FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Bibliothek des Kestner-Museums

Adresse. Trammplatz 1, 30159 Hannover [Karte]
Telefon. (0511) 168-3444
Telefax. (0511) 168-6530

Unterhaltsträger. Stadt Hannover
Funktion. Museumsbibliothek.
Sammelgebiete. Der historische Buchbestand gehört zu den beiden Sammlungsgebieten Kunsthandwerk vom Mittelalter bis zur Gegenwart bzw. Numismatik und wird nur in der Numismatik vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Zur Benutzung der Altbestände vorherige telefonische Anmeldung erforderlich. Öffnungszeiten: Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag 8-12 Uhr; Mittwoch 10-16 Uhr. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät, Fotostelle. H
Hinweise für anreisende Benutzer. Das Museum und die Bibliothek liegen in der Innenstadt. - U-Bahnverbindung ab Hauptbahnhof (Linien 3, 7 und 19) bis Haltestelle Markthalle. Parkhäuser in der Umgebung.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Buchbestände des Kestner-Museums stammen fast ausschließlich aus den Sammlungen Kestner und Culemann, die zu den Sammlungsgebieten Kunsthandwerk vom Mittelalter bis zur Gegenwart bzw. Numismatik gehören. 1884 übertrug Hermann Kestner (1810-1890) der Stadt Hannover die von seinem Onkel, Legationsrat August Kestner (1777-1853), seinem Vater, Staatsarchivar Georg Kestner (1774-1867), sowie ihm selbst angelegten Sammlungen. Es handelte sich neben Büchern vor allem um Bilder und Kunstgegenstände, die der Stadt mit der Auflage überlassen wurden, hierfür ein Gebäude zu errichten. 1887 erwarb die Stadt Hannover durch Kauf die bedeutende Sammlung von Frühdrucken, Kupferstichen, Holzschnitten und Gemälden sowie mittelalterlich-kirchlichem Kunstgewerbe des 1886 verstorbenen hannoverschen Buchdruckereibesitzers und Senators für das Schulwesen Friedrich Georg Hermann Culemann (1811-1886). Die numismatischen Bestände stammen überwiegend aus Erbschaften und Schenkungen des 20. Jhs.

1.2 Im Jahre 1889/90 wurde der größte Teil der Bücher aus den Sammlungen Kestner (ca. 5000 Bde) und Culemann (ca. 2000 Bde) an die Stadtbibliothek abgegeben, die sich damals noch im Gebäude des Kestner-Museums befand. Nur die auf die Kunstgeschichte bezogenen Werke beider Sammlungen wurden dem Kestner-Museum übereignet. Ebenfalls aus der Culemannschen Sammlung erhielt das Kestner-Museum zudem ca. 150 mittelalterliche Hss., 2400 Autographen und etwa 700 Inkunabeln, von denen heute noch ca. 400 vorhanden sind. Im 20. Jh wurden im Zuge des Sammlungsaustausches mit anderen hannoverschen Institutionen die Autographen an das Stadtarchiv, viele illustrierte Bücher und Einzelblätter an die Landesgalerie abgegeben (ca. 200 Titel, die Abgabekarteien sind auch im Kestner-Museum vorhanden). Die historischen Bestände werden nicht weiter systematisch ausgebaut; eine gewisse Ausnahme bildet die Numismatik.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Auszählungen für die Bestandsbeschreibung erfolgten anhand der Kartei der vorhandenen Sammelobjekte, bei den Inkunabeln nach dem Katalog von Ernst und Heusinger (s. u. 3.1). Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.2 Bei einem Gesamtumfang von ca. 30.000 Bdn umfaßt der historische Bestand des Kestner-Museums insgesamt 1161 Titel, wovon 376 (32 Prozent) auf die Inkunabelzeit entfallen. 420 Titel stammen aus dem 16. Jh, 116 aus dem 17. Jh, 209 aus dem 18. Jh sowie 36 aus dem 19. Jh. Für 4 Titel ließ sich kein Erscheinungsjahr ermitteln. Nahezu alle Titel des 15. und 16. Jhs stammen aus der Sammlung Culemann; 27 aus der Sammlung Kestner; 15 Titel haben eine andere Provenienz.

2.3 225 (60 Prozent) der 376 Inkunabeln sind in lateinischer, 144 in deutscher Sprache gedruckt. Die 7 übrigen Titel verteilen sich auf Französisch, Italienisch und Niederländisch. Bei den Titeln des 17. bis 19. Jhs dominiert demgegenüber mit 62 Prozent (484 von 785 Titeln) die deutsche Sprache. 234 Titel sind in lateinischer Sprache, 39 in französischer, 4 in englischer Sprache sowie 24 in sonstigen Sprachen verfaßt. Systematische Übersicht Inkunabelsammlung Culemann

2.4 Das Kestner-Museum besitzt mit der Sammlung Culemann einen Bestand an sehr frühen und seltenen Drucken der Pressen in Mainz, Straßburg, Köln, Ulm, Augsburg, Nürnberg, Utrecht, Rom, Venedig etc. Fast die Hälfte der Wiegendrucke sind Unikate.

2.5 Ca. 157 der 376 Inkunabeln sind Einblattdrucke, davon 22 Dubletten. Inhaltlich setzt sich die Einblattsammlung zusammen aus Kalendern, Neujahrsgrüßen, Flugblättern über Münzfälschungen, Schützenbriefen, offenen Briefen zu zahlreichen kleinen und großen Fehden und Nachrichten zu politischen Ereignissen. Hinzu kommt ein wichtiger Teil geistlicher Einblattdrucke, Andachtsblätter und -bilder. Den Hauptteil macht eine 64 Drucke umfassende Ablaßbrief-Sammlung aus, die durch eine Reihe zeitgenössischer Titel über den Ablaß ergänzt wird. Hinzu treten liturgische Drucke. Mit Schriften von Augustinus, Bernhard von Clairveaux, Bonaventura, Gregor und Thomas von Aquin, Durantus, Jacobus de Voragine und Thomas à Kempis ist die geistliche Literatur breit vertreten. Hinzu kommen einige Ausgaben antiker Klassiker sowie wichtige und seltene Beispiele lateinischer und deutscher Literatur des Spätmittelalters. Mit Holzschnitten illustriert sind über 70 Drucke. Sonstige Sammlungsbestände

2.6 Bei fast allen Büchern handelt es sich um Werke, die vor allem unter druckgeschichtlichen Gesichtspunkten oder buchgestalterischen Kriterien (Einbände, Illustrationen) von ihren Vorbesitzern gesammelt worden sind. Dementsprechend verweist die auch die Bücher umfassende Kartei der vorhandenen Sammelobjekte (s. u. 3.1) hierauf. Häufig finden sich Provenienzvermerke. Die Inkunabeln und die Werke des 16. Jhs stammen fast ausschließlich aus der Sammlung Culemann, Titel des 17. und 18. Jhs vor allem aus der Sammlung Kestner. Hinzu kommen verschiedene kleinere Sammlungen.

2.7 Da die historischen Bestände weder durch ihre Aufstellung noch durch einen Katalog sachlich erschlossen sind, erfolgt dieser Teil der Bestandsbeschreibung in 5 Großgruppen, die sich aus dem Bestandsprofil ergaben.

2.8 Der Schwerpunkt der Sammlung liegt mit 289 Titeln im theologischen Bereich. Die Werke stammen fast ausschließlich aus dem zumeist frühen 16. Jh (268 Titel) und sind in deutscher Sprache verfaßt (195 Titel). Mit 74 Titeln stellen die Schriften Martin Luthers den Kernbestand dar, gefolgt von Johannes Bugenhagen mit 17 Titeln. Hinzu kommen Gebetbücher, Traktate und christliche Erbauungsschriften. Auffällig ist die geringe Zahl von nur 8 Bibeln.

2.9 Den größten Bestand an nicht-theologischer Literatur bildet mit 209 Titeln die Sammlung zur Numismatik. Die Werke liegen zu ca. 64 Prozent in deutscher Sprache vor und stammen vor allem aus dem 17. Jh (42 Titel) und 18. Jh (122 Titel).

2.10 Die Sammlung umfaßt daneben 152 Werke aus dem Bereich der Philologie, vor allem Titel der Humanisten, darunter 18 Erasmusausgaben des 16. Jhs und Textausgaben antiker Klassiker. Hinzu kommen Reiseberichte und Topographien, seit dem 18. Jh auch einige wenige philosophische Werke. Der Bereich der Geschichts-, Rechts- und Staatswissenschaften umfaßt insgesamt 111 Titel: 43 aus dem 16. Jh, 47 aus dem 17. und 21 aus dem 18. Jh. Hier finden sich neben einer Reihe von Reichsabschieden vor allem Chroniken und Viten historisch bedeutender Persönlichkeiten. Der Bereich Naturwissenschaften/Mathematik ist nur mit 21 Titeln repräsentiert, von denen 15 aus dem 16. Jh stammen, primär Schriften zur Pharmazie und Arzneimittelkunde. Hinzu kommen 3 Werke des 16. Jhs, die sich keiner Gruppe zuordnen lassen.

3. KATALOGE

Da der historische Bestand an Büchern den Sammlungsgegenständen zugerechnet wird, ist er nicht in den Katalogen der Bibliothek, sondern einzig in der Inventarkartei nachgewiesen.

3.1 Moderne Kataloge

Inventarkartei

[enthält auch die Bücher (incl. Abgaben) bis 1900; chronologisch nach Jahrhunderten geordnet, innerhalb der Jahrhunderte alphabetisch; hschr. im Format A 6; teilweise sehr ausführliche Titelaufnahmen nach Art von Inkunabelkatalogen mit Angabe von Provenienz, Erhaltungszustand, angebundenen Werken, druckgeschichtlichen oder buchgestalterischen Besonderheiten, bibliographischem Nachweis in der einschlägigen Literatur]

Ernst, Konrad: Die Wiegendrucke des Kestner-Museums, neu bearbeitet und ergänzt von Christian von Heusinger. Hannover 1963

Die Bestände sind nicht im Niedersächsischen Zentralkatalog nachgewiesen.

3.2 Historische Kataloge

Grotefend, Carl Ludwig: Inkunabeln-Sammlung von F. G. H. Culemann. Hannover 1844

[Handexemplar; enthält die 174 Grotefendschen Katalog-Nummern nebst Nachtrag und hschr. Zusätzen von Culemann über Neuerwerbungen]

Kunst-Sammlung Fr. Culemann Hannover, 6 Bde

[hschr.; Bd I: Hss. vom 8.-16. Jh, Gemälde, Handzeichnungen, Miniaturen, Kupferstiche, Holzstiche; Bd II: Inkunabeln, Bücher und Hss. über die Reformation; Bd III: Kunstgewerbe; Bd IV: Autographen; Bd V: Goethe, Schiller nebst ihren Familien und Freundeskreisen in Büchern und Autographen; Bd VI: Bibliothek]

Inventarverzeichnisse 1889 ff.; 6 Bde [hschr.]

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Woldering, Irmgard: Kestner-Museum 1889-1964. In: Hannoversche Geschichtsblätter N. F. 18 (1964) S. 75-280 [auch als Sonderdruck]

5. VERÖFFENTLICHUNGEN ZU DEN BESTÄNDEN

Culemann'sche Sammlung. In: Deutscher Buch- und Steindrucker 6 (1899/1900) S. 800

Dziatzko, Karl: Beiträge zur Gutenbergfrage. Berlin 1889 [über Fälschungen unter den Einblattdrucken der Culemannschen Sammlung S. 70 ff.]

Dziatzko, Karl: Bibliographische Miscellen (Fortsetzung) 7. In: Centralblatt für Bibliothekswesen 9 (1892) S. 335-339 [über Fälschungen unter den Einblattdrucken der Culemannschen Sammlung]

Ernst, Konrad: Die Wiegendrucke des Kestner-Museums zu Hannover. Leipzig 1909

Heusinger, Christian von: Die Einblattdrucke Adolfs von Nassau zur Mainzer Stiftsfehde. In: Gutenberg-Jahrbuch 1962, S. 341-352 [über 5 bisher nicht erfaßte bzw. im Katalog von Ernst 1909 als Fälschung bezeichnete Einblattdrucke]

Stand: Juli 1997

Alwin Müller-Jerina


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.