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Lehrerbibliothek des Französischen Gymnasiums

Adresse. Derfflinger Straße 7, 10785 Berlin [Karte]
Telefon. (030) 39 05 28 51 oder -52
Bibliothekssigel. <B 1516>

Unterhaltsträger. Französisches Gymnasium
Funktion. Lehrerbücherei.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 8-13 Uhr (außer in den Ferien). Leihverkehr: DLV.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopiergerät.
Hinweise für anreisende Benutzer. Anmeldung empfehlenswert. Ab Bahnhof Zoologischer Garten U-Bahnverbindung (Linie U 1) Richtung Schlesisches Tor bis Nollendorfplatz oder Kurfürstenstraße. Parkplätze vor dem Haus.

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Das Französische Gymnasium wurde auf Veranlassung des Großen Kurfürsten von seinem Nachfolger Friedrich III. im Jahre 1689 gegründet und geht auf die Widerrufung des Edikts von Nantes zurück. Brandenburg versuchte, die emigrierenden Calvinisten ins Land zu ziehen. Daher erließ Friedrich Wilhelm I. das Edikt von Potsdam, das der französischen Hugenottengemeinde in Berlin weitgehende Privilegien einräumte u. a. auch das Recht auf ein französischsprachiges Gymnasium.

1.2 Die Schulbibliothek wurde 1792, fast 100 Jahre nach der Schulgründung, von dem damaligen Direktor Jean Pierre Erman (1735-1814) eingerichtet. Seinen Spendenaufrufen folgten insbesondere die Mitglieder der französischen Gemeinde und Teile des preußischen Hofes: Prinz Heinrich (1726-1802) z. B., Bruder Friedrich des Großen, stiftete die Dubletten seiner Bibliothek. Seit 1797 verfügte das Collège Royal Français über ein jährliches Deputat von 30 Reichstalern zum Ankauf von Büchern. Um 1812 umfaßte die Bibliothek rund 5000 Bde. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Wilhelm-Gymnasium mit seiner Bibliothek dem Französischen Gymnasium angegliedert. Dadurch kam die Sammlung des am Ende des 18. Jhs lebenden Altphilologen Wilhelm Julius Carl Mützell (1807-1862) in die Bestände des Gymnasiums. Durch Auslagerungen während des Zweiten Weltkrieges und Umzüge sind große Teile der Bibliothek verlorengegangen. Zahlenangaben über die Verluste können nicht gemacht werden, da alte Kataloge nicht mehr vorhanden sind.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Bei einem Gesamtumfang von ca. 10.000 Bdn umfaßt der historische Buchbestand der Bibliothek 1885 Titel in ca. 6000 Bdn. Die bis 1830 erschienenen Werke sind getrennt aufgestellt, sie belaufen sich auf 675 Titel (1675 Bde, davon 14 aus dem 16. Jh und 89 aus dem 17. Jh). Von diesen entstammen 304 der Bibliothek des Wilhelm-Gymnasiums und nur noch 13 der Bibliothek des preußischen Königshauses. Ein großer Teil des Altbestandes konnte in den letzten Jahren restauriert bzw. neu gebunden werden. Die Auszählung erfolgte anhand des Alphabetischen Katalogs ( s. u. 3).

2.2 Obwohl die Bibliothek erst am Ende des 18. Jhs gegründet wurde, reicht der Buchbestand bis ins 16. Jh. Das Hauptgewicht liegt gemäß dem Lehrkanon klassisch-humanistischer Gymnasien auf den griechisch-lateinischen Autoren, die 176 Bde (37 Prozent) der Bestände bis 1800 ausmachen. Dem geschichtlich-geographischen Bereich mit 105 Bdn (22 Prozent) folgen die französische Literatur mit 79 Bdn (16 Prozent) und der philosophisch-religiöse Bereich mit 76 Bdn (16 Prozent). Soweit erkennbar, spiegelt der Altbestand bis 1800 den Wunsch nach Erhaltung französischer, aber auch calvinistischer Tradition wider: Der überwiegende Anteil der Bücher ist in lateinischer Sprache geschrieben, nur 57 Bde (12 Prozent) sind in deutscher Sprache. Der Anteil deutscher Literatur beträgt sogar nur 18 Bde (4 Prozent). Nach Latein ist Französisch als Hof- und Oberschichtensprache im 18. Jh am stärksten vertreten.

2.3 Hervorzuheben ist die Encyclopédie von Diderot und d'Alembert sowie die stark vertretene französische Aufklärung, die auf eine Loslösung von den kirchlichen Ursprüngen der Schule hinweisen. Im Zeitalter des zunehmenden Nationalbewußtseins, zu Beginn des 19. Jhs, verstärkt sich zwar parallel zur Einführung des Deutschunterrichts am Französischen Gymnasium der Anteil an deutscher Literatur (47 Bde; 23 Prozent) und überflügelt den der französischen (21 Bde; 10 Prozent), jedoch bleibt der Anteil klassisch-humanistischer Literatur (97 Bde; 48 Prozent) dominant. In dem Zeitraum zwischen 1830 und 1900 bleibt die Priorität der Altphilologie zwar erhalten (345 Bde; 29 Prozent), die Übersetzungen nehmen jedoch zu. Philosophie und Geschichte gewinnen an Bedeutung und stellen 138 Bde (11 Prozent) bzw. 210 Bde (17 Prozent); weit über die Hälfte der Bestände zwischen 1830 und 1900 ist deutschsprachig. Das Französische verliert den Charakter einer Verkehrssprache und wird zum Bildungsgut.

2.4 Die Besonderheit der Bibliothek besteht darin, daß sie trotz der starken Verluste für den Zeitraum von 1792 bis 1900 den geschlossenen Eindruck einer Schulbibliothek mit Schwergewicht auf der französischen Literatur vermittelt und anhand ihrer Bestände das Hereinwachsen einer konfessionellen Schule der Hugenottenkolonie in das preußisch-humanistische Gymnasialwesen dokumentiert.

3. KATALOGE

Alphabetischer Katalog

[nach der Methodik der Berliner Stadtbibliotheken]

Schlagwortkatalog

[beide Kataloge in Zettelform]

Die Bestände sind im Berliner Gesamtkatalog (bis 1990), nicht aber in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

4.1 Archivalien

Geheimes Staatsarchiv Berlin-Dahlem, Rep. 9, 52, 76, 77, 89, 122 [Quellen zur Geschichte der Schule]

Das Archiv des Französischen Gymnasiums ist 1945 restlos verbrannt.

4.2 Darstellungen

Erman, Jean Pierre: Mémoire historique sur la fondation du Collège François de Berlin. Berlin 1789 [zur Gründung der Schule]

Festschrift zur Feier des 200jährigen Bestehens des königlichen französischen Gymnasiums. Hrsg. von dem Direktor und dem Lehrerkollegium. Berlin 1890 [zur Geschichte der Schule] Isenberg, Angela: Die Hugenottenbibliothek am Französischen Gymnasium zu Berlin. Diplomarbeit. Berlin: Institut für Bibliothekswissenschaft und Bibliothekarausbildung 1994 [mschr.]

Muret, Edouard: Geschichte der französischen Kolonie in Brandenburg/Preußen unter der besonderen Berücksichtigung der Berliner Gemeinde. Berlin 1881 [zur Geschichte der Bibliothek und der Schule]

Unterrichtsprogramme des Französischen Gymnasiums, Tableau des leçons du Collège Royal Français. Berlin Jg. 1792-1817 [zur Gründung der Bibliothek]

Velder, Christian: 300 Jahre Französisches Gymnasium. Berlin 1989 [zur Geschichte der Schule]

Stand: März 1995

Steffen Heinrichs


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.