die auf die Sammlung des Abbé de Rulle zurückgehen. Gut ist auch der Bestand an französischen und niederländischen (inzwischen 69 Drucke in 71 Exemplaren) Inkunabeln, während die spanischen schwächer vertreten sind. Arm hingegen ist die Sammlung an Inkunabeln aus den nördlichen und östlichen Randgebieten des damaligen Buchdrucks. So ist z. B. nur eine einzige englische Inkunabel vorhanden sowie ein kurz nach 1500 gedrucktes Rarissimum des englischen Frühdruckers Wynkyn de Worde in einem Inkunabelsammelband.

2.199 Eine so umfangreiche und organisch gewachsene Sammlung wie die Stuttgarter deckt auch inhaltlich fast das ganze Spektrum spätmittelalterlicher Wissenschaft und Publizistik ab. Rein numerisch dominieren wie zu erwarten die Theologie (ca. 3000 Drucke) und das kanonische und weltliche Recht. Außergewöhnlich hoch ist aber auch der Anteil an literarischen Texten von der klassischen Antike über den Humanismus bis zur Literatur in deutscher und italienischer Sprache, wobei besonders Dante, Boccaccio und Petrarca zu nennen sind. Auch Medizin, Astronomie und die übrigen Naturwissenschaften sind sehr gut vertreten.

2.200 Die inhaltlichen Schwerpunkte spiegeln sich auch in der Sprachverteilung. Mehr als vier Fünftel aller Drucke sind in lateinischer Sprache. Danach folgen als moderne Volkssprachen deutsche und italienische Texte aus fast allen Fachgebieten von Literatur und Theologie bis zur Volksmedizin. Relativ gut ist auch der Bestand an griechischen Texten, darunter wichtige Ausgaben griechischer Klassiker. Drucke in französischer, spanischer und niederländischer Sprache sind nur in geringer Anzahl vorhanden.

2.201 Sowohl durch den Altbestand, den Ernst Kyriss in seinem Werk über den verzierten gotischen Einband erfaßt hat, als auch durch die Neuerwerbungen nach dem Zweiten Weltkrieg stellt die Inkunabelsammlung der Bibliothek zugleich eine der größten Sammlungen spätmittelalterlicher Einbände in Deutschland dar.

Peter Amelung

Bibelsammlung

2.202 Die Bibelsammlung nimmt eine Sonderstellung ein und zählt mit ihrem Altbestand bis 1800 zu den größten Sammlungen der Welt. Ihren Grundstock bilden zwei Sammlungen, die im ausgehenden 18. Jh durch Herzog Karl Eugen für seine öffentliche Bibliothek angekauft wurden ( s. o. 1.4). Neben dem Erwerb von wertvollen Einzelstücken zu Karl Eugens Zeiten ist als Quelle für den stetigen Zuwachs der Sammlung die Säkularisation zu nennen, die auf dem Gebiet der lateinischen und deutschen vorlutherischen Bibeln großen Gewinn brachte. Das seit 1762 gültige Pflichtexemplargesetz sicherte die kontinuierliche Bestandsvermehrung, insbesondere als sich im Laufe des 19. Jhs die Privilegierte Württembergische Bibelanstalt an die Spitze der deutschen Landesbibelanstalten und -gesellschaften stellte.

2.203 Das hohe Maß an Vollständigkeit in einzelnen Sprachen und Epochen wird von anderen Sammlungen kaum erreicht. Bis 1900 zählt die Bibelsammlung ca. 9400 Bde und umfaßt darin ca. 120 Sprachen und Dialekte. Zu den gezählten Bibeln gehören auch jene Ausgaben, die Übergänge zu anderen Literaturgattungen einschließen. So gibt es, in Ausnahmefällen, Übergänge bei den liturgischen Büchern, den liturgischen Psaltern oder den Lektionaren, besonders aber bei den kommentierten und glossierten Bibeln sowie später auch bei Nachdichtungen und Nacherzählungen. In den Sprachgruppen Griechisch und Neugriechisch sowie Deutsch (Neuhochdeutsch) sind die ehemals aufgenommenen bibelähnlichen Werke nicht mehr enthalten, sofern sie nicht wesentlich zum Gang der Übersetzungs- bzw. Editionsgeschichte beitragen.

2.204 Chronologisch verteilen sich die Bestände nach dem Stand von 1988 auf 246 Inkunabeln und 2213 Bde aus dem 16. Jh. Die Bestandszahl für das 17. Jh ist geringer (2022 Bde), eine Folge u. a. des Dreißigjährigen Krieges. Auf das 18. Jh entfallen 2814 Bde, auf das 19. Jh 2075.

2.205 Im 15. Jh nehmen die lateinischen Bibeln (Vulgata) von der Menge und bei den Erstdrucken von der Bedeutung her den ersten Rang ein. Neben 200 lateinischen Bibeln sind außerdem 32 deutsche (mittel-, neuhoch-, niederdeutsch) sowie jeweils 4 hebräische, französische, italienische und je eine isländische und tschechische Ausgabe vertreten. Vorhanden sind die Gutenberg-Bibel (erworben 1978), die B 36, die B 48 und die folgenden. Es fehlen von den im Gesamtkatalog der Wiegendrucke (Nrn. 4201-4294) nachgewiesenen Vollbibeln (teils mit Kommentaren) nur 19 Titel (20 Prozent). Vollständig ist die Reihe der vorlutherischen deutschen Bibeln. Damit besitzt die Stuttgarter Bibliothek als einzige des Kontinents die 14 oberdeutschen und 4 niederdeutschen vorlutherischen Bibelübersetzungen.

2.206 Mit den Bibeldrucken des 16. Jhs verfügt die Bibliothek über einen einmalig geschlossenen Bestand, besonders in den Ursprachen Hebräisch und Griechisch (126 und 172 Ausgaben), Lateinisch (759), Deutsch (503) wie auch Niederdeutsch (123). Die nord- und westeuropäischen Sprachen wie Niederländisch (104) oder Dänisch (21) sind relativ reichhaltig dokumentiert, aber auch die Übersetzungen u. a. ins Äthiopische, Syrische, Isländische, Rätoromanische, Polnische, Russische, in sonstige slawische Sprachen und Sprachstufen, ins Keltische, Baskische und Ungarische sind vorhanden. Innerhalb der deutschen Bibelübersetzungen bilden die lutherischen Frühdrucke eine Besonderheit von den beiden anonymen September- und Dezembertestamenten von 1522 bis zur ersten vollständigen Lutherbibel von 1534. Darüber hinaus sind die Ausgaben nahezu sämtlicher katholischer Gegenübersetzungen so stark vertreten wie nirgendwo. Mit demselben Maß an Vollständigkeit finden sich die großen Polyglotten des 16. und frühen 17. Jhs (54 und 67): die Complutensische, die Hamburger, die Pariser und die Londoner Polyglotte.

2.207 Im 17. Jh nehmen die deutschen Bibelübersetzungen mit 421 Bdn den größten Raum ein. Zur Jahrhundertwende hin nimmt der Bibeldruck durch das Interesse an Textrestitution und der vom Pietismus erhobenen Forderung nach billigen Bibelausgaben für jedermann stark zu und setzt sich im 18. Jh noch verstärkt fort. An zweiter Stelle kommen die lateinischen Bibeldrucke (377 Ausgaben), danach folgen die französischen (265), englischen (186), griechischen (156), hebräischen (140) und niederländischen (153). Überseeische Sprachen und Übersetzungen in die Sprachen der Missionsgebiete sind relativ gut vertreten (14 Ausgaben), darunter 10 malaiische, 2 indianische und 2 türkische Bibeln.

2.208 Im 18. Jh sind die deutschen Bibeldrucke wie bereits im vorhergehenden Jahrhundert am stärksten vertreten (814 Ausgaben). Die lateinischen Vulgata- und anderen Ausgaben (344) sind rückläufig, während die griechischen Bibeldrucke Frucht textkritischer Arbeit und Neuentdeckung von griechischen Codices ansteigen (16. Jh 172, 17. Jh 156, 18. Jh 209). Der Anteil der französischen Ausgaben hat sich vom 17. ins 18. Jh nahezu verdoppelt (452), die Zahl der englischen Werke ist demgegenüber gleichgeblieben (187). Gut vertreten sind die slawischen Sprachen (61), das Italienische (72) und erstmals auch die indischen Sprachen (53).

2.209 Für das 19. Jh sind insgesamt 2075 Bde zu verzeichnen. Diese relativ geringe Zahl, die noch unter dem Bestand des 16. Jhs liegt, steht in keiner Relation zur tatsächlichen Bibelproduktion, beginnen doch im 19. Jh (seit 1804 in London, seit 1812 in Württemberg) die nationalen und regionalen Bibelgesellschaften und -anstalten über den Stehsatz Bibeln in millionenfacher Auflage zu verbreiten. Daß die Bibliothek davon anteilig weniger erwerben konnte als aus früheren Jahrhunderten hat zwei Gründe. Zum einen verzichtete sie in der nunmehr gesetzlich geforderten Pflichtablieferung weitestgehend auf Stereotyp-Ausgaben, wenn schon Vorgänger im Hause waren. Zum anderen wurde nicht in dem Maße käuflich erworben wie zuvor unter Herzog Karl Eugen und danach in der Wirtschaftsblüte am Ende des Jahrhunderts. Aus diesen Gründen sind vor allem die deutschen (457) und lateinischen Bibeln (72) stark zurückgegangen. Neben den griechischen (199), hebräischen (161), englischen (221) und französischen Bibeln (106) ist erstmals eine größere Zahl spanischer Bände (126) zu verzeichnen. Hinzu kommen 280 Bde, deren Sprachbezug auf den gesamten außereuropäischen Bereich, besonders Indien, Afrika und Ozeanien geht. Bemerkenswert ist die Sammlung chinesischer Übersetzungen (bis ins 19. Jh 18 Bde).

2.210 Darüber hinaus sind die illustrierten Bibeln zu nennen, wiewohl sich unter den Sprachgruppen, insbesondere im 16. bis 18. Jh, gleichfalls illustrierte Bücher befinden. Die eigene Gruppe unter der " Signatur B. graph.", ehemals " Biblia Kupfer", vereinigt jene Bücher, in denen die Illustration überwiegt oder einen besonderen Wert darstellt. Zu dieser Gruppe gehören vom 16. bis 19. Jh insgesamt 355 Bde (16. Jh 87, 17. Jh 67, 18. Jh 106, 19. Jh 95). Vorhanden sind u. a. Illustrationen von Dürer, Urs Graf, Holbein, Amman, Bocksperger, Virgil Solis, Matthaeus Merian, Kraus, Weigel, Doré und Schnorr von Carolsfeld.

Eberhard Zwink

Cordula Wollny-Tamborini

Sammlung Hugo Borst

2.211 Die Sammlung von Erstausgaben und Rara des 18. und 19. Jhs (s. o. 1.25) wird umfassend ergänzt durch die Sammlung des Stuttgarter Kaufmanns Hugo Borst (1881-1967), die 1969 von den Erben des Sammlers erworben werden konnte. Es handelt sich um eine chronologisch angelegte, etwa 10.000 Bde umfassende Sammlung von Büchern, die von 1749 (Goethes Geburtsjahr) bis 1899 erschienen sind und der der Sammler den Titel gab " Bücher, die die große und die kleine Welt bewegten". Sie enthält für den deutschsprachigen Bereich nahezu alle wesentlichen Erstausgaben der Literatur ( s. o. 2.41), Philosophie ( s. o. 2.101), Kultur- und Sozialgeschichte sowie der Naturwissenschaften dieser anderthalb Jahrhunderte. Sie umfaßt aber auch zahlreiche Erstausgaben aus anderen europäischen und der nordamerikanischen Literatur (vor allem in französischer und englischer Sprache). Erschlossen wird die Sondersammlung durch einen gedruckten Katalog, der noch von Hugo Borst selbst erstellt wurde ( s. u. 3.1). Der Gepflogenheit des Sammlers folgend, stellt die Bibliothek aus dieser Sammlung jedes Jahr eine Auswahl von Erstausgaben aus, die jeweils vor genau 100 und 200 Jahren erschienen sind.

Peter Amelung

Musica practica

2.212 Der Musica-practica-Bestand der Bibliothek umfaßt ca. 26.000 Bde aus dem 16. bis 19. Jh. Sein Grundstock geht auf die Sammlertätigkeit Herzog Karl Eugens zurück ( s. o. 1.1 ff.). So kamen bereits 1776 durch die Übernahme der Bücher aus dem Konsistorium 300 Gesangbücher in die Herzogliche Bibliothek; dies war der Grundstock für den Sondersammelschwerpunkt. Mit dem Ankauf des Lorckschen Nachlasses (s. o. 1.4) kam acht Jahre später eine große Anzahl vertonter Bibeltexte hinzu, und auch dieser Bestand wurde systematisch ausgebaut. Die chronologische Verteilung weist für das 16. Jh ca. 850 Bde, für das 17. Jh ca. 1250, für das 18. Jh 5900 und das 19. Jh 19.000 Bde aus. Hinzu kommen ca. 25.000 Bde musikwissenschaftlicher Sekundärliteratur mit Erscheinungsjahr vor 1900. Die Bestände der Signaturengruppen " Schöne Künste M." (für Noten) und " Schöne Künste" (für den alten Bestand der Literatur über Musik) waren rechtzeitig verlagert worden, so daß die Musiksammlung durch Kriegseinwirkung nur verloren hat, was in den verbrannten Fächern stand.

2.213 Die Titel der Musica practica des 16. bis 18. Jhs, darunter viele Erstausgaben, sind in RISM A I (Einzeldrucke) und B II (Recueils imprimés) großenteils nachgewiesen. Im 19. Jh werden sie ergänzt durch ca. 40 Bde Erstausgaben der Wiener Klassik und ca. 60 Bde Erstausgaben der Romantiker (vor allem Hugo Wolf). Die Ausgaben der württembergischen Komponisten, insbesondere die der Stuttgarter Johann Nepomuk Hummel, Konradin Kreutzer, Friedrich Silcher u. a., sind gut dokumentiert.

2.214 Als Säkularisationsgut gelangten über die Deutschordenskommende Altshausen etliche Drucke aus dem Pariser Verlag Ballard in die Hofbibliothek. Diese Werke (53 Bde) mit kostbaren Einbänden versehen, darunter 12 Bde der Erstausgabe Jean-Baptiste Lullys - stammen überwiegend aus dem 17. Jh.

2.215 Der Bestand an Gesangbüchern ist bis 1800 in RISM B VIII,1 (Das deutsche Kirchenlied, DKL, 1975) nachgewiesen, hat sich inzwischen allerdings durch Nachlässe noch stark erweitert. Unter den 2500 Gesangbüchern aus den Jahren 1526 bis 1899 befindet sich auch das württembergische Groß-Gesangbuch von 1595/96. Ein bedeutender Bestand ist ebenfalls bei den mehrstimmigen Psalmenkompositionen des 16. und 17. Jhs (Calvisius, Hemmel, Schütz u. a.) und den niederländischen Vertonungen des Psalters zu verzeichnen (nachgewiesen in C. A. Höweler und F. H. Matter, Fontes hymnodiae Neerlandicae impressi 1539-1700, Nieuwkoop 1985).

2.216 Im Jahre 1875 kamen aus dem Nachlaß des Professors am Stuttgarter Polytechnikum Ludwig Gantter 1700 Musikalien in die Bibliothek, darunter besonders seltene englische Ausgaben des 16. und 17. Jhs. Mit dem Nachlaß des Stuttgarter Mathematikers und Meteorologen Ernst Wölffing erwarb die Bibliothek 1920 eine umfangreiche Sammlung von Klavierauszügen (ca. 4000) mit vielen seltenen Stücken. Dieser Bestand konnte bis heute durch gezielte Ergänzungskäufe auf 12.000 Exemplare erweitert werden.

2.217 Einen weiteren Sammelschwerpunkt bilden die aus der Bibliothek des Hoftheaters übernommenen Materialien (Libretti aller Art, Partituren, Stimmen), die der Bibliothek zur Archivierung übergeben wurden. Es handelt sich um musikalische Aufführungen des Hoftheaters aus der Zeit zwischen 1750 bis 1870 (einschließlich Theaterzettel). Durch Pflichtexemplarlieferung ist die bürgerliche Musikkultur und die gepflegte Hausmusik des Landes umfassend repräsentiert, vor allem durch Klavier- und Gesangsmusik, gemischte und Männer-Chöre etc. Gesammelt wurden ebenso in großer Vollständigkeit kritische Gesamtausgaben sowie alle wesentlichen musikalischen Denkmälerpublikationen (ca. 25 Titel mit 400 Bdn bis 1900).

Waltraut Linder




Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.