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Kirchenbibliothek

Adresse. Evangelische Kirchengemeinde, Burgstr. 42, 73614 Schorndorf [Karte]
Telefon. Über Stadtarchiv: (07181) 60 21 43

Unterhaltsträger. Evangelische Kirchengemeinde
Funktion. Kirchenbibliothek.
Sammelgebiete. Der Altbestand wird nicht vermehrt.

Benutzungsmöglichkeiten. Präsenzbibliothek. Die Bibliothek ist Teil des Bibliotheksverbundes der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Ausleihmöglichkeiten bitte über die Bibliothek des Evangelischen Oberkirchenrats Stuttgart, Tel. (0711) 2149-254 erfragen. Leihverkehr: nicht angeschlossen.
Hinweise für anreisende Benutzer. Schriftliche oder telefonische Anmeldung erforderlich. - Endstation der S-Bahn (Linie S 2) von Stuttgart. Fußwegnähe vom Bahnhof Schorndorf. B 29 (über Stuttgart).

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 David Wolleber berichtet in seiner handschriftlich überlieferten Württembergischen Chronik (um 1590), in der evangelischen Pfarrkirche zu Schorndorf habe sich zu seiner Zeit eine " Liberey" befunden, die vor den Spaniern, die von 1548 bis 1551 in der Festung lagen, " mit vil schönen büechern gezieret gewesen" sei, die besten Autoren seien aber von diesen Truppen " distrahiert" worden. Der verbliebene Rest dieser ersten Bibliothek ist dann im Dreißigjährigen Krieg 1634 mit dem Gotteshaus verbrannt. Doch schon 1651 beschloß der Kirchenkonvent, daß für die Neueinrichtung einer Bibliothek drei große kommentierte Bibelausgaben, ein universales geographisch-historisches Werk sowie die Predigten von Johannes Brenz angeschafft werden sollten. Durch Nachkäufe und Schenkungen konnten dann im weiteren Verlauf des 17. Jhs einige bedeutende Werke vor 1634 erworben werden. Die weitere Bestandsgeschichte ist noch nicht erforscht.

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.1 Der Gesamtbestand umfaßt 292 Titel in etwa ebenso vielen Bdn. Davon entfallen 42 Titel auf das 16. Jh und annähernd die Hälfte aller Titel mit 144 auf das 17. Jh. Das 18. Jh ist mit 59 Titeln vertreten, auf das 19. Jh entfallen 23 Titel. Bei 5 Titeln konnte kein Erscheinungsjahr ermittelt werden. Sprachlich verteilen sich die Titel auf das Deutsche und Lateinische, mit Ausnahme eines französischsprachigen Titels.

Systematische Übersicht

2.2 Die Sammlung stellt eine zahlenmäßig kleine, aber an z. T. seltenen Titeln bedeutende evangelische Kirchenbibliothek dar. Den größten Anteil bilden 83 Schriften des lutherischen Kontroverstheologen Theodor Thumm aus Tübingen aus den Jahren 1618 bis 1628, darunter 69 lateinische Dissertationen mit ihm als Praeses.

2.3 Das älteste Buch ist eine lateinische Werkausgabe des Kirchenvaters Athanasius von Alexandrien von 1522. Zu den seltensten Stücken ihrer Art dürften die Warhafftige newe Zeittungen (Heidelberg 1582) zählen, die von Bränden in fünf verschiedenen Städten sowie einem " grewlichen, erschröcklichen Mörder" Nachricht geben. Eine Weltchronik bietet Leonhard Krentzheim mit seiner zweiteiligen Chronologia (Görlitz 1576-1577). Vier Titel befassen sich mit den Türken, darunter Johannes Assus mit seinen Türckenpredigten uber den 79. Psalmen (Frankfurt 1595) und Georg Mylius mit Zehen Predigten vom Türcken (Jena 1595). Vier weitere Titel aus den Jahren 1583 bis 1595 richten sich gegen Jesuiten, Calvinisten und Zwinglianer. Ein Sammelband von 1701/02 vereinigt mit Titeln wie Anabaptisticum et enthusiasticum Pantheon und Geistliches Rüßt-Hauß (von Johann Friedrich Corvinus?) 13 Streitschriften gegen Schwärmer, Wiedertäufer, Quäker, falsche Messias-Gestalten und namentlich genannte Personen der Zeitgeschichte wie Descartes, Hobbes, Spinoza, Oliver Cromwell und andere.

2.4 Zur Kirchenmusik sind 14 Titel vorhanden, von denen einige Notenschriften wie das von Henning Müller verlegte Große Cantional (Darmstadt 1687) sowie eine Vollständige Sammlung vierstimmiger Choralmelodien von Christmann und J. G. Knecht (Stuttgart 1797) zu den wichtigsten zählen. Neben etlichen Gesangbüchern, darunter dem von Daniel Speer herausgegebenen Würtembergischen Kirchen-Gesang-Buch (1705), ist vor allem die seltene Schrift von Johann Assus Der Segen Gottes (Frankfurt 1595) innerhalb der Kirchenmusik hervorzuheben.

2.5 Weitere 54 Titel erstrecken sich auf die Bibelwissenschaft, wobei seltene Titel von Johann Adam Osiander, Veit Dieterich, die Summaria-Ausgaben (Stuttgart 1667, 1669, 1672) von Johann Conrad Zeller, die seltene Schrift von Ludolf Busse Der 147. Psalm (Frankfurt 1568), der neunbändige lateinische Bibelkommentar von Lukas Osiander dem Älteren (Tübingen 1573-1586) sowie Matthäus Vogels vollständig vorhandene Schatzkammer heiliger Göttlicher Schrifft (Tübingen 1594-1603) am bedeutendsten sind.

2.6 Auf Predigtsammlungen entfallen 37 Titel, davon 17 Leichenpredigten und 2 Hochzeitspredigten. Unter den Leichenpredigten stammen einige aus den Jahren 1594 und 1595, nämlich die von Johannes Dinckel auf Johann Herbart und auf Elisabeth Herzogin von Sachsen, die von Caspar Herrnschwager auf Ortolph Marold und die von Friedrich Rhot auf Hieronymus Richter. Eine in ihrer Art seltene Hochzeitspredigt auf Georg Ehrnreich Perger auf Clamm und Elisabeth von Gundtreching von 1595 hat Johannes Coementarius (Murer) zum Verfasser. Fünf Leichenpredigten des Schorndorfer Dekans Thomas Hopffer aus den Jahren 1646 bis 1670 sowie etliche Ausgaben der Postilla (Frankfurt 1589) von Aegidius Hunn vervollständigen die Predigtsammlung. Elf weitere Titel vertreten den Bereich der Pastoraltheologie (darunter ein Titel von Timotheus Kirchner), 9 sind Kirchenbücher, weitere 9 Katechismen.

2.7 Zur Kirchengeschichte sind 16 Titel vorhanden, darunter die Kirchen-Historie und der Grundriß der Kirche Jesu Christi in ihren Begebenheiten (beide Zürich 1747) von Heinrich Stäheli(n) sowie das 50 Bde umfassende Quellenwerk der Acta historico-ecclesiastica mit seinen verschiedenen Fortsetzungen. Unter den 6 Titeln zum Kirchenrecht sind aus dem württembergischen Bereich die Kirchenordnung von 1657 und die Eheordnung von 1716 zu nennen. Erwähnenswert sind noch drei bedeutende Schriften zum Gregorianischen Kalender von L. F. Plieninger (1583) sowie von J. Heerbrand und J. Schulin (beide 1584). Von den großen Reformatoren sind mit ihren lateinischen Werken Martin Luther (Bd 1-5, Wittenberg 1545-1554) und Johannes Brenz (Bd 1-5 und 7, Tübingen 1576-1588) vertreten, letzterer auch mit seiner Predigtsammlung zum Johannesevangelium (Frankfurt 1554).

3. KATALOGE

Schorndorf. Inventarium über alle in der Kirch und Schul daselbst befindliche und dem Armen Kasten zuständige Mobilien, Ornaten etc. vom 15. Juli 1810.

[hschr. Verzeichnis im Stadtarchiv Schorndorf; zählt auf den Blättern 13 ff., getrennt nach Formaten, etwa 190 Titel auf, von denen einige später mit dem Vermerk " fehlt" versehen worden sind]

Fischer, Erhard: Katalog der Kirchenbibliothek Schorndorf. Schorndorf 1982

[alphabetisch nach PI, mit auswählendem Schlagwortregister]

Die Bestände sind nicht im Zentralkatalog Baden-Württemberg nachgewiesen.

4. DARSTELLUNGEN ZUR GESCHICHTE DER BIBLIOTHEK

Fischer, Erhard: Gewichtige Schätze gut unter Verschluß. In: Schorndorfer Nachrichten vom 17. Mai 1983

Fischer, Erhard: " Mit vil schönen büechern gezieret". Kleine Geschichte der Schorndorfer Bibliotheken. In: Heimatblätter. Jahrbuch für Schorndorf und Umgebung 7 (1989) S. 33-42

Stand: Dezember 1989

Erhard Fischer


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.