FABIAN HANDBUCH: HANDBUCH DER HISTORISCHEN BUCHBESTÄNDE IN DEUTSCHLAND, ÖSTERREICH UND EUROPA SUB Logo
 
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Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt

Adresse. Schloss, Marktplatz 15, 64283 Darmstadt
Telefon. (06151) 16-5850
Telefax. (06151) 16-5897
Bibliothekssigel. <17>

Unterhaltsträger. Technische Universität Darmstadt/ Land Hessen
Funktion. Zentrale Universitätsbibliothek der Technischen Universität Darmstadt, Landesbibliothek für die Region Darmstadt und Südhessen.
Sammelgebiete. 1. Allgemeine Sammelgebiete: Naturwissenschaftlich-technische Werke und Zeitschriften, geistes- und gesellschaftswissenschaftliche sowie landeskundliche Literatur. 2. Besondere Sammelgebiete: Technik, Patentwesen, Hassiaca (Hessen-Darmstadt); Pflichtexemplarrecht für den Bereich Südhessen und die Region Gießen.

Benutzungsmöglichkeiten. Ausleihbibliothek. Öffnungszeiten 8-2 Uhr; Zentrale Information: Montag bis Freitag 9-19 Uhr, Samstag 9-17 Uhr; Lesesaal-Information: Montag bis Sonntag 8-2 Uhr; Ausleihe, Lehrbuchsammlung, Offenes Magazin: Montag bis Sonntag 8-2 Uhr; Patentinformationszentrum (Schöfferstr. 8): Montag bis Freitag 9-16 Uhr; Europäisches Dokumentationszentrum: Dienstag, Donnerstag 9-12 Uhr, 13-16 Uhr, Mittwoch 14-18 Uhr; Handschriften- und Musiklesesaal Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag 9-12:30 Uhr, 13:30-16:30 Uhr, Mittwoch 9-12:30 Uhr; Kartensammlung (Karolinenplatz 3): Mittwoch und Freitag 10-12 u.n.V.; Theatersammlung (Karolinenplatz 3): Mittwoch 10-12 u.n.V.; TU-Archiv (Karolinenplatz 3): nur n.V.; Zweigbibliothek Lichtwiese (El-Lissitzky-Str. 1): Montag bis Freitag 8:30-19 Uhr; Leihverkehr: DLV, internat. Leihverkehr.
Technische Einrichtungen für den Benutzer. Kopier-, Druck- und Scanstationen, Notebookausleihe Mikrofiche-Lesegeräte, Reader-Printer, Reproservice.
Gedruckte Informationen. Info-Blätter.
Hinweise für anreisende Benutzer. Straßenbahn- und Busverbindung vom Hauptbahnhof (Linie 2, 3 und Buslinien F, H und K) bis Haltestelle Schloss. Parkmöglichkeiten in der Tiefgarage Schlossgarage, Tiefgarage Darmstadtium oder dem Parkhaus Justus-Liebig.

Inhalt

 Bestandsgeschichte ................................... [1.1]
 Hofbibliothek ........................................ [1.2]
 Hessische Landesbibliothek ........................... [1.20]
 Bibliothek der Technischen Hochschule ................ [1.26]
 Hessische Landes- und Hochschulbibliothek ............ [1.30]
 Bestandsbeschreibung ................................. [2.1]
 Schleiermacher-Bestand (Abteilungen K-W) ............. [2.5]
 Numerus-currens-Bestand .............................. [2.94]
 Reste des Schleiermacher-Bestandes ................... [2.94]
 Numerus currens 38/1ff. bis 57/1 ff................... [2.107]
 Periodica ............................................ [2.123]
 Sondersammlungen ..................................... [2.134]
 Kataloge ............................................. [3.0]
 Moderne allgemeine Kataloge .......................... [3.1]
 Darmstadt 2
 Moderne Sonderkataloge ............................... [3.2]
 Historische Kataloge des Gesamtbestandes ............. [3.3]
 Historische Kataloge von Teilbeständen ............... [3.4]
 Historische Kataloge der inkorporierten
 Bibliotheken ......................................... [3.5]
 Historische Kataloge der Bibliothek der 
 Technischen Hochschule ............................... [3.6]
 Quellen und Darstellungen zur Geschichte
 der Bibliothek ....................................... [4.0]
 Archivalien .......................................... [4.1]
 Darstellungen ........................................ [4.2]
 Veröffentlichungen zu den Beständen .................. [5.0]
 Allgemeines .......................................... [5.1]
 Inkorporierte Sammlungen ............................. [5.2]
 Nach Schlagwörtern ................................... [5.3]
 Nach Personen ........................................ [5.4]

1. BESTANDSGESCHICHTE

1.1 Die Hessische Landes- und Hochschulbibliothek Darmstadt besteht in ihrer heutigen Form seit dem Jahr 1948. Sie entstand durch Erlaß des Hessischen Ministers für Kultus und Unterricht vom 16. Juli 1948, in dem die Zusammenlegung der Hessischen Landesbibliothek mit der Bibliothek der Technischen Hochschule verfügt wurde. Beide Bibliotheken hatten durch Bombenangriffe 1944 erhebliche Verluste erlitten. Die Landes- und Hochschulbibliothek hat seitdem eine doppelte Aufgabenstellung mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Als Universitätsbibliothek der Technischen Hochschule erwirbt sie vorrangig Literatur der Bereiche Naturwissenschaft und Technik, als Regionalbibliothek sammelt sie vor allem geistes- und gesellschaftswissenschaftliches Schrifttum. Die Bibliothek ist dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst unmittelbar unterstellt.

Hofbibliothek

1.2 Die Anfänge der Bibliothek lassen sich nicht auf ein bestimmtes Datum festlegen. Schon in einer Wittumsverschreibung aus dem Jahre 1375 ist von Büchern im Darmstädter Schloß die Rede, und in einem Inventar von 1444 wurden neben verschiedenen wertvollen Haushaltsgegenständen 37 Codices aufgeführt, die allerdings nicht mehr nachweisbar sind. Den Grundstock der heutigen Bibliothek bildeten wenige Bücher, die Landgraf Georg I. (1547-1596) bei Regierungsantritt (1567) nach der Teilung Hessens von Kassel mitbrachte. Die Sammlung wurde planmäßig und systematisch vermehrt. Um 1595 umfaßte sie etwa 500 Werke, hinzu kamen ca. 250 Bde von Georgs erster Frau Magdalena zur Lippe (1552-1587), seinem Sohn Ludwig (1577-1616), der ab 1596 als Ludwig V. regierte, sowie seinen Töchtern Christina (1578-1596) und Elisabeth (1579-1655). Es war eine gewöhnliche Büchersammlung ohne Besonderheiten, wie sie damals an den kleineren Höfen des Adels üblich war (Erich Zimmermann). Sie enthielt Literatur zu den Gebieten Rechtsprechung, Verwaltung, Kriegs- und Bauwesen, Gesundheitsfürsorge, Landbau, Tierzucht, Jagd, Erzgewinnung und Alchemie sowie Theologie einschließlich Literatur zu den religiösen Fragen der Zeit. Ein Drittel entfiel auf die Theologie.

1.3 Über die Entwicklung der Bibliothek in der Folgezeit gibt es nur vereinzelte Nachrichten. Die Kammerrechnungen, die über Einzelkäufe im Ausland durch Kaufherren sowie in Augsburg und Frankfurt durch Agenten hätten Auskunft geben können, sind im letzten Weltkrieg verbrannt. Die Frau Ludwigs V., Magdalena, eine Prinzessin von Brandenburg († 1616), hinterließ nahezu 200 Bde theologischen und geschichtlichen Inhalts. Einen bedeutenden Zuwachs erfuhr die Bibliothek durch die Büchersammlung von Sophie Eleonore (1609-1671), der Frau Landgraf Georgs II. (1605-1661, Regierungsantritt 1626) und Tochter des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen. Der genaue Umfang der Sammlung ist unbekannt. Ein Teilkatalog geistlicher Bücher verzeichnet 382 oft mehrbändige Werke. Sophie Eleonore erwarb auch den sogenannten " Thesaurus Picturarum" des kurpfälzischen Kirchenrates Markus zum Lamm (1544-1606), eine umfangreiche Sammlung von Texten und Illustrationen zum Zeitgeschehen und zur Naturkunde. 1643 fiel durch Erbschaft die wertvolle Bibliothek des Landgrafen Philipp von Butzbach (1581-1643) an Georg II. Sie wurde auf etwa 4000 Bde geschätzt. Die Theologie war am stärksten vertreten, gefolgt von Philosophie, Geschichte, Jurisprudenz und Medizin. In der Bibliothek Philipps waren enthalten die Bibliotheken des Württembergischen Hofbeamten Hans Georg von Berlichingen, des Gießener Professors der Medizin Joseph Lautenbach und des elsässischen Theologen und Dichters Conrad Lautenbach.

1.4 Mit der Regierung Ludwigs VI. (1661-1678) kann von einer eigentlichen Schloß- oder Hofbibliothek die Rede sein. Ludwig ließ die in den Schlössern und sonstigen herrschaftlichen Gebäuden befindlichen Bücher nach Darmstadt bringen. 1669 erwarb er die Bibliothek des Hanauischen Geheimrats Johann Michael Moscherosch (1601-1669) mit etwa 2300 Werken, die sich auf die einzelnen Wissensgebiete wie folgt verteilen: Libri Theologici 150 Titel, Juridici 186, Medici 66, Politici, Historici, Geographici 714, Oratorii et Humanitates 221, Philosophici 133, Poetici 225, Germanici 169, Gallici 248, Italici 72, Hispanici 77, Anglici 27. Zu der von Ludwig VI. geplanten geschlossenen Aufstellung der Bücher kam es erst 1685 unter Ernst Ludwig (1678-1739) in drei Zimmern des oberen Geschosses des Glockenbaues. Ihr erster Bibliothekar wurde 1692 Johann Balthasar Moscherosch, Sohn von Johann Michael Moscherosch. 1717/1718 erfolgte eine erste Katalogisierung durch Johann Philipp Jung (Leiter der Hofbibliothek von 1736-1750).

1.5 Im Jahre 1733 erhielten die Söhne Ludwigs VIII. (1739-1768) die Bibliothek des letzten Grafen von Hanau, Johann Reinhard II., als Geschenk. Die sogenannte Hanauische Bibliothek, zuvor im Besitz eines gräflichen Beamten namens Henning, wurde 1772 mit der Hofbibliothek vereinigt. Der gedruckte Katalog zählt 1889 Nummern. Unter Ludwig VIII. wurde ferner die Bibliothek des 1765 verstorbenen Geh. Regierungsrates Johann Jakob Hombergk für 5000 fl. angekauft. Schwerpunkte der Sammlung waren deutsche Geschichte und deutsches Staatsrecht. Der Ankauf war Anlaß für die Verlegung der Bibliothek aus den zu eng gewordenen Räumen im Glockenbau 1768 in das nordwestliche Erdgeschoß des neuen Schlosses (Rheinstraßenseite). Die Aufstellung erfolgte nach Wissenschaftsgebieten. 1778 wurde die Bibliothek zum ersten Male einem größeren Kreise zugänglich gemacht, zunächst allerdings nur dem Hof und der Regierung bis zu den bei den Kollegien angestellten Räten hinab.

1.6 Nach Abbruch eines Kataloges aus der Zeit um 1760 wurde der Bestand 1780 von Helfrich Bernhard Wenck (Bibliothekar von 1777 bis 1803) in einem vierbändigen Katalog nach Fächern und innerhalb dieser alphabetisch erschlossen. Die Systematik umfaßte Hilfswissenschaften, europäisches und deutsches Staatsrecht, bürgerliches Recht, Lehnrecht, Philologie, schöne Wissenschaften, Mathematik, Physik, Theologie und Philosophie. Im selben Jahr wurde eine 1772 beschlossene und nur teilweise verwirklichte Kameralbibliothek, die sich aus den einschlägigen Werken der Hofbibliothek speisen sollte, wieder mit der Hofbibliothek verschmolzen. Offenbar auf Drängen Wencks wurden verstärkt Bücher auf Auktionen erworben und der Anschaffungsetat von 100 auf 500 fl. erhöht. 1789 betrug die Bandzahl 16.000.

1.7 Den größten Zuwachs und ihre Glanzzeit erlebte die Bibliothek unter Ludewig, dem späteren ersten Großherzog (1790-1830). Gleich zu Beginn seiner Regierung, am 7. November 1791, verfügte er, " bei der Buchauswahl mehr auf größere, seltenere, ausländische und vorzüglich Hauptwerke, als auf neuere, besonders Handbücher, deren jeder vom Metier doch immer selbst haben und sich anschaffen müsse, Rücksicht zu nehmen, indem doch die Absicht öffentlicher Bibliotheken nicht eigentlich ist, die Anschaffung von Privatbibliotheken entbehrlich zu machen, sondern diesen nur durch ihre reichen und selteneren Schätze zu Hilfe zu kommen und Privatgelehrte in ihren Bemühungen zu erleichtern." Neben der Förderung der Hofbibliothek baute Ludewig eine eigene, nicht unbedeutende Kabinettsbibliothek auf. Grundstock bildete die Bibliothek seiner Mutter Caroline (1721-1774), der Großen Landgräfin. Sie umfaßte 2450 meist französische Werke. Durch Ankäufe aus seinen eigenen Mitteln vermehrte er den Bestand kontinuierlich. Die Bibliothek war in den Räumen des Glockenbaues untergebracht, bis sie später (1817) mit der Hofbibliothek vereinigt wurde.

1.8 Für die Hofbibliothek führte die Säkularisation von 1803 zu einer bisher nicht gekannten Bestandsvermehrung. Sie beruht in erster Linie auf den nach Darmstadt verbrachten Bibliotheken der Benediktiner in Seligenstadt, der Dominikaner in Wimpfen, der Kapuziner in Bensheim und Dieburg und der Karmeliter in Hirschhorn. In Grenzen hält sich die Anzahl der Bücher, die aus den kurkölnischen Teilen Westfalens nach Darmstadt kamen: Grafschaft (Benediktiner), Bredelar (Zisterzienser), Wedinghausen bei Arnsberg (Prämonstratenser), Ewich bei Attendorn (Augustinerchorherren) und Glindfeld (Kreuzherren). Noch bedeutender als diese Bestände war die Sammlung des Kölner Barons Johann Wilhelm Adam Hüpsch (1750-1805), die als Vermächtnis nach dessen Tode am 1. Januar 1805 an Ludewig fiel. Sie enthielt mehr als 4000 Druckwerke, die Hüpsch zumeist aus kölnischen, niederrheinischen und niederländischen Klöstern an sich gebracht hatte.

1.9 Neben Klosterbibliotheken wurden unter Ludewig folgende Privatbibliotheken ganz oder teilweise erworben: Andreas Böhm, Mathematiker (1790); Johann Heinrich Merck, der Freund Goethes (1792); Sammlung Fischer-Podozzi (1803, besonders ältere Drucke, die der Naturforscher und Mainzer Bibliothekar Gotthelf Fischer von Waldheim, † 1853, zumeist auf zwielichtige Art und Weise an sich gebracht hatte); Andreas Peter von Hesse, Staatsminister (1804, besonders altklassische Werke); Ernst Gottfried Baldinger (1738-1804), Prof. der Medizin in Göttingen und Marburg (1811, fast ausschließlich medizinische Werke, insgesamt mehr als 10.000 Titel); Georg Nikolaus Wiener, Kirchenrat (1813, Theologie). Aus Versteigerungen kamen folgende Bestände hinzu: Ludwig Karl Gottlieb Scriba, Kirchenrat († 1804, naturwissenschaftliche Werke); Fürst Salm zu Regensburg (1808 und 1813, spanische Literatur); die Kurfürstlich kölnische Verlassenschaft (1813).

Kurt Hans Staub

1.10 Die Ablieferung von Pflichtexemplaren an die Hofbibliothek in Darmstadt wurde erstmals in einer Verordnung festgelegt, die Landgraf Georg II. (1626-1662) in den ersten Jahren seiner Regierungszeit erließ. Ihr Datum und Wortlaut ist nicht überliefert, ihr Inhalt ist jedoch aus zwei landgräflichen Verfügungen an den Rektor der Universität Marburg (1633) und an den akademischen Syndikus am Darmstädter Pädagog (1642) bekannt. Danach wurde bestimmt, daß die in der Landgrafschaft lebenden Drucker von jeder Veröffentlichung ein Exemplar an die Hofbibliothek abzuliefern hätten. Die Verordnung wurde jedoch nicht streng befolgt und geriet schließlich in Vergessenheit. Im Jahre 1805 wandte sich daher der Hofbibliothekar Friedrich Ludwig Wagner mit einer Eingabe an Landgraf Ludewig X. Dieser erließ am 3. Juli 1805 eine Verordnung, in der bestimmt wurde, daß die Verlags-Buchhandlungen des Landes je ein Exemplar ihrer Veröffentlichungen an die Hofbibliothek in Darmstadt, an die Universitätsbibliothek in Gießen und an die Provinzialbibliothek des Herzogtums Westfalen in Arnsberg einzusenden hätten. Aber auch diese Verordnung fand, ebenso wie die modifizierte Fassung vom 30. August 1808, zunächst wenig Beachtung.

1.11 Die territorialen Veränderungen von 1816 das Herzogtum Westfalen wurde an Preußen abgetreten, dafür fiel Rheinhessen an das Großherzogtum hatten zur Folge, daß anstelle der Arnsberger Bibliothek als dritte empfangsberechtigte Bibliothek die Stadtbibliothek Mainz trat. Da in Rheinhessen das französische Recht großenteils Gültigkeit behielt, gab es im Großherzogtum Hessen fortan zwei Arten von Ablieferungspflichtigen: in den Provinzen Starkenburg und Oberhessen die Verleger, in Rheinhessen die Drucker. In einer neuen, 1836 erlassenen Ministerialverordnung zur Pflichtablieferung wurden für den Fall des Nichtbefolgens Zwangsmaßnahmen angedroht. Da diese Zwangsmaßnahmen jedoch nie durchgeführt wurden, entzog sich eine Anzahl von Verlegern und Druckern weiterhin der Ablieferungspflicht. Bemühungen um Verbesserung der Bestimmungen, mit denen in den achtziger und neunziger Jahren des 19. Jhs auch der hessische Landtag beschäftigt wurde, blieben ohne Erfolg. Die Regelungen behielten auch im Volksstaat Hessen bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges Gültigkeit. Seitdem sind die Pflichtexemplare aus dem Bereich der ehemaligen Provinzen Starkenburg und Oberhessen an die Landes- und Hochschulbibliothek Darmstadt abzuliefern.

1.12 Das Jahr 1817 brachte für die Darmstädter Bibliothek drei Veränderungen, die für ihre weitere Entwicklung von entscheidender Bedeutung waren: (1) die Vereinigung der Kabinettsbibliothek mit der Hofbibliothek, (2) den Bezug neuer Räume im Ostflügel des Neuschlosses und (3) die Öffnung der Bibliothek für das Publikum (Bekanntmachung in der Großherzoglich Hessischen Zeitung vom 11. September 1817). Den öffentlichen Charakter der Bibliothek unterstrich der Großherzog mit einer Urkunde vom 20. Juli 1820, in der er bestimmte, daß " die nun mit unserer Privatbibliothek vereinigte ehemalige Hofbibliothek als Staatseigentum betrachtet und behandelt werden" solle.

1.13 Die durch Zusammenlegung der beiden Bibliotheken entstandene neue Hofbibliothek sollte nach dem Willen Ludewigs I. ein einheitliches Ganzes bilden. Das bedeutete eine grundlegende Neuordnung und Neuaufstellung der Bestände. Mit dieser Aufgabe wurde Andreas August Ernst Schleiermacher beauftragt, Hofbibliothekar von 1811 bis 1830. Auch wenn Schleiermacher eine enzyklopädische Bildung als Berufsvoraussetzung für einen Bibliothekar ansah, hielt er es bei der zunehmenden Spezialisierung der Wissenschaftsgebiete kaum noch für möglich, daß diese Arbeit fachgerecht von einer einzigen Person geleistet werden könne. Er zog daher eine kleine Gruppe von Fachwissenschaftlern heran, mit denen er schon eine Art Fachreferentensystem einrichtete. Zur Neuordnung der umfangreichen Bestände (zu dieser Zeit ca. 100.000 Bde) entwarf Schleiermacher sein Bibliographisches System der gesammten Wissenschaftskunde, das 1847 in überarbeiteter und teilweise veränderter Form im Druck erschien. Auf dessen Grundlage wurde ein Systematischer Katalog von solcher Qualität erarbeitet, wie ihn kaum eine andere große Bibliothek jener Zeit besaß.

1.14 Die gesamten Wissenschaften teilte Schleiermacher in 25 Abteilungen ein, die er mit Großbuchstaben versah:

 [ A ] Allgemeine Encyclopädie und Literärgeschichte
 [ B ] Gesammelte Werke und vermischte Schriften (vielseitigen
 Inhalts)
 [ C ] Linguistik und Theorie der Schönen Wissenschaften
 [ D ] Philologie und classische Literatur (mit Ausschluß des
 Historischen)
 [ E ] Schöne Literatur in neueren Sprachen
 [ F ] Schöne Künste (hauptsächlich Theorie)
 [ G ] Allgemeine Geschichte (Universalgeschichte 
 einschließlich Allgemeine Geographie und historische 
 Hilfswissenschaften)
 [ H ] Allgemeine Archäologie, Statistik und Ethnographie, 
 mit  Einschluß der Geschichte der politischen Verhältnisse
 überhaupt und der Kriegs- und Friedensgeschichte
 [ I ] Allgemeine Religions- und Kirchengeschichte
 [ K ] Landeskunde und Geschichte von Griechenland;
 Europäische Geschichte Türkei, Rom, Italien, Portugal, Spanien
 [ L ] Landeskunde und Geschichte von Frankreich und Schweiz
 [ M ] Landeskunde und Geschichte von Deutschland, Österreich-
 Ungarn, Bayern, Würtemberg, Baden, Hessen, Preußen u. a.
 [ N ] Landeskunde und Geschichte der Niederlande, Belgien,
 Großbritannien und Irland, Skandinavien, Slaven
 [ O ] Geographie und Geschichte der außereuropäischen 
 Welttheile; Biographien
 [ P ] Mathematik, Physik, Chemie, Astronomie
 [ Q ] Naturgeschichte
 [ R ] Oeconomische und technologische Wissenschaften, Bergbau,   
 Forst- und Jagdwesen, Handel und Schiffahrt und
 Militärwissenschaften
 [ S ] Medizin
 [ T ] Medizin
 [ U ] Philosophie, Pädagogik, sogenannte Geheime Wissenschaften
 [ V ] Theologie
 [ W ] Theologie
 [ X ] Jurisprudenz, Naturrecht, Völkerrecht, Positives Recht, 
 Recht einzelner Länder
 [ Y ] Lehnrecht, Kriminalrecht, Kirchenrecht, Praktisches Recht
 [ Z ] Staatswissenschaften, Kameralwissenschaften, 
 Nationalökonomie, Staatswirtschaft, Polizeiwissenschaft, 
 Finanzwissenschaft
Die Einzeldisziplinen der Wissenschaften wurden mit ihren Untergliederungen in einer fortlaufenden Zahlenreihe nebeneinandergeordnet.

1.15 Mit großer Energie wurde der weitere Bestandsaufbau betrieben, teils durch umfangreiche Ankäufe auf Auktionen, teils durch Erwerb ganzer Bibliotheken. Noch zur Zeit der Neuordnung (1815-1817) konnten drei namhafte Sammlungen erworben werden: die Bibliothek des Gießener Vizekanzlers Helwig Bernhard Jaup (1750-1806) mit vorwiegend juristischer und staatswissenschaftlicher Literatur (nach Abzug der Dubletten ca. 6000 Bde und 16.000 Dissertationen; Kaufpreis 6000 fl.), die Bibliothek des Oberhofpredigers Johann August von Starck (4000 fl.) und die Bibliothek des Hofpredigers Georg Wilhelm Petersen. Aus der Staatskasse erhielt die Bibliothek jährliche Zuwendungen in Höhe von 1100 fl. Dieser Betrag reichte jedoch nicht einmal für die Gehälter der Beamten aus. Großherzog Ludewig I. stellte wie schon zuvor für die Kabinettsbibliothek nun auch für die vereinigte Hofbibliothek jährlich größere Summen aus seiner Privatschatulle zur Verfügung. Der Kabinettsrechnung zufolge flossen so von 1816 bis zu Ludewigs Tod im Jahre 1830 insgesamt 395.000 fl. der Hofbibliothek zu.

1.16 Mit dem Regierungsantritt Ludwigs II. 1830 hörten die Zuschüsse aus der Kabinettskasse auf. In den Folgejahren standen der Bibliothek nur sehr geringe Mittel zur Verfügung. Im Jahre 1836 erklärten sich die Stände bereit, Unterhalt und Vermehrung der inzwischen auf ca. 200.000 Bde angewachsenen Bibliothek auf Staatskosten zu übernehmen. Auf diese Weise sollte ihre Weiterentwicklung im Sinne Ludewigs I. gesichert werden. Unter den Bibliotheksdirektoren Karl August Ludwig Feder (1830-1856) und Johann Wilhelm Mitzenius (1856-1873), beide schon Mitarbeiter Schleiermachers, konnte somit der zügige Bestandsaufbau fortgesetzt werden. Der käufliche Erwerb ganzer Privatbibliotheken war zwar, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht mehr möglich. Dafür kam es aber zu zahlreichen Schenkungen und Vermächtnissen, die vom großen Interesse zeugten, das der Bibliothek entgegengebracht wurde. Als Beispiele seien Schenkungen der sechziger und siebziger Jahre genannt: Prälat D. Karl Zimmermann vermachte der Bibliothek 700 Dissertationen, der badische Vizekonsul und Buchhändler H. Laemmert in Rio de Janeiro vermachte den größten Teil seines reichen brasilianischen Verlagsangebots (267 Bde, darunter mehrere Kupferwerke) und Kaiserin Maria von Rußland schenkte eine reiche Sammlung russischer wissenschaftlicher Literatur. Außerdem verdient die mehr als 3000 Bde umfassende alchimistisch-okkultistische Bibliothek des 1841 verstorbenen Rats Franz Karl August Wunderlich (1769-1841) Beachtung.

1.17 Eine genaue Zählung, die im Jahre 1865 durchgeführt worden war, ergab bei den Druckwerken einen Bestand von 376.485 Bdn, ferner 74.000 Dissertationen und kleinere Schriften, 3000 Hss. und 12.000 Karten. Bei den Druckwerken bildeten die Gebiete Landeskunde und Geschichte der europäischen Staaten (Abteilungen K-N) mit 72.252 Bdn, Linguistik und Philologie (C-E) mit 51.993, Medizin (S, T) mit 49.986, Jurisprudenz und Staatswissenschaften (X-Z) mit 35.157 und Theologie (V,W) mit 30.669 die größten Sachgruppen. Mit 17.733 Bdn im Bereich Mathematik, Physik, Chemie, Astronomie (P) und 14.533 bei der Naturgeschichte (Q) besaß die Bibliothek aber auch in diesen Gebieten für die damalige Zeit sehr ansehnliche Bestände.

1.18 Im Jahre 1871 wurde die Großherzogliche Militärbibliothek und 1873 die Musikalien der Hofmusik-Bibliothek in die Hofbibliothek überführt; 1887 wurde die wertvolle Bibliothek des Historischen Vereins übernommen. Mit zahlreichen Gesellschaften und Geschichtsvereinen des In- und Auslands trat die Bibliothek in Tauschbeziehungen, was vor allem zur Vergrößerung des Zeitschriftenbestandes beitrug. Darüber hinaus traf die Bibliothek mit einigen Darmstädter Vereinen (Ärztlicher Verein, Richard-Wagner-Verein, Lehrerinnen-Verein u. a.) Vereinbarungen, wonach diese die von ihnen abonnierten Zeitschriften z. T. gegen eine geringe Entschädigung an die Hofbibliothek weitergaben. Von 1870 bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges wurde die Zahl der laufend gehaltenen Zeitschriften fast verzehnfacht; sie stieg von 281 im Jahre 1870 auf ca. 2700 im Jahre 1914.

1.19 Die seit Schleiermachers Zeiten geübte Praxis, an der Hofbibliothek alle Wissenschaftsgebiete möglichst gleichmäßig auszubauen, wurde im letzten Drittel des 19. Jhs im Interesse einer rationellen Mittelbewirtschaftung aufgegeben. Um Doppelanschaffungen zu vermeiden, wurde die technische und naturwissenschaftliche Literatur vorrangig an der Bibliothek der Technischen Hochschule, die gewerbliche und kunstgewerbliche Literatur hauptsächlich an der Bibliothek des Landesgewerbevereins (später Bibliothek des Gewerbemuseums) gesammelt. Zu Beginn des 20. Jhs hatte die Bibliothek einen Bestand von 454.000 Bdn (1902). Sie zählte damit zu den größten Bibliotheken des Deutschen Reiches und rangierte nach den Königlichen Bibliotheken in Berlin, München, Dresden und Stuttgart und den Universitätsbibliotheken in Göttingen, Leipzig, Straßburg und Heidelberg an neunter Stelle. Der Erwerbungsetat lag in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg bei durchschnittlich 35.000 Mark im Jahr.

Hessische Landesbibliothek

1.20 Nach Überführung der Kabinettsbibliothek in die Hofbibliothek hatte sich in den Folgejahren beim großherzoglichen Haus erneut privater Bücherbesitz in größerem Umfang angesammelt. Auf Veranlassung des Erbprinzen und späteren Großherzogs Ludwig III. war daraus in den vierziger Jahren des 19. Jhs eine neue Kabinettsbibliothek gegründet worden, mit deren Leitung 1853 Philipp A. F. Walther betraut wurde (1873-1885 auch Direktor der Hofbibliothek). Aus dieser neuen Kabinettsbibliothek wurden von Zeit zu Zeit größere Büchergeschenke an die Hofbibliothek abgegeben; in den Jahren 1911 bis 1919 waren es insgesamt 7300 Bde. 1921 verkaufte der abgedankte Großherzog Ernst Ludwig ca. 40.000 Bde der Kabinettsbibliothek für einen Betrag von 60.000 RM an die ehemalige Hofbibliothek, die seit 1917 den Namen " Hof- und Landesbibliothek" und seit 1920 den Namen " Landesbibliothek" führte.

1.21 In den beiden ersten Jahrzehnten des 20. Jhs ist eine größere Zahl von Büchersammlungen teils durch Geschenk, teils durch Ankauf in die Hofbibliothek eingegangen. Hiervon seien besonders erwähnt: 5000 Bde pädagogische Literatur und 4100 Bde zu Landwirtschaft, Handel und Gewerbe, die in den Jahren 1904 und 1907 aus dem Innenministerium übernommen wurden; die wissenschaftliche Bibliothek des 1904 verstorbenen Bibliotheksdirektors Gustav Nick, darin eine planmäßig angelegte Sammlung von Ovid-Literatur (1060 Bde); die kriegsgeschichtliche Sammlung des Major Alfred Zernin, 2510 Bde, darunter wertvolle Prachtwerke über Uniform- und Waffenkunde (1907), ergänzt durch Ankauf der 2700 Bde umfassenden historischen und militärgeschichtlichen Sammlung seines Vaters, des Verlagsbuchhändlers Eduard Zernin (1912); 1800 Bde, vorwiegend medizinische Literatur, des Geheimen Medizinalrats Dr. Wilhelm Jaeger (1911); die Iatrohygienische Bibliothek des Geheimen Sanitätsrats Dr. Carl Gerster aus Braunfels (1738-1804), 1679 Bde medizinische Literatur, zumeist aus dem 16. bis 18. Jh (1916). Als Geschenk des Großherzogs erhielt die Hofbibliothek 1912 34 große Kisten mit Büchern aus der Bibliothek des Schlosses Fischbach in Schlesien, die durch Erbschaft an ihn gelangt waren.

1.22 Im Jahre 1914 war die Bibliothek auf 564.000 Bde angewachsen. Die Zahl der Bücher hatte sich damit seit Bezug der Räume im Ostflügel des Schlosses fast versechsfacht, so daß der Platz seit langem nicht mehr ausreichte. Adolf Schmidt (Bibliotheksdirektor 1904-1924) bemühte sich daher seit seinem Amtsantritt intensiv um die Verbesserung der Raumsituation. Ein Plan sah vor, gegenüber dem neuen Landesmuseum neben dem Schloß auch ein neues Gebäude für die Bibliothek zu errichten. Nach einem anderen Plan sollte der durch Verlegung der Bahnlinie und Eröffnung des neuen Hauptbahnhofs 1912 funktionslos gewordene Ludwigsbahnhof nach entsprechenden Um- und Ausbauten die Bibliothek und das Archiv aufnehmen. Alle Pläne machte der Erste Weltkrieg zunichte. In den zwanziger Jahren schuf man schließlich durch Umbau des südwestlichen und westlichen Schloßflügels für die Bibliothek ein neues Domizil, das ihrer Bedeutung und Größe angemessen war. Zur Zeit der Eröffnung im September 1932 hatte die Bibliothek einen Bestand von 717.000 Bdn.

1.23 Hanns W. Eppelsheimer (Direktor 1929-1933) brach 1930 die alte systematische Aufstellung ab und ging zur mechanischen Aufstellung über. Für die Werke ab 1901, die er aus dem Altbestand herauszog, führte er anstelle des längst veralteten Schleiermacherschen Systems einen neuen Sachkatalog nach der von ihm entwickelten und an der Stadtbibliothek Mainz erprobten Methode ein. Die Zeitschriften wurden ebenfalls aus dem systematischen Altbestand herausgenommen und gesondert aufgestellt.

1.24 1921 wurde die Bibliothek des Landestheaters einverleibt und 1931 die aufgelöste Bibliothek des Hessischen Gewerbemuseums (30.000 Bde) in die Landesbibliothek überführt. Mit ihr kam auch die Patentschriftenauslegestelle ins Schloß (s. u. 2.159-161). Bei den bedeutsamen Erwerbungen dieser Zeit ist besonders die Bibliotheca erotica-curiosa (ca. 500 Bde) des Bürgermeisters Rudolf Molz aus Welgesheim (Rheinhessen) zu nennen. Als Dauerleihgabe kam 1922 die Freiherrlich von Closen-Günderodische Fideikommiß-Bibliothek aus Höchst an der Nidder (Oberhessen) an die Landesbibliothek, überwiegend Schriften des 16. bis 18. Jhs mit Schwergewicht auf theologischer, historischer, staats- und rechtswissenschaftlicher Literatur (31.236 Titel in 15.252 Bdn); 1958 ging die Sammlung in den Besitz der Bibliothek über. Der reguläre Erwerbungsetat (einschließlich Einbandmittel) der Bibliothek betrug in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg durchschnittlich ca. 45.000 RM.

1.25 Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges ging man zunächst daran, besonders wertvolle Hss. und Inkunabeln in einem feuersicheren Raum im Landesmuseum unterzubringen, später auch an anderen Orten. An eine planmäßige Auslagerung der Buchbestände wurde zunächst nicht gedacht, zumal Darmstadt nicht als besonders gefährdet galt. Erst nachdem andernorts Luftangriffe auch in Bibliotheken erhebliche Verluste verursacht hatten, begann man Ende 1942 mit der Verlegung der Bücher aus den Dachgeschoßmagazinen ins Erdgeschoß und in den Keller des Schlosses sowie mit dem planmäßigen Transport an andere Auslagerungsorte. Der Abtransport der Büchermengen ging jedoch wegen unzureichend vorhandener Transportmittel nur schleppend vonstatten. Beim Luftangriff im September 1944, der die Innenstadt von Darmstadt zu mehr als 80 Prozent zerstörte, ging auch das Schloß in Flammen auf. Von den 780.000 Bdn der Bibliothek verbrannten über 400.000 Bde. Vollständig oder fast vollständig vernichtet wurde der Monographienbestand ab Erscheinungsjahr 1901, der Lesesaalbestand und vom Altbestand die Schleiermacher-Abteilungen A-I und X-Z (s. o. 1.14). Teilweise verbrannt sind die Schleiermacher-Abteilungen K-M und die Musikalien. Erhalten oder weitgehend erhalten blieben die Schleiermacher-Abteilungen N-W, die Periodica, die Hss. und Inkunabeln, die Kartensammlung, das Theaterarchiv und die Patentschriftensammlung.

Bibliothek der Technischen Hochschule

1.26 Die Buchbestände der Polytechnischen Schule (ab 1877 Technische Hochschule), die bis dahin auf die Fachabteilungen verstreut waren, wurden 1872 im Gebäude am Kapellplatz zu einer Zentralbibliothek zusammengefaßt. Der Umfang dieser neuen Bibliothek lag bei 10.000 Bdn. Der 1876 erschienene Katalog der Allgemeinen Bibliothek der Großherzoglichen Hessischen Polytechnischen Hochschule zu Darmstadt verzeichnet in sachlicher Ordnung ca. 12.000 Bde. Einen hohen Anteil haben noch die Geisteswissenschaften (36 Prozent Geschichte und Literatur); rechts- und staatswissenschaftliche Literatur fehlt fast ganz. Geleitet wurde die Bibliothek im Nebenamt von einem der Professoren, der jeweils für drei Jahre mit der Möglichkeit der Wiederwahl gewählt wurde. Für die laufenden Arbeiten und die Aufsichtsführung stand ihm ein Bibliotheksgehilfe zur Seite. Seit 1895 kümmerte sich eine aus durchschnittlich acht Mitgliedern bestehende Bibliothekskommission um die Belange der Bibliothek. Das Anwachsen der Bibliothek und die steigenden Studentenzahlen führten bald zu erheblicher Raumnot. Nach vorübergehender Unterbringung in einem angemieteten Privathaus konnte die Bibliothek 1895 ins neuerrichtete Hauptgebäude der Technischen Hochschule am Herrngarten übersiedeln. Die im Mitteltrakt gegenüber dem Haupteingang günstig gelegenen Bibliotheksräume waren jedoch von Anfang an zu klein und auch die Erweiterung im Jahre 1907 brachte nur vorübergehende Erleichterung.

1.27 Dem 1902 in zweiter Auflage erschienenen Katalog ist zu entnehmen, daß die naturwissenschaftliche und technische Literatur gegenüber der ersten Auflage von 1876 anteilmäßig stark zugenommen hat. Der Katalog verzeichnet auch die Bestände der Bibliotheken, die sich an einzelnen Lehrstühlen gebildet hatten. Sie sind schon z. T. erheblich umfangreicher als die Bestände der jeweiligen Fachgebiete in der Hauptbibliothek. Um die Jahrhundertwende hatte die Bibliothek der Großherzoglichen Technischen Hochschule einen Bestand von ca. 40.000 Bdn. Sie war damit umfangmäßig den meisten Bibliotheken Technischer Hochschulen (Braunschweig, Dresden, München, Stuttgart) gleichzusetzen. Mit ihrem Erwerbungsetat von 4000 Mark lag sie jedoch weitaus an letzter Stelle. Die andauernde Unterdotierung bewirkte, daß der Bestandsaufbau in der Folgezeit hinter dem an den vergleichbaren Bibliotheken zurückblieb.

1.28 In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen wuchs der Gesamtbestand der Bibliothek von 68.000 Bdn (1919) auf ca. 120.000 Bde bei Kriegsausbruch 1939. Wie schon in der Vorkriegszeit lag der jährliche Zugang im Durchschnitt bei 2500 Bdn. Im Jahre 1924 wurde die Leitung zum erstenmal einem hauptamtlichen Bibliothekar übertragen. Auch die Zahl der übrigen Mitarbeiter wurde allmählich vermehrt.

1.29 In den ersten Kriegsjahren beließ man die ganze Bibliothek in Darmstadt. Erst nachdem es im September 1943 zu Gebäudeschäden im Hochschulbereich gekommen war, begann man Anfang 1944 Teile an drei verschiedene Orte auszulagern. Es waren vor allem naturwissenschaftliche und technische Zeitschriften sowie neuere Monographien. Der größte Teil des älteren Bestandes verblieb aus Mangel an Platz und Transportmitteln in Darmstadt; er wurde bei der Zerstörung 1944 vollständig vernichtet. Insgesamt verbrannten etwa 80.000 Bde, also zwei Drittel des Bestandes.

Hessische Landes- und Hochschulbibliothek

1.30 Nach Kriegsende und nach Rückführung der ausgelagerten Bestände nahmen zunächst beide Bibliotheken notdürftig ihren Betrieb wieder auf. Bald aber schon wurde der Plan gefaßt, beide stark dezimierte Sammlungen zusammenzulegen, um wenigstens eine leistungsfähige Bibliothek aufzubauen. Die Fusion wurde 1948 vollzogen. Die Leitung der Hessischen Landes- und Hochschulbibliothek Darmstadt wurde dem Direktor der Landesbibliothek, Dr. Hans Rasp, übertragen. Die vereinigte Bibliothek behielt den traditionellen Standort im Neuschloß, das in Etappen bis 1958 wiederaufgebaut wurde. 1971 erhielt die Bibliothek mit Einrichtung einer Zweigbibliothek im Neubaugebiet der Technischen Hochschule einen zusätzlichen Standort.

1.31 Die Vermehrung des Bestands, das Anwachsen des Personals, die starke Zunahme der Benutzung und die Übernahme zusätzlicher Aufgaben (unter anderem Errichtung der Lehrbuchsammlung, der von der Volkswagen-Stiftung finanzierte Aufbau einer Restaurierwerkstatt) hatten zur Folge, daß die Räume trotz zunächst großzügiger Planung bald nicht mehr ausreichten. 1989 erhielt die Patentschriftenstelle, die bis dahin besonders unter Raummangel zu leiden hatte, ein neues Domizil in einem Gebäude der Fachhochschule. Dort befindet sich auch das Ausweichmagazin. Mit dem Auszug der Theatergeschichtlichen Sammlung sowie der Kartensammlung in das Haus der Geschichte (Mollerbau) im Jahr 1993 konnte der akuten Raumnot ebenfalls entgegenwirkt werden.

1.32 Bei ihrem Bestandsaufbau hatte die Bibliothek in den Nachkriegsjahren drei Aufgaben zu erfüllen: (1) Ergänzung der durch die Kriegseinwirkungen entstandenen Lücken; (2) Erwerb der wichtigen ausländischen Literatur aus der Kriegs- und Vorkriegszeit, (3) laufende Anschaffung der Neuerscheinungen des In- und Auslandes. Wegen unzureichender Erwerbungsmittel konnten alle drei Aufgaben nur in sehr begrenztem Umfang verwirklicht werden. Zur Lückenergänzung bemühte man sich besonders im ersten Jahrzehnt nach dem Krieg um die Übernahme geschlossener Sammlungen, teils aus öffentlichem, teils aus privatem Besitz. Bei den Sammlungen der öffentlichen Hand handelte es sich vor allem um die Bibliothek des ehemaligen Schulmuseums, der Hochschule für Lehrerbildung, des Ludwig-Georgs-Gymnasiums, Bestände aus den Wehrkreisbüchereien Friedberg, Büdingen und Kassel sowie um militärische und nationalsozialistische Schriften, die von den alliierten Regierungsstellen beschlagnahmt worden waren. An Privatsammlungen sind zu nennen: die Gräflich Erbach-Schönbergsche Familienbibliothek, die Bibliothek der Gräfin Grainberg, die Gelehrtenbibliotheken des Theaterwissenschaftlers Wolfgang Lenk, des Literaturhistorikers Arnold E. Berger, des Archäologen Emil Krüger und die wertvolle Sammlung Victor Heyfelder.

1.33 Die über Jahrzehnte andauernde Unterdotierung der wissenschaftlichen Bibliotheken des Landes Hessen hatte auch auf die Landes- und Hochschulbibliothek negative Auswirkungen. Ein kontinuierlicher, bedarfsgerechter Bestandsaufbau war bei den geringen Erwerbungsmitteln nicht möglich. An gezielte Ergänzungen des Altbestandes durch antiquarische Käufe war so gut wie überhaupt nicht zu denken. Vor allem wurde der doppelten Aufgabenstellung als Universitätsbibliothek der Technischen Hochschule (vorwiegend Bedarf an technischer und naturwissenschaftlicher Literatur, insbesondere Zeitschriften) und als Landesbibliothek (vorwiegend geistes- und gesellschaftswissenschaftliche Literatur) in keiner Weise Rechnung getragen. Über viele Jahre hin hatte die Bibliothek den niedrigsten Erwerbungsetat aller Bibliotheken Technischer Hochschulen und Universitäten in der Bundesrepublik, obwohl keine dieser Bibliotheken darüber hinaus in vollem Umfang den Bedürfnissen einer wissenschaftlichen Universalbibliothek gerecht werden mußte. Immerhin konnte und mußte die Bibliothek in den fünfziger und sechziger Jahren in einigen technischen Disziplinen die in- und ausländische Literatur einigermaßen vollständig sammeln, da ihr im Rahmen des Sondersammelgebietprogramms der DFG die Gebiete Angewandte Chemie und Chemische Technik, Bauwesen, Maschinenbau, Elektrotechnik und Elektrische Energietechnik übertragen worden waren; die Gebiete wurden aus Gründen der Konzentration 1971 an die Technische Informationsbibliothek in Hannover abgegeben. Erst in jüngster Zeit wurde die Etatsituation wesentlich verbessert. Eine weitere Verbesserung der finanziellen Lage der Bibliothek, die auch wieder in begrenztem Rahmen Neuerwerbungen auf dem Gebiet der Rara und historischen Bestände zulässt, brachte die Integration in die TU seit 1999 mit sich.

Yorck Haase

2. BESTANDSBESCHREIBUNG

2.1 Die Buchbestände sind im wesentlichen nach zwei Systemen aufgestellt: einem älteren systematischen von Schleiermacher und einem jüngeren nach Numerus currens. Als Eppelsheimer im Jahre 1930 die systematische Aufstellung abbrach, wurden aus dem Schleiermacher-Bestand alle Monographien nach 1900 und alle Zeitschriften herausgezogen. Der systematische Bestand besteht deshalb ausschließlich aus Monographien, die dem Altbestand zuzurechnen sind.

2.2 Der Numerus-currens-Bestand wurde 1944 fast vollständig zerstört, ebenso die Schleiermacher-Bestände der Abteilungen A-I und X-Z, während die Abteilungen K-W (hauptsächlich Naturwissenschaften) großenteils unversehrt blieben. Die Reste der stark zerstörten Schleiermacher-Abteilungen wurden nach dem Krieg geschlossen auf die " freigewordenen" Numerus-currens-Signaturen 31/1ff. bis 43/1ff. gestellt. Ebenfalls in den Numerus currens eingestellt wurden beträchtliche Mengen Altbestand aus Antiquariatskäufen, aus Beständen anderer Bibliotheken etc., die die Bibliothek zur Wiederherstellung ihrer geisteswissenschaftlichen Bestände übernahm.

2.3 Bei der Auszählung der Altbestände wurde der Schleiermacher-Bestand (K-W) anhand des alten systematischen Katalogs erfaßt, der Numerus-currens-Bestand wurde teils geschätzt, teils am Regal oder anhand der Eingangsbücher ausgezählt. Für den Inkunabelbestand, die Bibliothek Günderrode und den Altbestand an Periodika wurden bereits vorhandene Aufstellungen ausgewertet. Nur geschätzte Zahlenangaben liegen zu den Sondersammlungen Musik, Theater, Karten, Patent- und Schulschriften vor.

2.4 Insgesamt ergibt sich daraus folgender Altbestand in gerundeten Zahlen: 2200 Inkunabeln, 9100 Titel aus dem 16. Jh, 32.200 Titel aus dem 17. Jh, 60.300 Titel aus dem 18. Jh, 85.800 Titel aus dem 19. Jh und 4000 Titel ohne Jahresangabe. Dazu kommen rund 4000 Periodika, davon 1 Titel mit Erscheinungsbeginn im 16. Jh, 3 aus dem 17. Jh, 726 aus dem 18. Jh und 3200 aus dem 19. Jh. Weiterhin ist der Altbestand der Kartensammlung mit etwa 26.000 Einheiten, der Musikalienabteilung mit etwa 2000 Einheiten und der Patentschriftenabteilung mit etwa 110.000 Einheiten hinzuzurechnen. Theater- und Schulschriftensammlung tragen gemeinsam mit einigen Zehntausend Einheiten zum Altbestand bei.

Schleiermacher-Bestand (Abteilungen K-W)

Chronologische Übersicht und Übersicht nach Sprachen

2.5 Der Gesamtbestand von 126.702 Titeln umfaßt 1271 Inkunabeln, 7344 Titel aus dem 16. Jh, 13.999 Titel aus dem 17. Jh, 35.452 Titel aus dem 18. Jh, 65.426 Titel aus dem 19. Jh und 3210 Titel ohne Jahresangabe. Der Bestand der Hassiaca-Sammlung ist in diesen Zahlen nicht enthalten, weil er, obwohl hierher gehörig, heute in den Numerus-currens-Bestand eingegliedert ist und an entsprechender Stelle beschrieben wird (s. u. 2.104-106).

2.6 Mehr als die Hälfte des Bestandes (69.234 Titel) sind deutsche Titel, an zweiter Stelle folgen mit 34.243 die lateinischen. Der Anteil französischer Bücher ist mit 14.601 ebenfalls hoch, während die 3819 englischen Titel eine ungewöhnlich kleine Gruppe darstellen. Alle anderen Sprachen zusammen ergeben 4805 Titel. Unter den neuen Sprachen ragen Italienisch und Niederländisch, unter den alten Griechisch und Hebräisch heraus. Die Zahl enthält außerdem den größten Teil der mehrsprachigen Werke. Systematische Übersicht Die geschichtlich-geographischen Abteilungen

2.7 Der geschichtlich-geographische Bestand ist in der Schleiermacherschen Systematik über fünf große Abteilungen (K,L,M,N,O) verteilt. Einige sind von Kriegsverlusten betroffen, wenn auch noch weitgehend erhalten. Die Systematik gliedert den Bestand nach geographischen Gesichtspunkten, wobei der Benutzer die politische Landkarte Europas aus der Mitte des 19. Jhs vor Augen haben muß. Die erste Abteilung (K) umfaßt den geographischen Raum Griechenland, europäische Türkei, Italien, Portugal und Spanien, in den historischen Sachgruppen also die europäischen Länder der klassischen Antike und der Spätantike. Die zweite (L) umfaßt Frankreich und die Schweiz, die dritte (M) Deutschland mit seinen politisch selbständigen Teilstaaten sowie Österreich-Ungarn. Die vierte (N) umfaßt die Niederlande, Belgien, die Britischen Inseln einschließlich Helgoland, Skandinavien und Rußland einschließlich Finnland und Polen. In der fünften Abteilung (O) sind die außereuropäischen Weltteile zusammengefaßt.

2.8 Obwohl auch durch Kriegsverluste geschädigt, stellt die Abteilung Deutschland und Österreich-Ungarn mit 9397 Titeln die größte dar. Über die Hälfte (rund 5300) betreffen die Landeskunde Hessens und sind der wesentliche Bestandteil der Sammlung Hassiaca (s. u. 2.104-106). Das übrige Europa nimmt mit 9037 Titeln ungefähr ebensoviel Raum ein. Besonders zahlreich ist die Literatur über Frankreich (2276 Titel). Allein 607 Titel gelten der Französischen Revolution; sie sind Bestandteil einer Sondersammlung " Französische Revolution". Auch die skandinavischen Länder sind mit 1674 Titeln gut repräsentiert, ebenfalls Osteuropa mit 2126. Von den übrigen Ländern sind noch die Britischen Inseln mit 887 Titeln und die Niederlande mit 665 gut vertreten. Alle anderen haben höchstens die Hälfte dieses Umfangs. Die Literatur über die Iberische Halbinsel stellt heute nur noch einen unbedeutenden Restbestand von 132 Titeln dar. Insgesamt 7302 Titel enthält die außereuropäische Abteilung. Zentral- und Kleinasien mit Vorderem Orient sind darin mit 2234, Ostasien, Indien und Sibirien mit 1320 vertreten. Amerika insgesamt stellt 2210, Afrika 1276, Polynesien und Ozeanien 262 Titel.

2.9 Deutschland (ohne Hessen) und Österreich-Ungarn. Der Bestand umfaßt 26 Inkunabeln, 289 Werke des 16. Jhs, 961 des 17. Jhs, 1152 des 18. Jhs, 1458 des 19. Jhs und 219 ohne Jahresangabe. Die deutschsprachigen Werke bilden mit 3235 Titeln die Mehrheit, daneben sind 751 lateinische, 85 französische, 8 englische und 26 anderssprachige Werke vorhanden.

2.10 Zur Geographie und Geschichte Deutschlands sind insgesamt 661 Sachgruppen vorhanden, von denen aber nur 24 mit zusammen 128 Titeln die Geographie einschließlich Reisebeschreibungen und Landschaftsansichten betreffen. Der Bestand reicht hier vom 15. Jh bis ins 19. Jh, und das Rhein-Neckar-Main-Gebiet ist leicht bevorzugt.

2.11 Von den historischen Sachgruppen gelten 44 der frühen deutschen Geschichte bis zu den Karolingern (199 Titel mit einem hohen Anteil älterer Literatur, insbesondere Quellensammlungen), weitere 99 Sachgruppen gelten den Kaisern und Königen des Alten Reiches ab Ludwig dem Deutschen (843-876) bis zu Franz II. bzw. dem Reichsdeputationshauptschluß. Diese sind nur unvollständig besetzt, Schwerpunkte auch im Hinblick auf den Anteil älterer Literatur sind die Sachgruppen zu Karl V. (1519-1558; 122 Titel, davon 92 aus dem 16. Jh) und zu Ferdinand II. (1619-1637; 398 Titel, davon 305 aus dem 17. Jh). Die Geschichte des 19. Jhs sowie Wirtschaft, Rechtswesen, Kriegswesen und kulturelle Bereiche werden in den übrigen Sachgruppen behandelt, z. T. regional gegliedert. Auch hier sind zwar nicht alle besetzt, insgesamt ergibt sich aber ein vollständiges Bild der politischen, sozialen und kulturellen Aspekte der Zeit. Zu erwähnen sind zahlreiche Sachgruppen zur regionalen Geschichte von den Anfängen bis ins 19. Jh oder die kirchengeschichtlichen mit insgesamt 99 Titeln.

2.12 Eine ähnliche Gliederung weist auch der Bestand zu Österreich-Ungarn auf. Einigen geographischen Sachgruppen mit insgesamt 55 Titeln (alle 19. Jh) steht eine Vielzahl historischer Sachgruppen (zusammen 556 Titel) gegenüber, die den Bestand sehr detailliert unterteilen, aber fast durchweg von geringem Umfang sind. Sachliche Schwerpunkte lassen sich kaum erkennen, und auch das Alter des Bestandes ist in den meisten Sachgruppen nicht auffällig. Es seien daher nur zwei der 237 historischen Sachgruppen erwähnt, deren Umfang durch eher zufällig wirkende Umstände herausragt: Kirchengeschichte von Salzburg, insbesondere Salzburger Emigranten (45 Titel, davon 40 aus dem 18. Jh) und Bösche Unruhen von 1618 (162 Titel, davon 150 aus dem 17. Jh).

2.13 Von 129 vorgesehenen Sachgruppen zum Königreich Bayern sind 29 mit insgesamt 172 Titeln besetzt. Allein bei den Kartenwerken und unter den Werken über bayerische Geschichte sind einige aus dem 15. und 16. Jh zu finden, der Hauptanteil des Bestandes ist jedoch aus dem 18. Jh. Die einzige größere Sachgruppe ist die zum " Baierischen Successionsstreit" 1778 mit 89 überwiegend zeitgenössischen Titeln. Schwaben, Württemberg und Baden sind mit zusammen 135 Titeln nur schwach repräsentiert. Über die Hälfte betrifft die Geographie Württembergs (alle 19. Jh). Die Rheinlande (Rheinpfalz, Kurfürstentum Mainz) und besonders Hessen bilden dagegen deutliche Schwerpunkte. Von den 816 Titeln (außer Hessen) betreffen 111 die Geographie, die übrigen gelten der Geschichte und den politischen Zuständen dieser Länder. Eine deutliche Konzentration des Bestandes (auch des älteren) ist in den chronologischen Sachgruppen " Einzelne Pfalzgrafen und Kurfürsten" (127 Titel, davon eine Inkunabel, 24 aus dem 16. Jh, 48 aus dem 17. Jh) und " Einzelne Erzbischöfe und einzelne Begebenheiten bis 1803" (121 Titel, davon eine Inkunabel, 14 aus dem 17. Jh, 45 aus dem 18. Jh) erkennbar. Bis auf unerhebliche Restbestände verloren ist die Literatur zum Herzogtum Nassau, zur Freien Stadt Frankfurt, zum Fürstentum Waldeck und zum gesamten nord- und ostdeutschen Raum einschließlich der Preußischen Monarchie mit dazugehörigen Provinzen.

2.14 Europa außer Deutschland und Österreich-Ungarn. Von den 9037 Titeln zur Geographie und Geschichte Europas sind 20 Inkunabeln, 540 stammen aus dem 16. Jh, 753 aus dem 17. Jh, 2669 Titel aus dem 18. Jh, 4636 aus dem 19. Jh und 419 haben keine Jahresangabe. 1053 Titel sind in lateinischer, 3209 in deutscher, 2946 in französischer und 574 in englischer Sprache. Auch andere europäische Sprachen sind in 1253 Titeln auffallend häufig vertreten, da die geographisch-historische Literatur häufig in der entsprechenden Landessprache vorliegt.

2.15 Den größten Umfang hat mit 2276 Titeln die Literatur über Frankreich. Hier ist eine große Zahl von allgemeinen historischen Werken z. T. Inkunabeln zu erwähnen, bei den spezielleren Werken ist erst die französische Geschichte ab Karl VII. (1422-1461), ebenfalls durch zahlreiche Werke des 16. Jhs vertreten. Die während des Krieges ausgelagerte Literatur zur Französischen Revolution bildet heute einen besonders wertvollen und geschlossenen Bestand (607 Titel, davon über 350 aus dem 18. Jh), auch wenn trotz der Vorsorgemaßnahmen einige Kriegsverluste zu beklagen sind. Auch die Ereignisse nach der Revolution sind in zahlreichen Werken festgehalten; besonders hervorzuheben ist eine Memoirensammlung (534 Titel, davon 24 aus dem 17. Jh, 180 aus dem 18. Jh), die die Zeit vor, während und nach der Revolution umfaßt. Die geographischen Sachgruppen und die sehr zahlreichen Sachgruppen zu den einzelnen Departements sind gleichmäßig, aber eher schwach besetzt. Landschafts- und Städteansichten bilden einen großen Teil des Bestandes, der nicht selten bis ins 16. Jh zurückreicht. Eine umfangreiche Sachgruppe ist die Literatur über das Elsaß (173 Titel, davon 95 aus dem 18. Jh, 28 älter).

2.16 Auch die Abteilung " Rußland, Finnland, Polen" nimmt mit 2126 Titeln einen großen Raum ein. Die frühe Geschichte der Slawen ist mit 62 Titeln (davon 2 aus dem 16. Jh, 5 aus dem 17. Jh, 25 aus dem 18. Jh) relativ gut belegt. Nur wenige der insgesamt rund 100 Sachgruppen sind von größerem Umfang. Die geographischen Sachgruppen einschließlich Reisebeschreibungen, Kartenwerken und Landschafts- und Städteansichten enthalten 186 Titel, wovon gut die Hälfte Reiseliteratur ab dem 18. Jh ist. Die ältesten Werke aus dem 16. Jh sind geographischen Inhalts. Unter den geschichtlichen Sachgruppen sind einige umfangreiche mit historischen Quellensammlungen, die jedoch mit Ausnahme einer 1576 in Frankfurt erschienenen Übersetzung der Moskowitischen Chronik von Heinrich Pantaleon nicht über das 18. Jh zurückreichen. Die Geschichte unter den einzelnen Zaren ist lückenlos und gleichmäßig gut durch zeitgenössische Werke belegt. Dies trifft auch für die frühe Zarenzeit bis 1613 zu. Bei den Beschreibungen einzelner Landesteile des russischen Reiches nehmen die Baltenländer und darunter besonders Livland (9 deutschsprachige Titel aus dem 16. Jh) eine Sonderstellung ein. Finnland ist mit 28 Titeln ebensogut vertreten wie andere russische Provinzen. Insgesamt 30 Sachgruppen mit über 500 Titeln betreffen Polen. Auch hier sind die allgemeinen historischen Sachgruppen einschließlich der Quellensammlungen diejenigen mit dem größten Altbestand (155 Titel, davon 110 aus dem 19. Jh). Auch zu den polnischen Königen, besonders Heinrich von Valois (1573-1574), August II. (1697-1733) und Stanislaus Leszczynski (1733-1736) ist zeitgenössische Literatur vorhanden, ebenso zu den Teilungen Polens 1764-1795 (72 Titel, je zur Hälfte 18. und 19. Jh).

2.17 130 Sachgruppen mit insgesamt 1674 Titeln betreffen Skandinavien. Davon bilden 16 (243 Titel) einen allgemeinen Teil, 54 (833 Titel) betreffen Dänemark einschließlich Schleswig-Holstein und Island, und 60 betreffen Schweden und Norwegen (598 Titel). Auch hier stellt die geographische Literatur einschließlich Karten und Reiseliteratur einen großen Anteil des älteren Bestandes. Hervorzuheben ist eine kleine Sammlung isländischer Sagas und von Literatur zur älteren und jüngeren Edda (141 Titel) in Ausgaben des 18. und 19. Jhs. Die Literatur zur Geschichte Dänemarks konzentriert sich nach Umfang und Alter des Bestandes auf die Könige aus dem Oldenburgischen Haus (ab 1448). Eine Sonderstellung nimmt mit allein 331 Titeln (3 aus dem 16. Jh, 25 aus dem 17. Jh) auch Schleswig-Holstein ein. Die Literatur über Schweden und Norwegen ist ohne besondere Schwerpunkte gleichmäßig auf die Sachgruppen verteilt. Hervorzuheben ist allenfalls die Sachgruppe über Gustav II. Adolph (1611-1632) mit 18 zeitgenössischen Werken.

2.18 Von den übrigen europäischen Ländern sind lediglich die Niederlande (81 Sachgruppen, 665 Titel) und die Britischen Inseln (170 Sachgruppen, 887 Titel) durch größere Abteilungen vertreten. Es folgen Rom und Italien mit Sardinien, Sizilien, Malta und dem Vatikan (203 Sachgruppen, 478 Titel), Griechenland (59 Sachgruppen, 306 Titel), Schweiz (55 Sachgruppen, 245 Titel), Türkei (23 Sachgruppen, 131 Titel), Belgien (27 Sachgruppen, 117 Titel), Spanien (80 Titel) und Portugal (52 Titel). Generell ist der Altbestand in den geographischen Sachgruppen einschließlich der Kartenwerke und bei der allgemeinen historischen Literatur konzentriert. Auch die Kirchengeschichte ist in der Regel ein Schwerpunkt älterer Literatur. Individuelle Schwerpunkte sind z. B. bei Griechenland die byzantinischen Geschichtsschreiber (115 Titel), bei den Niederlanden die Beschreibungen einzelner Landesteile (über 150 Titel) und die Geschichte des Abfalls von Spanien (125 Titel). Die Literatur zu allen aufgezählten Ländern ist durch Kriegsverluste betroffen und steht heute nur noch in zufällig erhaltenen Teilbeständen zur Verfügung. Das gilt auch für die Literatur über die Britischen Inseln, wo von den 170 Sachgruppen nur noch 70 erhalten sind.

2.19 Außereuropäische Weltteile. Die Abteilung enthält 7303 Titel. 7 sind Inkunabeln, 101 stammen aus dem 16. Jh, 424 aus dem 17. Jh, 1727 aus dem 18. Jh, 4938 aus dem 19. Jh und 106 sind ohne Jahresangabe. Die Abteilung besteht aus 877 lateinischen, 2960 deutschen, 1743 französischen, 1206 englischen und 517 Werken in anderen Sprachen, darunter ein großer Teil in spanischer Sprache.

2.20 Eine erste Abteilung betrifft den Vorderen Orient einschließlich eines Teils von Zentralasien, Kleinasien und Ägypten, also den geographischen Raum der antiken Hochkulturen und die biblischen Schauplätze. Sie umfaßt rund 280 Sachgruppen und 2234 Titel. Die geographische Literatur einschließlich der Kartenwerke und der Reisebeschreibungen nimmt einen großen Raum ein, ebenso die Literatur zu den drei Hauptreligionen dieses Gebietes, dem Judentum, dem Christentum und dem Islam. Dagegen tritt die historische Literatur, speziell zu den alten Kulturen etwas zurück, ist aber dennoch mit Werken aller Epochen gut vertreten (mit Ausnahme von Ägypten, das in diesem Zusammenhang bei den afrikanischen Ländern behandelt wird). Auch einige Inkunabeln sind dieser historischen Literatur zuzuordnen, so Guido de Columnas Bericht über die Zerstörung Trojas in lateinischen und deutschen Ausgaben und ein Werk über Rhodos von Guillelmus Caoursin. Die Literatur über Palästina stellt mit 76 Sachgruppen und über 1000 Titeln den größten Themenkomplex dar. Sie umfaßt sowohl die biblische Geschichte des Landes als auch seine Geographie und die politische Entwicklung der Neuzeit. Eine Häufung älterer Werke ist in den Sachgruppen über die jüdische Religion einschließlich Antisemitismus und bei der Literatur über Jerusalem festzustellen.

2.21 Auch die 20 Sachgruppen zum Leben des Propheten Mohammed und zum Islam bilden mit zusammen 226 Titeln eine thematische Einheit. Erwähnenswert sind 35 Koran-Ausgaben, zum Teil kommentiert, sowohl in arabisch als auch in Übersetzungen, darunter einige lateinische des 16. Jhs. Weitere 44 Sachgruppen behandeln die Geschichte, Geographie und Kultur Persiens von der Antike bis ins 19. Jh. Von den 222 Titeln sind 146 aus dem 19. Jh, die ältesten reichen zurück ins 16. Jh (9 Titel).

2.22 Von den übrigen Regionen Asiens sind Vorderindien und Hindustan mit 32 Sachgruppen und 704 Titeln und China mit 31 Sachgruppen und 313 Titeln verhältnismäßig gut vertreten. Auf Hinterindien, Indo-China, Zentralasien, den asiatischen Teil Rußlands, Japan und Korea entfallen jeweils rund 50 bis 60 Titel. Dabei handelt es sich im wesentlichen um die Literatur im Zusammenhang mit den Expeditionen des 18. und 19. Jhs oder mit der Missionierung Zentral- und Ostasiens.

2.23 Der gesamte Raum der pazifischen Inselstaaten einschließlich des australischen Kontinents wird in 58 Sachgruppen und 262 Titeln behandelt. Die Literatur reicht in Einzelfällen bis ins 17. Jh zurück (4 Titel aus dem 17. Jh, 32 aus dem 18. Jh), besteht aber zum größten Teil aus der Reiseliteratur der Kolonialzeit. Entsprechend häufig sind holländische, spanische und englische Werke.

2.24 Eine weitere umfangreiche Abteilung bildet die Literatur zu Afrika. Ägypten ist mit 56 Sachgruppen und über 500 Titeln durch geographische wie durch historische Literatur am besten vertreten. Der Bestand weist 3 Werke des 16. Jhs, 19 des 17. Jhs, 89 des 18. Jhs und über 400 des 19. Jhs auf. Eine Inkunabel, De ritu et moribus Indorum, dürfte fehl am Platze sein, auch wenn neben der legendären Indienmission des Priesters Johannes auch sein Wirken in Äthiopien erwähnt wird. Rund 500 Titel, vorwiegend aus dem 18. und 19. Jh, betreffen die übrigen Länder Nord- und Zentralafrikas. Die Sachgruppen mit Reiseliteratur heben sich ausnahmslos durch ihren Umfang und zum Teil auch durch das Alter des Bestandes hervor. Besonders wertvoll erscheinen die wenigen, dafür aber sorgfältig ausgeführten Werke mit künstlerischen Darstellungen der afrikanischen Länder, sowie die reich illustrierten archäologischen Werke. Südafrika, Ostafrika und die zu Afrika gehörenden Inseln bilden die letzte Gruppe. Auch hier ist die Literatur kaum älter als aus dem 18. Jh. Die großen Territorien Transvaal, Kapland, Deutsch-Ostafrika, die im Mittelpunkt der Kolonialpolitik des 19. Jhs standen, bilden den Schwerpunkt (über 100 der insgesamt 209 Titel).

2.25 Die letzte große Abteilung betrifft den amerikanischen Doppelkontinent (213 Sachgruppen, 2211 Titel). Mehr als bei den anderen steht hier die Entdeckungsgeschichte und die Geschichte der einheimischen Kulturen im Vordergrund. Die Literatur in den betreffenden Sachgruppen (rund 500 Titel) geht häufig bis ins 16. Jh zurück (21 Titel aus dem 16. Jh, 34 aus dem 17. Jh, 149 aus dem 18. Jh) und ist zu einem großen Teil in spanischer oder portugiesischer Sprache. Eine kleine Untergruppe der Entdeckungsliteratur befaßt sich mit der vorkolumbianischen Entdeckung durch skandinavische und irische Seefahrer (34 Titel, davon einer aus dem 17. Jh). Die Abteilung ist geographisch von Norden nach Süden gegliedert, wobei 187 Titel auf die Nordpolarregionen einschließlich Grönland und Kanada entfallen. Außer einigen Werken über Grönland aus dem 16. Jh stammt die Literatur fast ausnahmslos zu gleichen Teilen aus dem 18. und 19. Jh. Die Vereinigten Staaten werden in 62 Sachgruppen und 682 Titeln behandelt. Alle Teilstaaten sowie überregionale geographische und kulturgeschichtliche Themen bis hin zu Anleitungen für Einwanderer sind gleichmäßig gut vertreten. Die älteste Literatur betrifft die ehemals französischen Gebiete (Louisiana, 2 französische Titel aus dem 17. Jh).

2.26 Mexiko, die Isthmus-Staaten und Westindien sind durch 151 Titel vertreten, wobei die Reiseliteratur und die Literatur zu den altamerikanischen Kulturen mit 69 Titeln den Hauptanteil und den ältesten Bestand darstellt. Auch die Werke Alexander von Humboldts (1769-1859) fallen z. T. in diese Gruppe. Auch beim südamerikanischen Kontinent (566 Titel) fallen Reise- und Expeditionsliteratur durch ihren Umfang ins Auge. Die Werke Alexander von Humboldts stellen den wissenschaftlichen Höhepunkt einer Gattung dar, die schon durch Reiseberichte des 16. Jhs aus Brasilien vertreten ist (4 Titel). Überhaupt bildet die Literatur über Brasilien mit 178 Titeln die größte Unterabteilung (168 Titel aus dem 19. Jh). Unter dem älteren Bestand sind einige geographische Kartenwerke zu nennen. Von den übrigen südamerikanischen Ländern sind Peru und die La-Plata-Länder durch teilweise bis ins 16. Jh zurückreichende Literatur vertreten, die anderen hauptsächlich durch jüngere Reiseliteratur. Immerhin 24 Titel (davon 3 aus dem 17. Jh, 16 aus dem 18. Jh) betreffen die Südspitze des Kontinents und die ihr gegenüberliegenden antarktischen Regionen. Biographien und Familiengeschichte

2.27 Von den insgesamt 12.251 Titeln (Signatur 0) entfallen 1456 auf Biographien und 10.795 auf Familiengeschichte. Der Bestand enthält 29 Inkunabeln, 296 Werke des 16. Jhs, 909 des 17. Jhs, 2818 Werke des 18. Jhs, 7850 Werke des 19. Jhs und 349 Werke ohne Jahresangabe. Nach Sprachen sind es 1559 lateinische Titel, 7828 deutsche, 1819 französische, 534 englische und 511 in anderen Sprachen. Der hohe Fremdsprachenanteil ergibt sich aus der Tatsache, daß Werke dieser Gattung überwiegend in der Sprache des Landes, aus dem die in Rede stehende Person oder Familie stammt, verfaßt sind.

2.28 Die biographische Abteilung enthält rund 700 Werke mit Biographiensammlungen, unter denen sich auch ein großer Teil des älteren historischen Bestandes befindet (eine Inkunabel) und etwa die gleiche Zahl von Einzelbiographien, die nach den Herkunftsländern der beschriebenen Person und nach deren Stand gegliedert sind. Bei den Herkunftsländern stehen Frankreich, Deutschland und Skandinavien mit je rund 80 Titeln an erster Stelle. Die nach Stand geordneten Biographien enthalten überwiegend Literatur über Fürsten und Adlige (über 250 Titel, bis ins 16. Jh zurückreichend), aber auch Werke über Personen niedrigerer Stände bis hin zum Verbrecher. Den Biographien von Frauen ist eine eigene Sachgruppe mit 32 Titeln gewidmet (darunter als Inkunabel Boccaccios De claris mulieribus in deutscher Übersetzung).

2.29 Die " Geschichte einzelner Familien und Personen" bildet mit 10.795 Titeln einen alphabetisch geordneten, überaus homogen wirkenden Bestand. Der Anteil älterer Werke ist bedeutend (27 Inkunabeln, 272 Titel aus dem 16. Jh, 848 aus dem 17. Jh, 2411 aus dem 18. Jh, 6901 aus dem 19. Jh und 336 ohne Jahresangabe). Der überwiegende Teil betrifft deutsche Familien und Personen, aber auch italienische, französische, skandinavische und andere Nationalitäten sind häufig. Persönlichkeiten aus dem politischen Leben und Künstler sind gegenüber Wissenschaftlern eindeutig in der Mehrzahl. Erwartungsgemäß läßt sich eine Konzentration auf hessische Persönlichkeiten feststellen. Mathematische und physikalische Wissenschaften

2.30 Der Bestand (Signatur P) umfaßt 12.633 Titel: 31 Inkunabeln, 432 aus dem 16. Jh, 1382 aus dem 17. Jh, 3650 aus dem 18. Jh, 6807 aus dem 19. Jh und 331 ohne Jahresangabe. 2506 sind in lateinischer Sprache, 8258 in deutscher Sprache, 1467 in französischer und 162 in englischer Sprache. In anderen Sprachen oder mehrsprachig sind 240 Titel.

2.31 Die Abteilung ist in die Sachgebiete Mathematik (112 Sachgruppen, 2756 Titel), Physik (61 Sachgruppen, 1774 Titel), Chemie (77 Sachgruppen, 2858 Titel), Mechanik fester, flüssiger und gasförmiger Körper sowie technische Anwendungen (81 Sachgruppen, 1773 Titel), Astronomie (62 Sachgruppen, 1479 Titel) und Mathematische und physische Geographie (51 Sachgruppen, 918 Titel) gegliedert. Hinzu kommen 17 Sachgruppen mit allgemeiner oder einführender Literatur und mit Nachschlagewerken (1075 Titel). Ein großer Teil (216 Titel) dieser allgemeinen Literatur besteht aus theologischen und philosophischen Betrachtungen zu den Naturwissenschaften; darunter sind mehrere Ausgaben von Bartholomaeus Anglicus' De proprietatibus rerum als Inkunabeln vorhanden. Ebenfalls zahlreich sind populärmathematische, unterhaltsame Werke (über 150 Titel, davon 4 aus dem 16. Jh, 31 aus dem 17. Jh, 81 aus dem 18. Jh). Erwähnenswert sind die phänologischen Schriften von Egon Ihne (1859-1943), die zusammen mit dem Werk Hermann Hoffmanns (1819-1891) die Phänologie als Zweig der Biologie begründeten.

2.32 Das Sachgebiet Mathematik enthält einen allgemeinen Teil mit Werken antiker Autoren (hauptsächlich Archimedes) und mittelalterlicher Autoren und mit einem großen Bestand an didaktischer Literatur ab dem 16. Jh (über 250 Titel). Unter " Vermischte Beiträge einzelner Verfasser" finden sich bereits spezielle Werke von Cardano (1501-1576) bis zu einigen großen Mathematikern des 19. Jhs. Auch die Literatur über Arithmetik und Algebra (im heutigen Sprachgebrauch eher die Lehre von den Gleichungen und Analysis) ist überwiegend für den Unterricht bestimmt. Das zeigt sich an zahlreichen mathematischen Tafelwerken und an der Vielzahl der für die praktische Anwendung gedachten, oft lehrbuchartigen Werke vom 15. Jh an (insgesamt 1085 Titel, darunter 3 Inkunabeln). Die Mathematik des 19. Jhs ist mit 770 Titeln keineswegs überrepräsentiert; einige wichtige Werke, so die von C. F. Gauss (1777-1855), fehlen gänzlich.

2.33 In den 31 Sachgruppen zur theoretischen Geometrie konzentriert sich der Bestand (661 Titel) auf allgemeine Anleitungen und auf die Anwendung analytischer Methoden in der Geometrie (fast 300 Titel). Unter den allgemeinen Werken sind auch die antiken Autoren vertreten, an erster Stelle Euklid mit zahlreichen Ausgaben (auch Inkunabeln, sowie die erste arabische Ausgabe von Nasredin al Tusi, Rom 1594). Die Anwendung analytischer Methoden in der Geometrie ist schon beachtlich früh belegt (16. Jh). Weitere 16 Sachgruppen enthalten Literatur zur praktischen Geometrie und Feldmeßkunst (456 Titel). Der größte Teil des älteren Bestandes ist in den Anleitungen zur Geodäsie (142 Titel) und in den Sachgruppen über geodätische Instrumente (60 Titel) und über tatsächlich ausgeführte Vermessungsarbeiten (überwiegend in Deutschland, aber auch z. B. in den Niederlanden) enthalten (82 Titel).

2.34 Drei kleine Sachgruppen mit zusammen 88 Titeln behandeln Maße und Gewichte, z. T. auch Münzkunde verschiedener Zeiten und Länder. Die Literatur reicht zurück bis ins 16. Jh, ist aber größtenteils aus dem 19. Jh (69 Titel).

2.35 Das Sachgebiet Physik ist im großen und ganzen durch populärwissenschaftliche Literatur vertreten, was aber dem Stellenwert dieser Wissenschaft in den vergangenen Jahrhunderten entspricht. Die experimentelle Seite mit ihrem Anspruch auf gehobene gesellschaftliche Unterhaltung steht deutlich im Vordergrund. Entsprechend umfangreich sind die einführenden und anleitenden Sachgruppen (über 600 Titel) mit einem hohen Anteil an älterem Bestand (21 Titel aus dem 16. Jh, 59 aus dem 17. Jh, über 250 aus dem 18. Jh). Ebenfalls durch zahlreiche ältere Werke vertreten sind allgemeine Überlegungen über das Wesen physikalischer Größen wie Festigkeit, Schwerkraft, Trägheit u. a., wobei gerade die ältere Literatur das Wunderbare, Unerklärliche dieser Erscheinungen hervorhebt (rund 300 Titel). Hauptsächlich jüngere Literatur befindet sich in den 10 Sachgruppen über Elektrizität und Magnetismus, die mit 375 Titeln gleichmäßig besetzt sind und sowohl spielerische Anwendungen als auch die wichtigsten technischen Errungenschaften (Elektromotoren, Radiotechnik, Beleuchtung, Telegraphie) behandeln. Einige Werke über Magnetismus reichen bis ins 17. und 16. Jh zurück (13 Titel). Die 23 Sachgruppen über Optik, Wärmelehre und Photographie enthalten mit rund 420 Titeln nur wenig Literatur aus dem Zeitraum vor 1800 (34 Titel); besondere Schwerpunkte sind nicht zu erkennen. Das gilt auch für die kaum vertretene Akustik (31 Titel).

2.36 In der Abteilung Chemie ist der Literaturbestand mit Ausnahme der alchimistischen Literatur überwiegend aus dem 18. und 19. Jh. Die Sachgruppen sind durchweg gleichmäßig besetzt, nur die Anleitungen zur praktischen Ausführung chemischer Experimente sind auffallend zahlreich (knapp 500 Titel). In der Literatur des 18. Jhs spiegelt sich deutlich der wissenschaftliche Streit um die Existenz des Phlogiston, insgesamt aber richtet sich ein großer Teil an den Praktiker, sei es ein experimentierender Laie oder ein Berufschemiker. Für die Geschichte der Chemie ergiebiger ist die alchimistische Literatur (843 Titel, davon 70 aus dem 16. Jh, 322 aus dem 17. Jh, 426 aus dem 18. Jh, 6 aus dem 19. Jh und 19 ohne Jahresangabe). Auch hier sind allein 375 Titel " Anleitungen zur Alchemie und zu den alchemischen Arbeiten" (42 Titel aus dem 16. Jh, 148 Titel aus dem 17. Jh). Insgesamt gibt der Bestand von der Alchimie ein vollständigeres Bild als von der moderneren Chemie. Erwähnenswert sind 112 Titel zum " Stein der Weisen".

2.37 Das Sachgebiet Mechanik ist grob in einen theoretischen Teil mit Literatur zur Physik der festen, flüssigen und gasförmigen Körper und einen praktischen Teil mit Literatur über technische Apparate, Maschinen aber auch Wasser-, Straßen- und Brückenbau gegliedert. Im theoretischen (rund 550 Titel) sind außer den " Allgemeinen Anleitungen zu den mechanischen Wissenschaften" (149 Titel) alle Sachgruppen gleichmäßig besetzt und weisen auch nach Erscheinungsjahren keine auffallenden Merkmale auf. Bei der Maschinenlehre (17 Sachgruppen, rund 270 Titel) ist dagegen eine Häufung älterer Literatur über Waagen, hydraulische Maschinen und Mühlen erkennbar (zusammen etwa 150 Titel, davon 35 aus dem 16. und 17. Jh). Von den 29 Sachgruppen zum Bauwesen mit insgesamt 941 Titeln befassen sich, abgesehen von 3 Sachgruppen mit allgemeinen Werken, 13 mit Wasserbau, 8 mit Straßenbau und 5 mit Brückenbau. Außer in der Sachgruppe " Wasserrecht, Flußrecht, Deichrecht etc." ist keine ältere Literatur als aus dem 18. Jh vorhanden. Nahezu ausschließlich aus dem 19. Jh stammt die Literatur zum Straßenbau (499 Titel), die in über 400 Titeln den Eisenbahnbau (besonders in Hessen) behandelt. Die Literatur zum Brückenbau ist mit 66 Titeln nur spärlich vorhanden; das einzige ältere Werk aus dem 17. Jh ist juristischer Natur.

2.38 Einen wesentlich von älterer Literatur geprägten Bestand enthält das Sachgebiet Astronomie mit 19 Inkunabeln, 171 Werken aus dem 16. Jh, 313 aus dem 17. Jh, 370 aus dem 18. Jh, 518 aus dem 19. Jh und 88 ohne Jahresangabe. Einen großen Teil machen die einführenden Schriften aus (435 Titel), zu denen auch 6 der Inkunabeln zu rechnen sind Schriften von Sacrobosco, Peurbach, Regiomontanus u. a. Antike Autoren sind kaum vertreten. Unter den Sachgruppen zu speziellen astronomischen Themen, die ohne nennenswerte Lücken gut und gleichmäßig besetzt sind (353 Titel), fällt eine große Anzahl astronomischer Tafelwerke ins Auge, die u. a. Tabellen von Regiomontanus, Johannes Angelus und die Alfonsinischen Tafeln als Inkunabeln enthalten. Weitere 20 Sachgruppen mit schwerpunktmäßig etwas jüngerer Literatur befassen sich mit dem Sonnensystem (408 Titel), insbesondere mit Kometen (164 Titel, eine Inkunabel). In 5 Sachgruppen sind schließlich 211 astrologische Schriften zusammengefaßt, darunter 7 Inkunabeln. Die umfangreichste Sachgruppe ist " Astrologische Weissagungen im allgemeinen, auf einzelne Zeiten und Begebenheiten" (69 Titel).

2.39 Der Sachbereich Mathematische und physische Geographie enthält mit 41 Sachgruppen und 918 Titeln einen sowohl thematisch als auch im Hinblick auf das Alter homogenen Bestand. Der rechnerische Durchschnitt von 22 Titeln pro Sachgruppe wird in den meisten Sachgruppen ungefähr erreicht, so daß keine besonderen Schwerpunkte zu erkennen sind. Es dominiert mit knapp 500 Titeln das 19. Jh, aber auch 18. Jh (290), das 17. Jh (75) und 16. Jh (30) sind angemessen vertreten. Die ältere Literatur konzentriert sich auf die Sachgruppen über Phänomene der Luft- und Wassersphäre. Naturgeschichte

2.40 Der historische Bestand der Abteilung Naturgeschichte (Signatur Q) umfaßt einschließlich Kartenmaterial 10.407 Titel. Darunter sind 2 Inkunabeln, 112 Titel aus dem 16. Jh, 467 aus dem 17. Jh, 3297 aus dem 18. Jh und 6301 aus dem 19. Jh. Ohne Jahresangabe sind 228 überwiegend französische und deutsche Titel. Nach Sprachen gegliedert sind es 2806 lateinische Titel, 5204 deutsche, 1646 französische, 530 englische und 221 Titel in anderen Sprachen.

2.41 Der Bestand läßt sich grob in einen allgemeinen, einen geologischen, einen botanischen und einen zoologischen Teil gliedern. In allen vier Bereichen wendet sich ein beträchtlicher Teil der Literatur an den in freier Natur arbeitenden Sammler. Besonders die im 18. Jh erschienenen Bücher warten mit Anleitungen zum Sammeln, Aufbewahren, Transportieren und zum wissenschaftlichen Beschreiben auf. Der Bestand spiegelt das mit der Aufklärung einsetzende allgemeine Interesse an der belebten und unbelebten Natur.

2.42 In der Unterabteilung " Naturgeschichte im Allgemeinen" ist fast die Hälfte der Titel (695) aus dem 18. Jh. Neben praktischen Anleitungen fallen Wörterbücher und systematische Nachschlagewerke ins Auge, zum größten Teil französischsprachig. Überhaupt ist der Anteil französischer Bücher auffallend hoch, nicht zuletzt durch die Enzyklopädien Buffons (1707-1788) und deren wissenschaftliche Breitenwirkung.

2.43 Die Unterabteilung " Naturgeschichtliche Geographie" (224 Titel) deckt hauptsächlich Europa ab, speziell Deutschland, Frankreich, die Niederlande und die Schweiz. Auch die außereuropäischen Regionen sind gleichmäßig gut vertreten. Der Bestand ist etwa zu gleichen Teilen aus dem 18. und 19. Jh. Nur 2 lateinische Werke aus dem 17. Jh behandeln Mexiko und Brasilien. In der Unterabteilung " Allgemeine Morphologie" sind 79 Titel zum Darwinismus hervorzuheben, hauptsächlich zeitgenössische Stellungnahmen für oder gegen die Darwinschen Hypothesen. Die mit 513 Titeln relativ große Unterabteilung " Geologie, Vulkanismus" enthält 136 Titel allgemeine Anleitungen, die ältesten aus dem 17. Jh. Bis ins 16. Jh zurück reichen Beschreibungen von Vulkanen und Erdbeben, aus dem 18. und 19. Jh stammt eine kleine Gruppe Beschreibungen merkwürdiger Gebirge und Felsen. Auch die paläontologische Literatur ist mit 561 Titeln gut vertreten; 133 entfallen auf " Geographische Petrefactenkunde im allgemeinen" und 224 auf " Beschreibungen von Versteinerungen einzelner Classen des Tierreichs". Hier wie in der Sachgruppe " Von falschen, fabelhaften Versteinerungen" finden sich die ältesten, aus dem 17. Jh stammenden Bücher.

2.44 Einen umfangreichen Bestand bietet die mineralogische Literatur (1363 Titel), die sich in allgemeine (486), regionale (539) und spezielle Mineralogie (338) gliedert. Die allgemeine mineralogische Literatur stammt bis auf 21 Titel aus dem 18. und 19. Jh und besteht zu mehr als einem Drittel aus allgemeinen Anleitungen, darunter auch einige aus dem 16. und 17. Jh. Unter den " Vermischten Beiträgen von einzelnen Verfassern" sind historische Standardwerke des 16., 17. und 18. Jhs (Georgius Agricola, Emanuel Swedenborg) zu finden, daneben auch weniger bekannte Autoren vorwiegend des 18. Jhs. Bei der regionalen Mineralogie steht Europa im Vordergrund. Der größte Teil (317 Titel) bezieht sich auf Österreich, Preußen und Deutschland. Ältere Literatur als aus dem 18. Jh ist kaum vorhanden (4 Titel). Unter den nichteuropäischen Regionen ist Amerika am besten vertreten, allerdings nur durch Literatur des 19. Jhs. Die spezielle Mineralogie bietet einen über alle Bereiche gleichmäßig gut verteilten Bestand, dessen ältester Anteil unter den Beschreibungen einzelner Mineralien zu finden ist (drei in Königsberg erschienene Schriften aus dem 16. Jh über den Bernstein).

2.45 Bei der botanischen Literatur sind von 3093 Titeln 930 allgemein einführender Art oder für den praktisch arbeitenden Sammler. Allein 44 aus dem 16. Jh fallen in diese Gruppe, darunter mehrere Werke der " Väter der Botanik" Otho Brunfels (1488-1534) und Leonhart Fuchs (1501-1566). Diese illustrierten und oft prächtig ausgestatteten Bücher sind gleichermaßen von künstlerischem und wissenschaftlichem Wert. 171 Titel bilden eine eigene Untergruppe " Abbildungen und Beschreibungen von Pflanzen", deren Bestand allerdings überwiegend aus dem 19. Jh stammt und nicht über das 17. Jh zurückreicht. Eine der wenigen Unterabteilungen mit überwiegend altem Bestand aus dem 16., 17. und 18. Jh (65 Titel von 104 Titeln) ist die Gruppe " Vermischte Beiträge von einzelnen Verfasssern". Hier sind neben Werken von Konrad Gesner (1516-1565) und Kaspar Bauhin (1560-1624) zahlreiche andere Verfasser vertreten (54 Titel aus dem 18. Jh).

2.46 Die zweite botanische Hauptgruppe (1045 Titel) ist die " Pflanzengeographie". Auch hier nimmt die europäische Flora den größten Raum ein, und mit 363 Titeln sind Österreich, Deutschland und Preußen am besten repräsentiert. Hier finden sich die ältesten Werke des Bestandes. Bei den außereuropäischen Gruppen ragt mit 96 Titeln (davon fast die Hälfte 17. und 18. Jh) die Flora von Asien und mit 78 Titeln (ein Drittel davon 17. und 18. Jh) die Flora von Amerika heraus. Eine eigene Untergruppe bilden die Botanischen Gärten. Die 140 Titel (über 100 aus dem 17. und 18. Jh) umfassen Beschreibungen oder Pflanzenkataloge botanischer Gärten, zum Teil reich illustriert. Die Hauptgruppen " Pflanzenphysiologie" und " Pflanzensystematik" (zusammen 1116 Titel) zeichnen sich durch gleichmäßig verteilten Bestand aus. Der Anteil älterer Werke ist gering; mit knapp 1100 Titeln überwiegen das 18. Jh (rund 300) und das 19. Jh (rund 800). Am umfangreichsten ist mit 624 Titeln die Unterabteilung " Einzelne Classen von Pflanzen, einzelne Familien und zu diesen gehörige Gattungen und Arten". Dieses scheinbare Übergewicht verteilt sich über rund 50 Genera (nach Stephan L. Endlichers Genera plantarum), die wiederum gleichmäßig besetzt sind.

2.47 Die Zoologie (3408 Titel) zerfällt in die Bereiche Allgemeine Zoologie (367), Tiergeographie (133), Anatomie und Physiologie der Tiere (702) und Spezielle Zoologie (2206). In der Allgemeinen Zoologie hat die Gruppe der praktischen Anleitungen mit 186 Titeln eine beherrschende Stellung. Sie enthält den größten Teil des älteren Bestandes, darunter als Inkunabeln zwei (verschiedene) Ausgaben von Albertus Magnus' Opus de animalibus, das noch in zahlreichen späteren Ausgaben, auch übersetzt, vorliegt. Die zoologischen Bücher Konrad Gesners (1516-1565) und Ulisse Aldrovandis (1522-1605) machen den größten Teil der Werke aus dem 16. und 17. Jh aus. Eine zweite mit 67 Titeln herausragende Gruppe sind " Abbildungen und Beschreibungen von Tieren" mit Werken des 18. und 19. Jhs, von denen die wichtigsten mit ihrer für die Zeit typischen künstlerischen Gestaltung oft mehrfach vertreten sind, so etwa die von Peter Simon Pallas (1741-1811) und Alfred Brehm (1829-1884) oder die Tierdarstellungen von Elias Ridinger (1698-1769) und Johann Konrad Susemihl (*1767). Die drittgrößte Untergruppe der Allgemeinen Zoologie " Fabelhafte und zweifelhafte Tiere" (19 Titel) fällt durch die Verteilung des Altbestandes auf: 2 Titel aus dem 16. Jh, 12 aus dem 17. Jh, 5 spätere.

2.48 Der relativ kleine Bereich Tiergeographie behandelt mit 70 von 133 Titeln hauptsächlich die Fauna Europas. Der Bestand ist mit Ausnahme Caspar Schwenckfelds Theriotropheum Silesiae (1603) nicht älter als aus dem 18. Jh und zeichnet sich durch illustrierte Werke aus. Hinzu kommt eine kleine Gruppe " Beschreibungen und Abbildungen von Tieren, welche auf größeren Reisen beobachtet und gesammelt worden sind", mit Tierbeschreibungen des Orients, der Südsee und der Neuen Welt (12 Titel). Bemerkenswert ist eine doppelt so starke Sachgruppe über Tiergärten und Tierkabinette mit Beschreibungen einiger im 18. und 19. Jh berühmter Tiersammlungen und -gärten, Aquarien, Insektensammlungen etc.

2.49 Der Bestand im Sachbereich Tierphysiologie und -anatomie (702 Titel) ist gleichmäßig auf die rund 20 Teilgebiete verteilt. Der ältere Bestand (bis 1800) ist wieder überwiegend in den Sachgruppen mit allgemeinen Anleitungen und unter den Schriften einzelner Verfasser (G. Agricola) zu finden. Auch unter der Literatur zu speziellen Gebieten wie Neurologie, Instinktverhalten, Stoffwechsel etc. sind alte Werke vorhanden. Nahezu 600 Titel des 19. Jhs bilden den gleichmäßig verteilten Hauptbestand. Der große Bereich der Speziellen Zoologie (2206 Titel) enthält ebenfalls in allen Teilbereichen vom Einzeller bis zum Säugetier und vom " gewöhnlichen" bis zum exotischen Tier einen umfangreichen und vielfältigen Bestand. Die Sachgruppen, die sich zahlenmäßig herausheben, enthalten in der Regel auch den ältesten Bestand und sind von allgemeiner Thematik, wie etwa die Systematik der Säugetiere, der Vögel, der Reptilien, der Fische, der Insekten und der Spinnen. Hier finden sich zahlreiche Werke ab dem 16. Jh, größtenteils mit Illustrationen. Besonders gut vertreten sind die allgemeinen Anleitungen zur Ichtyologie und zur Entomologie. Die Schmetterlinge nehmen mit 11 Titeln aus dem 17. Jh eine Vorzugsstellung ein. Die niederen Tiere sind bis auf wenige Ausnahmen (z. B. Korallen) nur durch jüngere Literatur ab dem 18. Jh vertreten, der Bestand ist aber auch hier mit 374 Titeln beachtlich. Ökonomische und technologische Wissenschaften

2.50 Mit 13.645 Titeln in knapp 800 Sachgruppen gehört auch diese Abteilung (Signatur R) zu den umfangreichsten. Wegen der umfassenden Thematik ist die chronologische Zusammensetzung in den einzelnen Sachgebieten höchst unterschiedlich, und es überwiegt vielfach die jüngere Literatur. Insgesamt enthält die Abteilung 6 Inkunabeln, 178 Werke des 16. Jhs, 683 Werke des 17. Jhs, 3167 Werke des 18. Jhs, 9192 Werke des 19. Jhs und 419 ohne Jahresangabe. Fremdsprachige Werke haben nur einen geringen Anteil: 1809 französischen, 777 lateinischen, 170 englischen und 417 Titeln in anderen Fremdsprachen stehen 10.461 deutschsprachige gegenüber.

2.51 Abgesehen von einer Gruppe allgemein einführender Werke sind in der Abteilung zusammengefaßt: Pflanzenbau (136 Sachgruppen, 1472 Titel), Tierhaltung (49 Sachgruppen, 924 Titel), Hauswirtschaft (45 Sachgruppen, 478 Titel), Forst- und Jagdwesen (79 Sachgruppen, 1108 Titel), Bergbau und Hüttenkunde (60 Sachgruppen, 628 Titel), Technologische Prozesse (133 Sachgruppen, 1604 Titel), Handel, Bankwesen (58 Sachgruppen, 800 Titel), Schiffahrt, Seewesen (23 Sachgruppen, 148 Titel) und Kriegswissenschaften (181 Sachgruppen, 5012 Titel). Die Kriegskunst stellt einen Schwerpunkt dieser Abteilung dar, und die Sammlung enthält eine große Anzahl von schwer zugänglichen Werken.

2.52 Die 6 Inkunabeln finden sich unter den allgemeinen Schriften: drei Ausgaben von Petrus de Crescentiis (um 1230-1310) Ruralium commodorum libri XII und Zusammenstellungen einiger Texte antiker römischer Autoren. Solche Zusammenstellungen sind bis ins 18. Jh beliebt und bilden einen beachtlichen Teil des älteren Bestandes. Insgesamt umfaßt die Gruppe der einführenden, anleitenden Literatur 1371 Titel, von denen knapp 400 vor dem 19. Jh erschienen sind.

2.53 Die Literatur über den Anbau von Pflanzen umfaßt außer allen Bereichen der Landwirtschaft (auch Wetter, Schädlinge, landwirtschaftliche Maschinen etc.) Gartenbau im allgemeinen und Baumzucht im besonderen. Die meisten der 136 Sachgruppen enthalten nur Literatur des 18. und 19. Jhs, in einigen ist auch älterer Bestand konzentriert. Zu diesen gehören allgemeine Anleitungen zum Gartenbau, zur Blumenzucht, zur Baumzucht und zur Obstkultur (zusammen 47 Titel älter als 18. Jh). Der Bestand des 18. Jhs ist auf ähnliche Sachgruppen konzentriert: Anleitungen zum Pflanzen-, Feld- und Ackerbau, zum Küchengartenbau, zum Weinbau. Beachtlich ist eine relativ große Sachgruppe über Düngung (9 Titel aus dem 18. Jh, 126 Titel aus dem 19. Jh).

2.54 Im Sachgebiet Tierhaltung, das neben der landwirtschaftlichen Viehzucht die Pferdezucht, Kleintierzucht, Geflügelzucht, Bienenzucht und Seidenraupenzucht beinhaltet, ist der ältere Bestand auf zwei Sachgebiete konzentriert: Pferdezucht (8 Titel aus dem 16. Jh, 24 aus dem 17. Jh, 58 aus dem 18. Jh, 230 aus dem 19. Jh) und Bienenzucht (ein Titel aus dem 16. Jh, 4 aus dem 17. Jh, 34 aus dem 18. Jh, 156 aus dem 19. Jh). Darüber hinaus ist eine kleine Gruppe über Taubenzucht mit zwei Titeln aus dem 17. Jh erwähnenswert. Die juristische Literatur im Zusammenhang mit Tierzucht, Tierhaltung und Handel ist mit 31 Titeln ebenfalls gut vertreten.

2.55 Das Sachgebiet Hauswirtschaft enthält ebenfalls nur wenig Literatur, die vor das 19. Jh zurückreicht. Diese betrifft einerseits das Gesinde und dessen Aufgaben (77 Titel), andererseits die Zubereitung und Aufbewahrung von Getränken, vor allem von Wein (39 Titel). Allein 14 Sachgruppen sind der Heiz- und Beleuchtungstechnik gewidmet. Auch hier finden sich einzelne aus dem 16. Jh stammende Werke, ebenso unter den " Vorkehrungen gegen Diebe".

2.56 Der Bestand an forstwissenschaftlicher Literatur (816 Titel) ist ebenfalls zum größten Teil aus dem 19. Jh (knapp 580 Titel). Lediglich die Sachgruppe Forst- und Jagdrecht enthält mit 33 von 61 Titeln überwiegend ältere Literatur bis aus dem 16. Jh (5 Titel). Zahlenmäßig hebt sich eine Gruppe " Allgemeine Anleitungen zur Forstwissenschaft für einzelne Gegenden und Darstellungen des Forstwesens in denselben" (96 Titel) hervor, die eine Reihe von zum Teil illustrierten Beschreibungen bedeutender Waldgebiete enthält (davon 3 Titel aus dem 16. Jh und 7 aus dem 17. Jh). Bei der Jagdliteratur ist das Jagdrecht mit 29 Titeln aus dem 17. Jh und 34 Titeln aus dem 18. Jh maßgeblich am älteren historischen Bestand beteiligt. Aber auch einzelne Spezialgebiete wie die Beizjagd oder die Fischerei sind mit Literatur aus dem 16. Jh vertreten.

2.57 Von den insgesamt 329 Titeln zum Thema Bergbau sind 75 juristischer Natur und reichen bis ins 16. Jh zurück. Ebenso alt sind einige der allgemein einführenden Werke und der Werke zur Geschichte des Bergbaus. Diese letztere Gruppe ist mit 106 Titeln am größten und weist auch den meisten Altbestand auf. Die restlichen Titel verteilen sich ziemlich gleichmäßig auf rund 20 Sachgruppen, von denen nur wenige, wie z. B. die über Wünschelruten oder über " Unterirdische Meß- und Markscheidekunst", älteren Bestand aufweisen. Die Hüttenkunde umfaßt 299 Titel in 32 Sachgruppen. Der Bestand des 18. und 19. Jhs ist gleichmäßig verteilt. Nur beim älteren Bestand heben sich einzelne Sachgruppen hervor, so vor allem die " Dokimasie - Probier- und Scheidekunst" mit 4 Werken aus dem 16. Jh, 5 aus dem 17. Jh und 17 aus dem 18. Jh, die z. T. noch in der alchimistischen Tradition stehen. Während die Sachgruppen zur Eisen-, Buntmetall- und Edelmetallgewinnung von annähernd gleich geringem Umfang sind, überraschen die Sachgruppen über Torf (40 Titel) und Salz (45 Titel).

2.58 Einen weiten Themenkomplex umfaßt die Abteilung Technologie (1604 Titel). Darin sind nicht nur technologische Prozesse der unterschiedlichsten Gewerbezweige vom Handwerk bis zur industriellen Herstellung zusammengefaßt, sondern auch Gewerberecht und Zunft- und Innungswesen in den europäischen Ländern. Von den insgesamt 133 Sachgruppen sind die zum Gewerberecht sowohl nach Umfang als auch nach Alter des Bestandes am bedeutendsten (174 Titel, davon einer aus dem 16. Jh, 24 aus dem 17. Jh, 34 aus dem 18. Jh). Die Sachgruppen zu einzelnen Gewerbezweigen sind durchweg klein, und ihr Bestand ist in der Regel aus dem 18. und 19. Jh. Einige Ausnahmen mit älterem Bestand sind Färberei, Glas- und Spiegelherstellung, Mühlenwesen, Braukunst, Bäckerei.

2.59 Die 58 Sachgruppen der Abteilung Handel, Bankwesen bieten ein ähnliches Bild. Das Handelsrecht nimmt einen wichtigen Platz ein (151 Titel), ebenso das Wechselrecht (76 Titel). Nennenswerter älterer Bestand ist nicht vorhanden, nur zum Bier- und Weinhandel sind einige Bücher des 16. Jhs zu erwähnen. Der Bereich Schiffahrt, Seewesen ist mit insgesamt 148 Titeln auffallend schwach vertreten. Er beschränkt sich auf eine kleine Gruppe auch älterer Literatur zum Seerecht und Versicherungswesen zur See und auf mehrere Sachgruppen zum Schiffbau und zur praktischen Schiffsführung. Dem Kriegsschiff gilt besondere Aufmerksamkeit.

2.60 Die Kriegswissenschaften nehmen unter den technischen Disziplinen den größten Raum ein und enthalten auch den größten Teil des Altbestandes: über ein Drittel aller Titel. Bei den Werken des 16. und 17. Jhs sind es mehr als die Hälfte, bei den Werken des 18. Jhs noch knapp ein Drittel, und erst bei den Werken des 19. Jhs sinkt der Anteil unter ein Viertel. Auffallend ist auch der hohe Anteil an französischer Literatur, der in einigen Sachgruppen (z. B. Artillerie) dem deutschen nahekommt. Die allgemeinen und einführenden Sachgruppen sind durchweg gut besetzt und weisen einen chronologisch lückenlosen Bestand auf. Das gilt auch für die Sachgruppen zur Militärgesetzgebung (rund 150 Titel). Den Charakter einer kleinen Sammlung zur Uniformenkunde haben die über 100 Werke aus dem 18. und 19. Jh zu diesem Thema, die zum Teil reine Abbildungswerke sind. Auch das Spezialgebiet der kleinen Feuerwaffen ist durch über 150 Titel (fast nur 19. Jh) überdurchschnittlich gut vertreten. Wegen ihres älteren Bestandes hervorzuheben sind Sachgruppen wie " Mathematische Wissenschaften für Militärs" (10 Titel), " Allgemeine Anleitungen zur Kriegskunst im engeren Sinne" (über 300 Titel), sowie mehrere Sachgruppen zur Geschützkunde. Auch antike und mittelalterliche Kriegsschriftsteller sind in Ausgaben ab dem 16. Jh vorhanden. Besonders umfangreich ist die Literatur zur Kriegsbaukunst und zum Festungsbau. Rund 30 Sachgruppen mit über 400 Titeln sind diesem Thema gewidmet; 4 Titel stammen aus dem 16. Jh, weitere 24 aus dem 17. Jh. Medizin

2.61 " Die Darmstädter Sammlung vemittelt ein universales Bild des alten medizinischen Schrifttums. Alle Zeitepochen und alle Teilgebiete der ärztlichen Wissenschaft einschließlich Pharmazie und Tierheilkunde sind gleichmäßig und in großer Vollständigkeit vertreten, wenn sich auch hier und da Schwerpunkte erkennen lassen" (von Borell, s. u. 4.2). Die rund 2000 Unterabteilungen (Signaturen S und T), nach welcher der Bestand aufgestellt und katalogisiert ist, sind in der Tat so gleichmäßig besetzt, daß sich nur wenige sachliche Schwerpunkte hervorheben. Mit Recht stellt von Borell diesen Bestand daher der Bibliotheca Walleriana in Uppsala an die Seite. Die Auszählung des Bestandes ergab teilweise geringfügig andere als die bei von Borell angegebenen Zahlenwerte.

2.62 Die 27.793 Titel verteilen sich auf 67 Inkunabeln, 1330 Titel aus dem 16. Jh, 2565 aus dem 17. Jh, 7605 aus dem 18. Jh, 15.787 aus dem 19. Jh und 439 Titel ohne Jahresangabe. Das 19. Jh überwiegt also, doch ist in vielen Einzelabteilungen das 18. Jh ebenso gut wie das 19. Jh oder sogar besser vertreten. Die Werke des 15., 16. und 17. Jhs (insgesamt ca. 4500) verteilen sich naturgemäß auf solche medizinischen Sachgruppen, die in der jeweiligen Zeit für die medizinische Theorie und Praxis von Belang waren. Der Bestand setzt sich aus 14.159 deutschen, 11.177 lateinischen, 1745 französischen, 361 englischen und 351 Titeln in anderen Sprachen (am häufigsten Italienisch, Niederländisch und Spanisch) zusammen.

2.63 Der älteste Teil des medizinischen Bestandes stammt aus der Bibliothek des ersten Landgrafen von Hessen-Darmstadt, Georgs I. (1547-1596) und seines Sohnes, des Landgrafen Philipp III. von Hessen-Butzbach (1581-1643). Ein Katalog aus dem Jahre 1636, der " bei weitem nicht alle beim Tode Philipps vorhandenen Bücher enthält" (von Borell), weist 272 medizinische Werke nach, die den historischen Kern des Bestandes des 15., 16. und 17. Jhs bilden. Rund 10.500 Bde des heutigen historischen Bestandes an medizinischer Literatur entstammen der im Jahre 1811 angekauften Bibliothek des Marburger Medizinprofessors Ernst Gottfried Baldinger (1738-1804), dessen Sammlung hippokratischer Schriften schon zu seinen Lebzeiten bestaunt wurde. " So kann es nicht wundernehmen, daß die Darmstädter Hippokrates-Sammlung noch heute ihresgleichen sucht. Die Hessische Landes- und Hochschulbibliothek besitzt an hippokratischen Schriften im engeren Sinne, d. h. an Werken von und über Hippokrates einschließlich Kommentierungen, 337 Bände" (von Borell).

2.64 Einige der wertvollsten Unterabteilungen des Medizinbestandes hat von Borell ausführlich beschrieben. Die vorliegende Darstellung fußt weitgehend auf seinen Angaben: Unter den 67 medizinischen Inkunabeln finden sich Werke von 35 bekannten und einigen anonymen Autoren sowohl des Orients als auch des Abendlandes. Hinzu kommen einige Inkunabeln, die medizinische Probleme aus theologischer Sicht behandeln und die daher nicht im engeren Sinne der medizinischen Literatur zugerechnet werden. Unter den Werken des 16. bis 19. Jhs sind die Ausgaben medizinischer Schriftsteller des Altertums besonders hervorzuheben, darunter die schon erwähnte Sammlung hippokratischer Schriften. Zusammen mit den Autoren des Mittelalters und der orientalischen Schulen sind sie mit 742 Bdn vertreten. Auf Galen entfallen unter Einbeziehung aller Abteilungen der Bibliothek 152 Bde, auf Celsus 54 Bde. Aus der Schule von Salerno sind von Inkunabeln abgesehen 47 Bde vorhanden. Von Vesals Werken sind 19 Bde vorhanden, darunter eine Großfolio-Ausgabe der Opera omnia anatomica et chirurgica von Boerhaave und Albini (Lyon 1725).

2.65 Auch die anderen von Baldinger bevorzugten Sammelgebiete sind noch heute stark vertreten. Die Diätetik im älteren und umfassenden Sinne (einschließlich Hygiene und Makrobiotik) bildet zusammen mit der Ätiologie eine Abteilung von 1256 Bdn, zu denen man den größten Teil der Sammlung Gerster hinzurechnen muß, die sich fast nur aus Büchern dieses Themenkreises zusammensetzt. Die Pharmazie ist mit 2345 Bdn vertreten, gewiß eine ungewöhnliche Zahl für eine Bibliothek dieser Art. Auffallend ist der Bestand von 1262 Bdn für die Balneologie. Außer allgemeineren Abhandlungen auf diesem Gebiet sind zahlreiche Monographien über die entlegensten Badeorte und Mineralquellen vorhanden. Kleinere, aber bemerkenswerte Spezialabteilungen sind: Tierischer Magnetismus und Somnambulismus (125 Bde), Aderlaß und Schröpfen (74 Bde), Pestliteratur (206 Bde), Venerische Krankheiten, insbesondere Syphilis (326 Bde) und Veterinärmedizin (678 Bde). Auch Kuriositäten sind vorhanden, so die Werke des Arztes und Polyhistors, gekrönten Poeten und kaiserlichen Pfalzgrafen Christian Franz Paullini (1643-1712), Spezialist für abseitige Heilmethoden.

2.66 Auch die bei von Borell nicht ausdrücklich erwähnten Sachgruppen sind oft reich an älterer Literatur. So enthalten die " Allgemeinen Anleitungen zu den Medicinischen Wissenschaften" und die Abteilung " Medicin und ärztliches Personal im allgemeinen" (zusammen fast 900 Titel) eine Fülle von älterer historischer Literatur über die Stellung des Arztes und der Medizin innerhalb der Gesellschaft. Diese Literatur stammt aus dem 15. Jh (2 Titel) bis zum 19. Jh (225 Titel) und weist einen besonders hohen Anteil aus dem 17. Jh (rund 150 Titel) und 18. Jh auf (rund 400 Titel).

2.67 Neben der großen Anzahl von Ausgaben mittelalterlicher und antiker Autoren sind auch die in den späteren Jahrhunderten entstandenen Werke in großer Zahl vertreten (1363 Titel). Sie vermitteln ein buntes Bild der medizinischen Theorien und Heilmethoden vor allem des 17. und 18. Jhs (959 Titel), die heute z. T. nur noch den Rang von Kuriositäten haben, aber auch wieder zu neuer Bedeutung gelangen, wie z. B. die Homöopathie. Deren Begründer Samuel Hahnemann (1755-1843), sowie andere namhafte Homöopathen sind mit zahlreichen Originalwerken vertreten. Beachtlich ist eine kleine Gruppe in Rio de Janeiro erschienener Übersetzungen früher homöopathischer Werke. Bei der " Medicinischen Geographie und Statistik" steht Deutschland im Vordergrund. 90 lateinische und deutsche Bücher aus dem 18. und 19. Jh beschreiben die medizinischen Verhältnisse des Landes. Weitere 160, nur wenige davon älter, betreffen andere Länder und Kontinente.

2.68 Die umfangreichen Abteilungen zur Naturgeschichte, Anatomie und Physiologie des Menschen (insgesamt über 260 Sachgruppen mit über 3000 Titeln) sind insgesamt gleichmäßig besetzt. In geringem Maße heben sich allgemeine und einführende Sachgruppen hervor, und die praktischen Anleitungen sowie populärmedizinische Werke nehmen großen Raum ein. Diese zeichnen sich auch besonders durch alten Bestand aus. In seiner Gesamtheit ist der anatomisch-physiologische Bestand aber hochdifferenziert und auf dem wissenschafltichen Niveau der jeweiligen Zeit. Es findet sich Literatur zu sehr speziellen Fragestellungen wie auch zu den Grenzgebieten der ärztlichen Wissenschaft.

2.69 Die rund 120 Sachgruppen des Bereichs " Diätetik, Ätiologie" weisen mit insgesamt über 1200 Titeln eine eindrucksvolle Gleichmäßigkeit des Bestandes auf. Durch überdurchschnittliche Größe und besonders alten Bestand ragen die " Anleitungen zur Diätetik im allgemeinen, Makrobiotik" hervor (228 Titel, davon über 160 aus dem 18. Jh und älter, 5 Inkunabeln). Von der jeweiligen Epoche geprägte Erörterungen über Genußmittel, künstliche Nahrungsmittel, Hygiene und Körperpflege bilden einen großen Teil des Bestandes.

2.70 Über 280 Sachgruppen befassen sich mit Ursachen, Erscheinungsformen, Diagnose und Heilmethoden von Krankheiten einschließlich operativer Chirurgie. Auch hier sind die rund 4600 Titel im wesentlichen gleichmäßig verteilt. Zwei Bereiche erweisen sich als besonders umfangreich: die im Zusammenhang mit dem Militärwesen stehenden Krankheiten und Verletzungen (412 Titel, davon 285 aus dem 19. Jh) und die Balneologie, darunter zu den Kurbadeorten in Hessen und Nassau 330 Titel.

2.71 Die Abteilung " Heilmittellehre und Pharmacie" umfaßt in über 220 Sachgruppen rund 2500 Titel, die zu rund zwei Dritteln aus dem 18. und 19. Jh stammen. Der ältere Bestand ist auf wenige Sachgruppen konzentriert: " Allgemeine Anleitungen zur Heilmittellehre und Apothekerkunst" (557 Titel, 360 davon aus dem 18. Jh und älter, 10 Inkunabeln), " Pharmacopöen" (290 Titel, die ältesten aus dem 16. Jh) sowie die Sachgruppen über pflanzliche Arzneimittel, ihre Zusammensetzung und Wirkung (rund 260 Titel, davon 48 aus dem 16. Jh). Auch bei der speziellen Literatur zu einzelnen mineralischen, pflanzlichen oder tierischen Arzneimitteln (rund 760 Titel) sind gelegentlich Exemplare aus dem 16. Jh (17 Titel) oder aus dem 17. Jh (86 Titel) zu finden, der weitaus größte Teil jedoch ist jünger.

2.72 Besonders für den großen Bereich der angewandten Medizin gilt die Charakterisierung des Bestandes als in allen Teilgebieten gleichmäßig und vollständig. Eine gewisse Häufung des älteren Bestandes zeigt sich in den Sachgruppen, die von allgemeiner Thematik sind oder die in der geschichtlichen Tradition der Medizin die ältesten Wurzeln haben, wie z. B. die Bereiche Fieber, Seuchen, Lähmungen, aber auch Geburtshilfe oder Verletzungen durch Waffen. Zahlenmäßig und durch ihren Altbestand herausragende Gruppen sind mit über 200 Titeln die Pestliteratur (4 Inkunabeln), aber auch die Literatur über Blattern einschließlich Blatternimpfung (314 Titel, davon 179 aus dem 18. Jh). Die über 80 Titel aus dem 18. Jh zu Blattern- und anderen Impfungen stellen eine wertvolle kleine Sammlung früher europäischer Impfliteratur dar.

2.73 Insgesamt umfaßt der Bereich angewandte Humanmedizin (einschließlich Gerichtsmedizin) rund 890 Sachgruppen mit zusammen über 11.000 Titeln. Der Bestand konzentriert sich deutlicher auf das 19. Jh als im Bereich der theoretischen Medizin, es gibt aber zahlreiche kleine Sachgruppen mit überwiegend älterem Bestand, deren Aufzählung nicht sinnvoll ist. Exemplarisch seien vier Bereiche mit überdurchschnittlich viel älterer Literatur genannt: Augenkrankheiten (107 Titel, davon 73 aus dem 19. Jh, 28 aus dem 18. Jh), Geschlechtskrankheiten (316 Titel, davon 24 aus dem 16. Jh, 15 aus dem 17. Jh, 111 aus dem 18. Jh), Kinderkrankheiten (131 Titel, davon 6 aus dem 16. Jh, 11 aus dem 17. Jh, 20 aus dem 18. Jh) und der in 16 Sachgruppen aufgefächerte Bereich Gerichtsmedizin (486 Titel, darunter 13 aus dem 17. Jh und 202 aus dem 18. Jh).

2.74 Einen eigenen Bereich von über 70 Sachgruppen bildet die Tierarzneikunde mit insgesamt 681 Titeln. Der überwiegende Teil (über 400 Titel) ist aus dem 19. Jh und beinahe der gesamte Rest (über 240 Titel) aus dem 18. Jh. Lediglich der historisch älteste Teil der Tiermedizin, die Hippiatrie (Pferdeheilkunde) ist auch mit älterer Literatur vertreten (14 Titel); die Inkunabelsammlung enthält ein deutschsprachiges Werk eines Meister Albrecht, bei dem es sich vermutlich um Meister Albrant (um 1250), den Marstaller Kaiser Friedrichs II. in Neapel, handelt. Antike oder mittelalterliche Autoren sind darüber hinaus nicht vertreten. Philosophie

2.75 Die unter dem Oberbegriff Philosophie zusammengefaßte Literatur (Schleiermacher-Signatur U) umfaßt insgesamt 6947 Titel. Davon sind 123 Inkunabeln, 406 Titel stammen aus dem 16. Jh, 1055 aus dem 17. Jh, 2292 aus dem 18. Jh, 2917 Titel aus dem 19. Jh und 154 haben keine Jahresangabe. 4344 deutsche Titel bilden den Großteil des Bestandes neben 1775 lateinischen, 633 französischen, 90 englischen und 105 Titeln in anderen Sprachen.

2.76 Die Abteilung umfaßt zum Teil Wissensgebiete, die heute nicht unter dem Oberbegriff Philosophie erwartet werden. Es handelt sich im weiteren Sinne um die mit der menschlichen Erkenntnis zusammenhängenden Fragen einschließlich des Unterrichtswesens. Die grobe Gliederung beinhaltet einen allgemein philosophischen Teil (43 Sachgruppen, 1368 Titel), der auch spezielle Literatur enthält, einen metaphysischen Teil (62 Sachgruppen, 1158 Titel) mit einem großen Anteil psychologischer Literatur, einen praktischen Teil (18 Sachgruppen, 407 Titel) über den Menschen als soziales Wesen, einen umfangreichen Teil über geheime Wissenschaften (100 Sachgruppen, 2177 Titel), einen Teil über Pädagogik (46 Sachgruppen, 1538 Titel) und einen über Universitäten und andere Erziehungs- und Bildungseinrichtungen (24 Sachgruppen, 299 Titel).

2.77 In dem allgemein philosophischen Teil fallen die Schriften zur aristotelischen Philosophie ins Auge. In 85 Inkunabeln, 66 Werken des 16. Jhs, 126 des 17. Jhs, 62 des 18. Jhs und 2 jüngeren sind Werke des Aristoteles sowie Kommentare und selbständige Werke späterer Autoren vorhanden. Aber auch nach der Blütezeit der aristotelischen Philosophie entstandene Werke die Systematik spricht von " philosophischen Wissenschaften seit der Wiederherstellung der Wissenschaften" sind in über 200 Titeln (über 150 aus dem 19. Jh) vorhanden. Zahlreich ist die einführende Literatur in die nacharistotelische Philosophie (264 Titel, überwiegend aus dem 18. und 19. Jh). Die Naturphilosophie bildet eine eigene Sachgruppe von 45 Titeln. Unter den spezielleren Werken stellen die zur spekulativen Philosophie, Logik und Syllogistik eine inhaltlich zusammengehörige Gruppe mit hohem Anteil an alter Literatur dar (nahezu 400 Titel, davon 7 Inkunabeln, 70 Werke des 16. Jhs, 78 des 17. Jhs, über 100 des 18. Jhs).

2.78 Die Literatur zur Metaphysik gliedert sich in allgemeine Anleitungen (111 Titel ab dem 17. Jh), Ontologie (8 Titel), Kosmologie (38 Titel) sowie einige Sachgruppen zu philosophischen Grundbegriffen wie Idee, Zeit, Raum, Materie usw. (über 100 Titel). Diese Literatur ist mit wenigen Ausnahmen nach 1700 erschienen. Der überwiegende Teil der metaphysischen Literatur ist anthropologisch oder psychologisch ausgerichtet (46 Sachgruppen, 873 Titel) und enthält in einigen Sachgruppen wichtige frühe Werke, z. B. das Opusculum de intellectu et intelligibili von Albertus Magnus (1193-1280) und einige Werke des Matheolus von Perugia († 1470) über das menschliche Gedächtnis als Inkunabeln. Rund 20 Sachgruppen (etwa 230 Titel) betreffen menschliche Empfindungen, Stimmungen und Gefühle. Die Werke stammen überwiegend aus dem 18. Jh.

2.79 Bei der praktischen Philosophie (16 Sachgruppen mit 407 Titeln) handelt es sich nach modernem Verständnis eher um angewandte Psychologie. Die Sachgruppen behandeln den menschlichen Charakter, die Menschenkenntnis, den zwischenmenschlichen Umgang oder die Physiognomik; die letzte Sachgruppe enthält u. a. 4 Inkunabeln. Der Bestand ist zu etwa gleichen Teilen aus dem 17. und 18. Jh.

2.80 Die geheimen Wissenschaften bilden den Hauptteil der Philosophie. Ein großer Teil der 100 Sachgruppen ist gleichmäßig gut besetzt, und zu allen " gewöhnlichen" Künsten wie Kabbalistik, Magie, Weissagung, Chiromantie, Traumdeutung etc. ist reichlich Literatur bis ins 19. Jh vorhanden. Auch weniger bekannte schwarze Künste wie z. B. Coscinomantie (Sieblaufen) kommen vor. 387 Titel befassen sich mit der Dämonenlehre (4 Inkunabeln, 26 Werke des 16. Jhs, die meisten aus dem 18. Jh) und über 600 Titel mit geheimen Gesellschaften. Auch hier sind die meisten Werke aus dem 18. Jh (307 Titel). Hervorzuheben sind die mit 280 Titeln überraschend zahlreichen und in ihrer Zusammensetzung typischen " Schriften einzelner Fanatiker, Theosophen und Narren" (ein Titel des 16. Jhs, 102 des 17. Jhs, 141 des 18. Jhs, 30 des 19. Jhs und 6 ohne Jahresangabe).

2.81 Bei der pädagogischen Literatur ist das 18. und 19. Jh vorherrschend. Einige allgemeine Sachgruppen sowie die im Zusammenhang mit Schulunterricht stehenden enthalten auch ältere Werke, aber in geringer Zahl: nur 44 der insgesamt 1538 Titel sind älter als aus dem 18. Jh. Durch ihren Umfang zeichnen sich neben den allgemeinen Sachgruppen besonders die " Anleitungen und Aufgaben zur schriftlichen Arbeit für Volksschulen usw., Schriften für die Jugend" aus: 445 Titel, davon je 2 aus dem 16. und 17. Jh, 12 aus dem 18. Jh und 419 aus dem 19. Jh, 10 Titel ohne Jahresangabe. Auf die vielen übrigen Sachgruppen verteilt sich der Bestand ziemlich gleichmäßig. Die behandelten Themen stehen zu einem großen Teil im Zusammenhang mit Schulorganisation, aber auch mit dem Verhältnis von Schule und Elternhaus, der Ausbildung von Schülern und Lehrern oder mit Schulrecht. Schließlich gehören noch 23 Sachgruppen über Universitäten und andere Bildungseinrichtungen zu der Abteilung. Die 299 Titel sind ebenfalls zum größten Teil aus dem 18. und 19. Jh, lediglich Jakob Wimpfelings (1450-1528) Adolescetia als Inkunabel sowie einige andere Werke des 16. Jhs über die Erziehung vornehmer Kinder bilden Ausnahmen. Beachtlich ist eine 63 Titel umfassende Sachgruppe über Unterricht für Taubstumme mit 3 Titeln aus dem 17. Jh. Theologie

2.82 Die theologische Literatur ist in der Systematik in die Bereiche Religons- und Kirchengeschichte (Signatur J), Wissenschaften vom Alten und Neuen Testament (Signatur V) und systematische Theologie (Signatur W) gegliedert. Fast der gesamte Bereich Religions- und Kirchengeschichte wurde im Krieg vernichtet (zu den Restbeständen s. u. 2.103). Die beiden anderen, nahezu vollständig erhaltenen Abteilungen umfassen heute 22.581 Titel.

2.83 Der Bestand enthält 960 Inkunabeln, 3660 Werke des 16. Jhs, 4800 Werke des 17. Jhs, 7075 Werke des 18. Jhs, 5540 Werke des 19. Jhs und 546 Titel ohne Jahresangabe. 10.960 Titel sind lateinisch, 9575 deutsch, 708 französisch, 184 englisch und 1154 in anderen Sprachen, vorwiegend hebräisch und griechisch.

2.84 Kennzeichnend für Schleiermachers Systematik ist eine die jeweilige Wissenschaft betreffende einführende Abteilung mit Werken über den Sinn, Nutzen oder Zweck der Wissenschaft, ihren Zusammenhang mit anderen Wissenschaften und mit Anleitungen zum Studium dieser Wissenschaft. In der Theologie sind dies 20 Sachgruppen mit 368 Titeln (eine Inkunabel, 21 Titel aus dem 16. Jh, 39 aus dem 17. Jh, 126 Titel aus dem 18. Jh).

2.85 Die Bibelsammlung enthält 1309 gedruckte Exemplare. (Einige der folgenden Angaben sind dem Beitrag von Hans Linck entnommen; s. u. 5.3). Die Sammlung besteht aus 46 polyglotten Bibeln (22 aus dem 16. Jh, 14 aus dem 17. Jh), 64 hebräischen Ausgaben des Alten Testaments aus dem 16. bis 19. Jh, 224 Ausgaben des Neuen Testaments und der Septuaginta aus dem gleichen Zeitraum (110 aus dem 18. Jh), 229 Ausgaben der Vulgata (davon 14 glossierte und 25 nichtglossierte Inkunabeln) und 746 Bibelübersetzungen in über 100 Sprachen, darunter 13 ober- und niederdeutsche Inkunabeln. Die jeweils ältesten sind eine sechssprachige Biblia sacra (Nürnberg 1566), 2 als selten geltende hebräische Ausgaben des Alten Testaments (1518 und 1536), eine griechisch-lateinische Ausgabe des Neuen Testaments (Hagenau 1527), das Darmstädter Bruchstück der 36-zeiligen lateinischen Bibel, die von Nikolaus von Lyra (um 1270-1340) glossierten Bibeln, eine deutsche Bibel mit Holzschnitten von ca. 1477, eine Erstausgabe der Lutherschen Übersetzung des Alten Testaments (Wittenberg 1523). Unter den Bibelübersetzungen ins Deutsche sind zahlreiche weitere aus der Lutherzeit sowie spätere. Die Übersetzungen in andere Sprachen nehmen über 100 Sachgruppen ein und stellen zum Teil Raritäten dar.

2.86 In 38 Sachgruppen und 345 Titeln wird die Entstehungsgeschichte der Bibel behandelt. Die Literatur ist etwa zu gleichen Teilen aus dem 18. und 19. Jh (131 und 154 Titel). Der Hermeneutik gelten 40 Sachgruppen mit 354 Titeln, unter denen das 18. Jh mit 151 Titeln dominiert. Erwähnenswert sind einige Nachschlagewerke, Konkordanzen und Register aus dem 16. Jh (48 Titel). Die umfangreiche Gruppe der exegetischen Schriften (158 Sachgruppen, 3490 Titel) spiegelt im großen und ganzen die theologische Diskussion der vergangenen Jahrhunderte. Über 200 Titel (17 Inkunabeln) betreffen Erklärungen der Bibel als Ganzes von den Kirchenvätern bis ins 19. Jh, es folgen exegetische Schriften zu allen Teilen der Bibel. Hier konzentriert sich der älteste Teil des Bestandes auf die Exegese der Genesis, der Psalmen, des Buches Hiob, der Weisheit Salomonis und der Evangelien (insgesamt 74 Inkunabeln).

2.87 Die patristischen Schriften stellen mit 1391 Titeln eine umfangreiche Gruppe mit hohem Anteil älterer Literatur dar. Die Schriften einzelner Kirchenväter machen mit knapp 100 Inkunabeln, rund 400 Werken aus dem 16. Jh, etwa je 200 Werken aus dem 17. und 18. Jh und etwa 150 jüngeren Werken gut zwei Drittel der Gruppe aus. Griechische und lateinische Kirchenväter sind gleichermaßen gut repräsentiert, bei den Inkunabeln überwiegen deutlich die lateinischen Kirchenväter (88 Titel). Einen noch höheren Anteil an frühen Druckschriften weist die scholastische Literatur auf. Hier sind unter insgesamt 560 Titeln 268 Inkunabeln und 135 Werke des 16. Jhs. Die neueren theologischen Schriften nach der Reformation (einschließlich der Werke Luthers) bilden einen Bestand von 762 Titeln, davon 189 aus dem 16. Jh. Vor allem aus dem 18. und 19. Jh stammt eine Sammlung von 108 Hirtenbriefen und anderen theologischen Schriften von regionaler Bedeutung.

2.88 Die nun folgenden Teilbereiche bilden in ihrer Gesamtheit die Systematische Theologie und enthalten mit rund 14.000 Titeln gut die Hälfte des gesamten Bestandes. In einer 820 Titel zählenden allgemeinen Abteilung stehen Streitschriften für und gegen das Christentum (über 500 Titel, überwiegend aus dem 18. Jh, 3 Inkunabeln) den Hauptanteil. Etwa halb so groß, aber inhaltlich differenzierter ist die Abteilung " Symbolik" (441 Titel), die sich mit den verschiedenen Konfessionen befaßt. Die 51 Sachgruppen sind ziemlich gleichmäßig besetzt, eine Häufung des älteren Bestandes ist in den Sachgruppen " Catechismus Romanus" (10 Titel aus dem 16. Jh), " Augsburgische Confessië (18 Titel aus dem 16. Jh) und bei den Bekenntnisschriften der lutherischen Länder festzustellen.

2.89 Die 17 Sachgruppen und 667 Titel enthaltende Gruppe der allgemeinen dogmatischen Schriften hat ihre Schwerpunkte in Umfang und Alter des Bestandes bei den Sachgruppen der wichtigsten Konfessionen: katholische Dogmatik (260 Titel, davon 6 Inkunabeln, 16 Werke des 16. Jhs, 43 des 17. Jhs, 165 des 18. Jhs), evangelische (insbesondere lutherische) Dogmatik (251 Titel, davon 30 aus dem 16. Jh, 40 aus dem 17. Jh, 106 aus dem 18. Jh), Dogmatik der Reformierten und der Anglikanischen Kirche (56 Titel, davon 9 aus dem 16. Jh, 18 aus dem 17. Jh, 24 aus dem 18. Jh). Umfangreicher und mit 163 Sachgruppen (2663 Titel) auch inhaltlich stark differenziert ist die Gruppe der speziellen dogmatischen Schriften. Es lassen sich kaum Themenbereiche erkennen, die sich signifikant aus der Gesamtthematik hervorheben; daß zum Wesen Gottes und Christi, zur Erbsünde oder zu den Sakramenten mehr Literatur vorhanden ist als beispielsweise zum Thema Wallfahrten, Heiligenverehrung oder Fasten liegt in der Natur der Sache und ist auch nicht aus einer vorrangig protestantischen Grundhaltung zu erklären. Auffällig ist lediglich die Größe der Sachgruppe " Vom Abendmahl im Allgemeinen" (210 Titel, davon 124 aus dem 16. Jh). Sie bietet ein ausgewogenes Bild des durch die Reformation ausgelösten und bis in die Neuzeit anhaltenden theologischen Streites um dieses Sakrament. Von den insgesamt 45 Inkunabeln unter den speziellen dogmatischen Schriften befinden sich 10 in der Sachgruppe " Von der Beichte und Absolution", 5 in der Sachgruppe " Von der häufigen Communion, von der Ostercommunion", 4 in der Sachgruppe " Von den Sakramenten im Allgemeinen", je 3 in den Sachgruppen " Von dem Antichrist und dem Ende der Welt", " Von dem Fasten", " Vom Stand der Erniedrigung Christi, seinen Leiden im Allgemeinen und Einzelnen", je 2 in den Sachgruppen " Vom Hohepriesteramt Christi, der Versöhnung, Erlösung, Fürbitte, dem Gehorsam desselben", " Von der Prädestination", " Von den Indulgenzen und Jubiläen" und die übrigen vereinzelt in den zahlreichen weiteren Sachgruppen.

2.90 Die 46 Sachgruppen und 1144 Titel umfassende Abteilung Polemik ist beherrscht von der Auseinandersetzung des Katholizismus mit dem Protestantismus. Neben 104 Werken der allgemeinen katholischen Polemik (davon 39 aus dem 16. Jh, 35 aus dem 17. Jh) und 361 polemischen Werken der Katholiken gegen Protestanten ist auch die Gegenseite mit 343 polemischen Werken gegen die Katholiken vertreten, außerdem finden sich zahlreiche polemische Werke der Lutheraner gegen andere Reformierte. Die 8 Inkunabeln der Abteilung sind sämtlich in der Sachgruppe " Polemik gegen die Juden und Bekehrungsschriften derselben" enthalten.

2.91 Die Abteilungen Moral (1178 Titel), Mystik und Asketik (2756 Titel) und Homiletik (2221 Titel) haben innerhalb der Systematischen Theologie eine beherrschende Stellung, während die Abteilungen Liturgie und Katechetik mit 764 bzw. 547 Titeln deutlich kleiner sind, und die übrigen Abteilungen Irenik, Kasuistik, Pastoralwissenschaften und Theologie der Juden mit einem Bestand zwischen 150 und 250 Titeln (insgesamt 765 Titel) dem Umfang nach noch mehr zurücktreten. In der Abteilung Moral sind es hauptsächlich die Sachgruppen zur philosophischen und christlichen Moral, die mit zusammen 291 Titeln und einem hohen Anteil älterer Literatur herausragen. Bei den über 80 verbleibenden Sachgruppen sind keine thematischen Schwerpunkte erkennbar; von insgesamt 19 Inkunabeln sind 5 in der Sachgruppe " Wahrhaftigkeit, Äquibication, Lügenhaftigkeit", 4 in der Sachgruppe " Geduld" und 3 in der Sachgruppe " Vom Gewissen". Die Abteilung Mystik und Asketik enthält neben einem 444 Titel umfassenden allgemeinen Teil vor allem Meditationsliteratur (über 200 Titel, überwiegend 17. und 18. Jh), Gebet- und Andachtsbücher (knapp 300 Titel, überwiegend 16. und 17. Jh), eine große Sammlung Gesangbücher (über 300 Titel, ab dem 16. Jh, überwiegend 19. Jh), asketische Betrachtungen über die Natur, die Bibel, das Vaterunser (148 Titel, hauptsächlich 16., 17. und 18. Jh), über 400 sonstige asketische Schriften über Gott, Christus, den Tod, Engel, Teufel, Heilige und die Jungfrau Maria (darunter 18 Inkunabeln) und eine große Zahl von Erbauungsbüchern (über 600 Titel, darunter 10 Inkunabeln, die übrigen vorwiegend aus dem 16., 17. und 18. Jh), die nach Lebenssituationen, geistlichen Orden und sozialem Stand geordnet sind. Der weitaus größte Teil der Abteilung Homiletik besteht aus Predigtsammlungen. Die Scholastiker sind hier mit 230 Titeln vertreten, von denen 143 als Wiegendrucke vorliegen. Aber auch die Autoren der späteren Zeit bilden mit 320 Titeln eine große Gruppe mit hohem Anteil an älterer Literatur. Unter den thematisch geordneten Predigten sind die über einzelne Bibelstellen am häufigsten (168 Titel, eine Inkunabel, sonst überwiegend 16., 17. und 19. Jh), an zweiter Stelle Predigten über dogmatische Gegenstände (158 Titel aus dem 16. bis 19. Jh).

2.92 Die liturgische Abteilung umfaßt 108 Sachgruppen, auf die sich die 764 Titel ziemlich gleichmäßig verteilen. Es handelt sich um viele kleine Sachgruppen, die aber die gesamte Thematik, von der Liturgie der Ostkirchen bis zu den Liturgien der einzelnen Orden und auch regionale Besonderheiten (besonders im protestantischen Raum), beinhalten. Deutliche Konzentrationen alter Literatur sind in einigen Sachgruppen zu Einzelheiten der katholischen Messe erkennbar (mit insgesamt 62 Inkunabeln), außerdem in der Sachgruppe " Katholische Liturgie von Deutschland" (14 Inkunabeln, 30 Titel des 16. Jhs) und bei der Liturgie der Benediktiner (3 Inkunabeln). Auch in der Abteilung Katechetik sind bis auf einige Ausnahmen eher kleine Sachgruppen zu finden. Sowohl die katholische wie die evangelische Unterweisung ist mit Lehrbüchern für verschiedene Altersgruppen gut vertreten; besondere thematische Schwerpunkte sind nicht vorhanden. Der Bestand ist insgesamt überwiegend aus dem 19. Jh.

2.93 Die Abteilung Irenik bietet mit 155 Titeln in 4 Sachgruppen eine beachtliche Zahl von Werken ab dem 16. Jh, die sich mit der Aussöhnung der verschiedenen christlichen Kirchen befassen und somit die Entwicklung des ökumenischen Gedankens dokumentieren. Die Abteilung Kasuistik enthält überwiegend Literatur des 17. und 18. Jhs, daneben aber auch eine beachtliche Zahl scholastischer Werke in Inkunabeln (30 Titel) oder Drucken des 16. Jhs (4 Titel). Auch die Abteilung Pastoralwissenschaften zeichnet sich durch wertvollen Altbestand aus: insgesamt 30 Inkunabeln davon 14 über das geistliche Lehramt im allgemeinen, 15 über Beichtangelegenheiten und rund 80 Titel des 16. und 17. Jhs, die sich in denselben Sachgruppen konzentrieren. Die Abteilung Theologie der Juden besteht fast ausschließlich aus Werken des 17. bis 19. Jhs. Die Erläuterungen zum Talmud bilden mit 29 Titeln die größte thematische Einheit, aber auch Fragen der jüdischen Morallehre oder des jüdischen Gottesdienstes werden in Werken des 19. Jhs erörtert. Nur 5 Titel sind in hebräischer Sprache.

Detlev Jordan

Numerus currens-Bestand

Reste des Schleiermacher-Bestandes Geisteswissenschaftliche Literatur im Numerus currens 31/1ff.

2.94 Die Restbestände entstammen den Abteilungen (Signaturen A bis J), die einen Großteil der Geisteswissenschaften repräsentieren, so die Enzyklopädien, die Schöne Literatur, Literatur zur Klassischen Philologie und die Klassische Literatur, überdies die Allgemeine oder Universal-Geschichte und ihre Hilfswissenschaften sowie die Kirchengeschichte, Archäologie, Statistik und Ethnographie. Der Großherzogliche Hofbibliothekar Ph. A. F. Walther gab 1867 dafür einen Gesamtbestand von 36.640 Werken an. Davon haben mit 2557 Werken (am Bandkatalog ausgezählt) nur 7 Prozent den Zweiten Weltkrieg überdauert. Sie wurden nach Kriegsende geschlossen in den Numerus currens 31/1ff. eingestellt (s. o. 2.2).

2.95 Der größte Teil (1358 Titel) stammt aus dem 19. Jh und ist wesentlich neusprachlich geprägt. Er besteht aus 1073 deutschen Titeln, 147 französischen, 66 englischen und 19 italienischen. Dazu kommen 13 lateinische und vereinzelte in polnischer, holländischer, portugiesischer, dänischer und schwedischer Sprache. Im Bestand des 18. Jhs (673 Titel) dominieren die deutschsprachigen Werke mit etwa 45 Prozent (308 Titel), gefolgt von den französischsprachigen Werken (259). 84 Titel sind in Latein, 13 in Italienisch. Die restlichen verteilen sich auf andere moderne Sprachen. Im 17. Jh (270 Titel) stellt die lateinische Sprache mit 50 Prozent (134 Titel) den größten Anteil, gefolgt von den deutschen (72), den französischen (40) und italienischen (10). Im 16. Jh dominiert das Lateinische mit 187 Titeln (78 Prozent); daneben finden sich 32 deutsche Titel, 11 italienische und 10 französische. 7 Titel sind ohne Jahresangabe.

2.96 Die Abteilung A, die " Allgemeine Encyclopädien und Literärgeschichte", " Methodologie des Studiums" und die " Republik der Gelehrten" umfaßt, besitzt noch 89 Titel Altbestand (8 des 16. Jhs, 2 des 17. Jhs, 22 des 18. Jhs und 55 des 19. Jhs sowie 2 ohne Jahresangabe). Den größten Anteil (38 Titel) stellt die Pädagogik mit ihrer " Geschichte und Statistik einzelner Arten von Unterrichtsanstalten" (vornehmlich 19. Jh, davon 22 in Deutsch und 11 in Englisch).

2.97 Die Abteilung B mit " Gesammelten Werken und verschiedenen Schriften (vielseitigen Inhalts)" weist von einstmals 2398 Werken noch 34 Titel auf (18. Jh 20, 19. Jh 11, 17. Jh einen, 16 Jh 2). Ein Schwerpunkt sind die " Gesammelten Werke und vermischten Schriften einzelner Verfasser" mit 16 französischen Titeln aus dem 18. Jh.

2.98 Die Abteilung C, " Linguistik und die Theorie der schönen Wissenschaften", enthält noch 35 Titel (10 aus dem 16. Jh, 6 aus dem 17. Jh, 10 aus dem 18. Jh, 9 aus dem 19. Jh), von denen 8 lateinische Werke aus dem 16. Jh zur " Aesthetik, Theorie der schönen Wissenschaften und Künste" gehören. In der Abteilung D, " Philologie und die Klassische Literatur der Alten", sind heute die lateinischen Ausgaben des 16. Jhs mit 23 Titeln (56 Prozent) überrepräsentiert neben einem französischen und einem italienischen Werk des 16. Jhs. Aus dem 17. Jh haben sich 5 Werke (4 lateinische und ein französisches), aus dem 18. Jh 4 (ein deutsches und 3 lateinische) und aus dem 19. Jh 4 deutsche und 3 lateinische Werke erhalten. Durch die Zerstörung liegt der inhaltliche Schwerpunkt heute bei der " Lateinischen Literatur seit 500 p. C.".

2.99 Die Abteilung E, " Belles-Lettres", im 19. Jh mit knapp 8000 Titeln die größte Gruppe, enthält noch 131 Titel, vor allem aus dem 18. Jh (50, davon 34 französische) und dem 19. Jh (48, davon 32 deutsche, 9 französische, 4 italienische und 3 englische). 23 Titel stammen aus dem 16. Jh (davon 13 in deutscher, 8 in italienischer Sprache), 10 aus dem 17. Jh. Die französische Sprache ist mit 51 Titeln vertreten. Die Rubrik " Französische Literatur" rangiert mit 50 Titeln noch vor der Rubrik " Deutsche Literatur" mit 46 Titeln.

2.100 Zu den besterhaltenen Gruppen gehört die Abteilung F, " Schöne Künste", mit 593 Titeln. Zu ihr zählen Baukunst sowie Malerei, Bildhauerei, Musik, Theater, Schauspielkunst, Holzschneide- und Kupferstechkunst, aber auch " Gymnastik" und " Spiele" (z. B. Kriegsspiele). Das 18. Jh ist mit 193 Titeln (davon 111 deutsche und 72 französische) vertreten, das 17. Jh mit 80 (davon 30 deutsch, 27 lateinisch, 12 französisch). Es dominiert das 19. Jh mit 282 Titeln (davon 259 Titel in Deutsch). 23 lateinische, 8 deutsche und 2 italienische Titel bilden den Bestand des 16. Jhs. 5 Werke sind ohne Jahresangabe. Hohe quantitative Anteile weisen vor allem die " Kunstgeographie" und die " Beschreibungen und Abbildungen von Werken der bildenden und zeichnenden Künste" (130 Titel) sowie die Rubriken der " Musik" auf (166 Titel).

2.101 Die Abteilung " Allgemeine Geographie und die allgemeine Geschichte" enthält von einstmals knapp 3000 noch 43 Titel (4 des 16. Jhs, 16 des 17. Jhs, 9 des 18. Jhs und 14 des 19. Jhs). Einen Schwerpunkt bilden die Berichte über Reisen und geographische Entdeckungen (27 Titel).

2.102 In der Abteilung H, die die allgemeine Statistik und Ethnographie sowie die Geschichte der Kriege und Friedensschlüsse zusammenfaßt, verteilen sich die 727 erhaltenen Titel auf 30 Titel aus dem 16. Jh, 70 aus dem 17. Jh (30 in Latein, 13 in Deutsch, 14 in Französisch und 13 in weiteren Sprachen), 225 aus dem 18. Jh (103 französische, 88 deutsche, 25 lateinische und 9 Titel in anderen Sprachen). Im 19. Jh sind von 412 Titeln 269 Titel in Deutsch, 82 in Französisch, 46 in Englisch und 15 Titel in weiteren Sprachen. Deutlich dominiert die Kriegsgeschichte als Folge der Französischen Revolution, die in erheblichem Maße zur Veränderung der Kriegstechnik und des Kriegshandwerks sowie der Organisation des Militärs überhaupt beigetragen hat.

2.103 Mit 825 Titeln ist die Abteilung J, die die " Allgemeine Religions- und Kirchengeschichte" enthält, mit Abstand die größte erhaltene Einheit. Sie umfaßt im 16. Jh 105 Titel (100 lateinische und 5 französische), im 17. Jh 90 (65 lateinische, 20 deutsche und 5 griechische) und im 18. Jh 140 (85 deutsche, 40 lateinische und 15 französische). Mit 490 Titeln (davon 465 Titel in Deutsch) ist das 19. Jh die größte Gruppe. Mit 80 Prozent Verlust gehört die Abteilung zu den am wenigsten zerstörten (die Verlustrate beträgt in der Regel 98 oder 99 Prozent). Einen Schwerpunkt bilden die " Geschichte der Schöpfung, Offenbarung und Erlösung" oder die " Geschichte vom Tode, der Seelenwanderung und der Unsterblichkeit", aber auch Abhandlungen über die Kirchengeschichte. Im Foliobestand, der 110 Großfoliobände und 1259 Titel Halb- und Sclfolianten des Schleiermacherbestandes im Numerus currens umfaßt, ist ein Schwerpunkt (42 Titel aus dem 16. Jh) in der Abteilung Religions- und Kirchengeschichte erkennbar. Hassiaca im Numerus currens 43/1ff.

2.104 Als geschlossenes Ganzes finden sich hier die Rubriken des Schleiermacher-Systems, die Hessen im allgemeinen, das Kurfürstentum und das Großherzogtum Hessen sowie das Kurfürstentum Mainz umfaßten. Sie wurden bald nach Kriegsende neu katalogisiert und in den Numerus-currens-Bestand eingestellt, behielten allerdings ihre alte systematische Ordnung. Hinzu kamen die erhaltenen Bestände aus den Schleiermacher-Abteilungen Jurisprudenz, Natur- und Völkerrecht etc. (X), Lehensrecht, Kriminalrecht, Kirchenrecht, prakt. Recht (Y) und Staats- und Kameralwissenschaften, Nationalökonomie, Polizei- und Finanzwissenschaft (Z), soweit sie sich auf Hessen oder hessische Verhältnisse bezogen.

2.105 Der Gesamtbestand beträgt 5292 Titel. Davon stammen 3332 Titel aus dem 19. Jh und 1049 aus dem 18. Jh. Daneben sind ein Wiegendruck, 43 Titel aus dem 16. Jh, 484 aus dem 17. Jh und 383 ohne Jahresangabe vorhanden. 4799 Titel sind in deutscher Sprache, 392 in lateinischer, 73 in französischer, je 14 in englischer und in sonstigen Sprachen.

2.106 Der Bestand deckt in insgesamt 85 Sachgruppen die Geographie, Geschichte und die politisch-sozialen Verhältnisse in Hessen ab. Auf einen allgemeinen Teil entfallen dabei 29 Sachgruppen mit insgesamt 732 Titeln und dem Schwerpunkt Geschichte von Hessen, wobei die Literatur über und um Philipp den Großmütigen (1509-1567) durch Umfang und Alter herausragt. Weitere 16 Sachgruppen entfallen auf das Kurfürstentum Hessen (876 Titel), mit deutlich geographischem Schwerpunkt (rund 600 Titel), einer großen Anzahl von Landkarten (ab dem 18. Jh) und Beschreibungen einzelner Landesteile (ab dem 16. Jh). Der größte Teil des Hassiaca-Bestandes betrifft das Großherzogtum Hessen (40 Sachgruppen, rund 3700 Titel). Hier sind alle Sachbereiche gleichmäßig gut besetzt. Die älteste Literatur findet sich in den Sachgruppen über die hessischen Landgrafen und über einzelne Orte. Numerus currens 38/1ff. bis 57/1ff.

Bibliothek des Schulmuseums (Numerus currens 38/1ff.)

2.107 Im Numerus currens 38/1ff. befinden sich als größerer historischer Bestand Bücher aus dem ehemaligen Schulmuseum, das mit seiner Sammlung nach dem Zweiten Weltkrieg aus der Bücherei des Pädagogischen Instituts Jugenheim in die Bibliothek gekommen ist. Welche Wege diese Sammlung vorher genommen hat, ist weitgehend ungeklärt; die Anregung scheint vom ehemaligen Prälaten der evangelischen Landeskirche von Hessen, Wilhelm Diehl, ausgegangen zu sein. Um 1906/1907 hatte die damalige Abteilung für Schulangelegenheiten im Großherzoglichen Ministerium auf Diehls Anregung von allen Schulen des Landes Listen von Schulbüchern erbeten, die vor 1830 erschienen waren. Aufgrund dieser Listen wurde von Diehl ein Katalog erstellt, der 1908 gedruckt erschien. Die Schulen oder Gemeinden wurden dann um Überlassung der Bücher gebeten. Innerhalb kürzester Zeit wuchs der Bestand des Schulmuseums auf eine ansehnliche Zahl an. Im Juli 1909 wurde die Sammlung, die inzwischen auch Schulprogramme und Verordnungen enthielt, im May'schen Stift in Darmstadt untergebracht. Von hier verliert sich ihre Spur bis zu der vorübergehenden Unterbringung in Jugenheim.

2.108 Die im Numerus currens 38/1ff. stehenden 911 Titel stammen zum Großteil aus der ersten Hälfte des 19. Jhs und sind, von wenigen Ausnahmen abgesehen, in deutscher Sprache. Naturgemäß bildet mit 324 Titeln (35 Prozent) die Literatur über Erziehung, Bildung und Unterricht den Schwerpunkt. Der Anteil an sprach- und literaturwissenschaftlichen Abhandlungen beträgt 191 Titel, der von theologischen 101 und von philosophischen Werken 69. Die weiteren Sachgebiete sind inhaltlich an den traditionellen Schulfächern wie Mathematik, Biologie, Geschichte etc. orientiert. Numerus currens 41/1ff. bis 45/1ff.

2.109 Für die Signatur 39/1ff. und 40/1ff. sind keine auffälligen Altbestände registrierbar. Die Bestände der Jahre 1941 bis 1945 waren während des Krieges in das Salzbergwerk Kochendorf bei Wimpfen ausgelagert worden. Bei den Signaturen 41, 42 und 44 sowie 45 handelt es sich um einen recht unsystematischen Bestand. Seine Größenordnung beträgt etwa 5400 Titel (75 Prozent aus dem 19. Jh, überwiegend deutsch), die inhaltliche Ausrichtung ist vorwiegend geisteswissenschaftlich. Der Numerus currens 43/1ff. beinhaltet den Hassiaca-Bestand (s. o. 2.104-105) Hochschule für Lehrerbildung und Ludwig-Georg-Gymnasium (Numerus currens 46/1ff.)

2.110 Wesentliche Teile des Altbestandes für das Jahr 1946 rekrutieren sich aus den Bibliotheken der Hochschule für Lehrerbildung, die in verschiedenen hessischen Städten untergebracht war und des Ludwig-Georg-Gymnasiums in Darmstadt. Die Bibliothek dieses humanistischen Gymnasiums hatte einen Teil ihrer griechischen und römischen Klassiker als Bürde empfunden und ihn etwa in den Jahren 1936/1937 an die Bibliothek übergeben. Dies spiegelt sich in der sprachlichen und chronologischen Aufteilung des Bestandes. Von den 1037 Titeln entstammen die meisten dem 19. Jh (670 Titel), meist deutsche Übersetzungen antiker Autoren; die wenigsten Werke sind in lateinischer Sprache. Im 18. Jh sind von 130 Titeln 60 in lateinischer Sprache und 70 in deutscher.

2.111 Die Hochschule für Lehrerbildung hatte ihren Sitz an verschiedenen Orten (Stempel mit Ortsangaben Bensheim, Darmstadt, Friedberg, Jugenheim und Mainz). Thematisch handelt es sich um die klassischen Schulfächer (ohne Naturwissenschaften) wie Geschichte, Deutsch, Philosophie, Religion, aber auch um erziehungswissenschaftliche Literatur. Der Bestand umfaßt 5488 Titel, die ihren Schwerpunkt in der Literatur des 20. Jhs (ca. 65 Prozent) und 19. Jhs (ca. 30 Prozent) haben. Das 16. und 17. Jh ist nicht vertreten, das 18. Jh durch einen bescheidenen Anteil. Als Altbestand erweisen sich somit nur die etwa 1660 Titel des 19. Jhs, deren Gros (über 1500 Titel) dem deutschen Sprachraum entstammt. Englische Werke sind nur mit knapp 70 Titeln, französische nur mit etwa 20 vertreten. Beschlagnahmte nationalsozialistische Literatur (Numerus currens 47/1ff.)

2.112 Für das Eingangsjahr 1947 weist der NC-Bestand der Darmstädter Bibliothek Literatur auf, die von den alliierten Regierungsstellen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs beschlagnahmt und entweder an das Institut für öffentliche Angelegenheiten in Frankfurt oder an das " Archival Depot" in Offenbach verbracht worden waren. Gemäß dem Befehl des Alliierten Kontrollrats mußten private Verlage, Buchhandlungen und Leihbüchereien Titel mit " nationalsozialistischem und militaristischem" Inhalt abliefern. Ein Teil davon kam in die Bibliothek. Hier wurden die Bücher teilweise vernichtet oder als Altpapier verkauft und der Erlös für den Wiederaufbau der Räumlichkeiten im Schloß verwendet. Ein beachtlicher Teil (im Numerus currens 47/1ff. und 50/1ff.) wurde auf ausdrückliche Anordnung der Militärregierung für eine Sondersammlung zusammengetragen, die zur Klärung historischer Zusammenhänge bei der Entstehung des Nationalsozialismus und zur Verteidigung demokratischer Grundsätze beitragen sollte.

2.113 In diesem Zusammenhang gelangte 1947 auch der Bestand des Wehrkreiskommandos IX (Wehrkreisbüchereien Friedberg und Büdingen) in die Bibliothek. Während das " militaristische Schriftgut" vorerst unter Verschluß genommen werden mußte, sollte vor allem " der große Teil allgemein belehrender Literatur" einen Teil der Lücke, die durch den Brand entstanden ist, ausfüllen". Wie groß der Bestand zu dieser Zeit war, ist unbekannt. Heute handelt es sich dabei um etwa 2300 Titel, die zum größten Teil dem 20. Jh entstammen. Die restlichen ca. 600 Bde aus früheren Jahrhunderten sind zu ca. 90 Prozent in deutscher Sprache. Bibliothek A. E. Berger (Numerus currens 47/1ff.)

2.114 Ebenfalls im Numerus currens 47/1ff. findet sich die, wie es im Kaufvertrag heißt, " sehr bedeutsame Gelehrtenbücherei" des Literaturhistorikers der Technischen Hochschule Darmstadt, Geh. Hofrat Dr. A. E. Berger. Wenn auch der Kauf dieser Bibliothek selbst erst 1947 abgeschlossen wurde, so hatte sich der damalige Direktor, Dr. Rasp, bereits früher das Vorkaufsrecht für diese Bibliothek, deren Wert mit 8900 DM geschätzt wurde, zusichern lassen. Vor allem an deutschsprachiger Literatur orientiert, weisen die 730 Bde jedoch kaum Besonderheiten auf. Es handelt sich zum Großteil um geisteswissenschaftliche Literatur, die zu 85 Prozent dem 19. Jh und im übrigen dem 18. Jh entstammt. Der Wunsch, gerade diese literarische Hinterlassenschaft zu erwerben, scheint dem Bedürfnis entsprungen zu sein, die katastrophalen Lücken in den Beständen der Bibliothek zu schließen. Technische Hochschule (Numerus currens 48/1ff.)

2.115 Der Beschluß von 1948 (s. o. 1.30), die Hessische Landesbibliothek und die Bibliothek der Technischen Hochschule Darmstadt zur Landes- und Hochschulbibliothek zu vereinen, führte dazu, daß mit der Hauptbibliothek der Technischen Hochschule zum ersten Male eine Bibliothek geschlossen unter einer Signatur in die Bestände eingegangen ist. Der Bestand der vormals Polytechnischen Hochschule umfaßt noch 7645 Titel. Seine wenigen historischen Werke entstammen ausnahmslos dem 19. Jh und sind in deutscher oder französischer Sprache. Numerus currens 50/1ff.

2.116 Die Signatur 50/1ff. weist neben dem Archival Depot (s. o. 2.112) einen sehr heterogenen Zugang von über 6000 Titeln auf. Dieser kam aufgrund eines Aufrufes an die Darmstädter Bevölkerung, Institute und auch andere Bibliotheken zusammen, Bücher aus Hinterlassenschaften oder Dubletten an die Bibliothek abzugeben. Daher finden sich hier Bücher unterschiedlichster Provenienz, so von der Bücherhalle Darmstadt, dem Vorläufer der hiesigen Stadtbibliothek, oder von verschiedenen pädagogischen Instituten oder aus privater Hand, wie dem Nachlaß des Gießener Literaturprofessors Götze.

2.117 Die Signaturengruppe gliedert sich in etwa 350 Titel aus dem 18. Jh (270 deutsche und 80 lateinische). Mit 3510 Titeln ist das 19. Jh vertreten (davon 3490 deutsche und 20 lateinische), mit 2180 Titeln das 20. Jh. Inhaltlicher Schwerpunkt sind die Militaria mit 2150 Werken (mehr als ein Drittel). Literarische Werke (670 Titel) und pädagogische (760 Titel) nehmen sich dagegen bescheiden aus, ebenso die Theologie mit 590 Titeln und die Länder- und Reisebeschreibungen mit 490. Von den naturwissenschaftlichen Fächern ist nur die Biologie mit 330 Titeln erwähnenswert. Bibliothek der Grafen zu Erbach-Schönberg (Numerus currens 51/1ff.)

2.118 Die Gräflich Erbach Schönberg'sche Familienbibliothek wurde in der Mitte des 18. Jhs von Gustav Graf zu Erbach-Schönberg gegründet. Es handelt sich um eine typische Adelsbibliothek von ursprünglich ca. 7000 Bdn. Der Gesamtbestand der Bibliothek umfaßt heute insgesamt 1262 Titel, bei einem Altbestand von 1140 Titeln. Das 16. Jh ist mit 14, das 17. Jh mit 82 Titeln vertreten, vorwiegend in deutscher Sprache. Das 18. Jh ist durch 387 Titel repräsentiert (142 französische, 193 deutsche neben einigen in lateinischer und englischer Sprache). Die 657 Titel des 19. Jhs verteilen sich auf 419 deutsche, 177 französische sowie 61 in anderen Sprachen. Sammelschwerpunkte waren Militär- und Staatswissenschaften, französische Literatur des 18. Jhs sowie Theologie. Die Umstände der Übergabe dieser Sammlung sind ungeklärt. Die Einordnung läßt den Rückschluß auf das Eingangsjahr 1951 zu. Bibliothek der Gräfin Grainberg (Numerus currens 53/1ff.)

2.119 Zu den Zugängen von 1953 mit nennenswertem Altbestand gehören Werke aus einem Dublettentausch mit der Stadtbibliothek Mainz. Es handelt sich um Titel des 19. Jhs zur " öffentlichen Verwaltung" und " Pädagogik". Überdies ist eine größere Bibliothek zu nennen, die noch zu Lebzeiten ihrer Eigentümerin, der Gräfin Grainberg, für DM 700 angekauft wurde. Diese ehemalige Adelsbibliothek umfaßt 838 Titel und 30 Foliobände. Das Gros stellt mit 605 Titeln das 19. Jh (420 deutschsprachig und 105 französischsprachig). Einzige Sprache im 18. Jh ist die französische (180 Titel). Einige Werke stammen aus dem 17. Jh, einige aus dem 20. Jh. In dieser vor allem geisteswissenschaftlich orientierten Bibliothek dominieren historische Biographien (240 Titel) und Werke theologischen Inhalts (210 Titel). Die Belletristik ist mit etwas über 200 Titeln vertreten. Der Rest ist Streubestand aus unterschiedlichen Sachgebieten. Nachlaß Emil Krüger und Heyfelder-Bestand (Numerus currens 54/1ff.)

2.120 Ein Altbestand von insgesamt über 1500 Titeln ist 1954 in den Numerus currens aufgenommen worden. Von den zwei größeren Kontingenten weist das kleinere aus dem Nachlaß von Prof. Dr. Emil Krüger 275 historische Titel auf. Sie stammen zum größten Teil aus dem 19. Jh (245, davon 120 deutsche Titel). Bedeutsamer ist mit 2225 Titeln der Bestand eines Herrn Heyfelder, über dessen Herkunft nichts zu ermitteln war. Der Heyfelder-Bestand ist jedoch bemerkenswert wegen seines Altbestandes von 1240 Titeln mit Werken aus dem 16. und 17. Jh in einer Vielzahl von Sprachen (neben Italienisch und Französisch auch die beiden klassischen Sprachen). Das 19. Jh überwiegt mit über 84 Prozent (ca. 1000 Titel). Inhaltliche Schwerpunkte liegen bei der Philosophie (ca. 600 Titel; 48 Prozent), der Belletristik und allgemeinen Literatur (ca. 340 Titel; 27 Prozent) und der Geschichte sowie bei Biographien (ca. 100 Titel; 8,5 Prozent). Numerus currens ab 57/1ff.

2.121 Mit 571 Titeln weist das Jahr 1957 (nach Eingangsbüchern und Auszählung am Regal) den letzten größeren Bestand an historischem Schrifttum auf. Für 1955 und 1956 und nach 1958 ist kein größerer zusammenhängender historischer Bestand nachzuweisen.

2.122 Der für 1957 zu verzeichnende Altbestand kam aus den Nachlässen des Gießener Professors Behaghel und eines aus Erbach/Odenwald entstammenden Pfarrers Kessel, einer Schenkung des Gymnasiums Laubach und aus dem Dublettentausch mit der Landesbibliothek Wiesbaden. Von 571 Titeln Altbestand sind über 90 Prozent deutschsprachig und aus dem 19. Jh. Sowohl die naturwissenschaftlichen wie auch (quantitativ überwiegend) die geisteswissenschaftlichen Fächer sind vertreten. Schwerpunkte liegen vor allem bei biographischen und historischen Werken mit 173 Titeln und bei der Theologie (107 Titel, hauptsächlich aus dem Nachlaß Kessel).

Joachim Meißner

Joachim Schuchardt

Periodica

2.123 Die Periodica umfassen alle in regelmäßigen Abständen gedruckten Publikationen. Dies sind neben Tages- und Wochenzeitungen Kalender und Almanache, aber auch wissenschaftliche Fachzeitschriften. Bei dem großen Brand von 1944 verbrannte etwa ein Fünftel der Periodica.

2.124 Von fast 4000 Titeln Altbestand entfallen 3195 (über 80 Prozent) auf das 19. Jh. Die deutschsprachigen periodischen Publikationen bilden ein Schwergewicht mit 2424 Titeln gegenüber 335 französischen und 215 englischen. Weitere Zeitschriften (221 Titel) liegen in 13 Sprachen vor. Das 18. Jh weist 726 Periodica auf, davon 617 deutsche, 52 französische, 20 lateinische, 19 englische und einige wenige holländische, italienische, norwegische oder russische. Aus dem 17. Jh liegen 2 deutsche und eine niederländische Zeitschrift vor und aus dem 16. Jh eine deutsche.

2.125 Thematisch lassen sich die Periodica in die 24 Fachgebiete des Katalogs von Eppelsheimer einteilen. Hinzu kommen die Periodica, die ihren systematischen Nachweis im Orts- und Länderkatalog finden.

2.126 Die Fachgebiete reichen vom Buchwesen über Geowissenschaften, Klassisches Altertum, Land- und Hauswirtschaft bis zu Sport, Volks- und Völkerkunde und Wirtschaftswissenschaften. Periodika finden sich in jeder Sparte, ingesamt 2692. Thematisch halten sich der naturwissenschaftliche und medizinische sowie der geisteswissenschaftliche Anteil in etwa die Waage.

2.127 Die Medizin stellt mit 474 Titeln über 12 Prozent des Altbestandes, danach folgen die Naturwissenschaften (Physik, Chemie und Biologie) mit 417 Titeln. Aus der Medizin stammen die beiden Titel des 17. Jhs: die Collectanea medico-physica (Leipzig 1680-1690) und die Auserlesenen Abhandlungen praktischen und chirurgischen Inhalts (Leipzig und Lübeck 1699-1757). Insgesamt dominieren bei Medizin und Naturwissenschaften die deutschsprachigen Zeitschriften des 18. und 19. Jhs.

2.128 Die thematisch dem Umfeld der Land- und Hauswirtschaft zuzuordnenden 223 Titel bilden die drittgrößte Sparte des Eppelsheimer-Katalogs. In der hohen Zahl spiegelt sich die für diesen Zeitraum anzusetzende technische und wissenschaftliche Innovation auf dem Agrarsektor. Die 179 Titel aus dem Bereich Technik dürften vornehmlich aus der Fusion mit der Bibliothek der Technischen Hochschule (1948) stammen. Es dominieren die deutschsprachigen Publikationen des 19. Jhs mit 126 Titeln, fremdsprachige sind mit 45 Titeln vertreten.

2.129 Einen weiteren Schwerpukt bilden die religionswissenschaftlichen Zeitschriften, die neben dem Christentum die anderen großen Weltreligionen einschließen. Die 182 Titel verteilen sich auf deutschsprachige Publikationen des 18. Jhs (74 Titel) und des 19. Jhs (97 Titel) sowie auf 13 fremdsprachige, die bis auf 2 dem 19. Jh entstammen.

2.130 Jeweils 169 Zeitschriftentitel finden sich in den Abteilungen Staatswissenschaften und Kunst. Auch hier überwiegt der Anteil in deutscher Sprache aus dem 19. Jh. Die Staatswissenschaften umfassen vor allem Schriften zum Staatsrecht und zur Öffentlichen Verwaltung, schließen aber auch Militärwesen und Wehrwissenschaften ein, die mit 92 Titeln den Schwerpunkt bilden. Bei der Kunst entstammen die meisten Periodica, wie auch beim Schleiermacher-Bestand, den Bereichen Baukunst, Plastik und Malerei.

2.131 Weitere Schwerpunkte bilden die Pädagogik (136 Titel) und die Geowissenschaften (107 Titel), die jedoch keine Besonderheiten aufweisen. Die Geschichte enthält 84 Titel, darunter mit einem niederländischen Europäischen Mercurius (Amsterdam 1690-1755) und der Frankfurter Mess-Relation (1591-1798) die ältesten Zeitschriften.

2.132 Die verbleibenden Fachgebiete seien, da sie keine herausragenden Merkmale zeigen, nur kursorisch aufgeführt: Wirtschaftswissenschaften (90 Titel), Rechtswissenschaften (78 Titel), Literatur (67 Titel), Klassisches Altertum (67 Titel), Mathematik (61 Titel), Sprachwissenschaften (55 Titel), Buchwesen (35 Titel), Sozialwissenschaften (22 Titel), Philosophie (21 Titel), Kulturgeschichte (16 Titel), Sport (13 Titel), Allgemeines (11 Titel), Volks- und Völkerkunde (10 Titel) sowie Psychologie (7 Titel).

2.133 Zeitschriften und andere regelmäßige Publikationen, die ihren systematischen Nachweis im Orts- und Länderkatalog gefunden haben, weisen insgesamt 1233 Titel auf. Davon entfallen auf Hessen 267 Titel, auf Deutschland 329, auf Europa 486 und außereuropäische Gebiete 130. Hinzu kommt eine Sondersammlung Judaica mit 20 Titeln. Zum überwiegenden Teil entstammen diese nach topographischen Kriterien gesammelten Periodica dem 19. Jh (1072 Titel), nur 161 Titel gehören dem 18. Jh an. Die Abteilung " Hessen" stellt eine wertvolle Ergänzung zu den Hassiaca-Beständen im NC 1943 dar und enthält auch Titel des 19. Jhs, die sich auf das damals rheinhessische Gebiet beziehen.

Joachim Meißner

Joachim Schuchardt

Sondersammlungen Inkunabeln

2.134 Die Bibliothek bewahrt rund 2200 Inkunabeln. Bis zur Säkularisation von 1803 besaß sie keinen nennenswerten Handschriften- und Inkunabelbestand. Mit der Säkularisation kamen Hss. und Inkunabeln aus Köln, vom Niederrhein und aus den Niederlanden (mit der Sammlung Hüpsch), ferner aus den kurkölnischen Teilen Westfalens (Grafschaft, Bredelar, Wedinghausen bei Arnsberg, Ewich bei Attendorn, Glindfeld), aus Südhessen (Seligenstadt, Dieburg, Bensheim, Wimpfen) und Weingarten. 200 Hss. der Kölner Dombibliothek, die um 1810 nach Darmstadt gelangten, wurden nach dem Krieg von 1866 zwischen Preußen und Österreich nach Köln zurückgegeben. Im Zweiten Weltkrieg konnte der Inkunabelbestand bis auf geringe Verluste gerettet werden. Dies gilt auch für die Inkunabeln der weitgehend zerstörten Schleiermacher-Abteilungen.

2.135 Ein bedeutender Anteil des Bestandes (960) entfällt auf die Theologie; rechnet man Religions- und Kirchengeschichte hinzu (145), so sind es über die Hälfte. Weitere Schwerpunkte ergeben sich für Sprache und Literatur (323 lateinische, 24 deutsche, ein französischer Titel), für die Rechtswissenschaften (157 lateinische, 9 deutsche) und mit einigem Abstand für die Medizin (67). Erwähnenswert ist das Verhältnis von 10 deutschen Inkunabeln zu 18 lateinischen in der Geschichte. 425 Inkunabeln wurden in Köln gedruckt und 138 im niederländischen Raum. Unter diesen sind mindestens 6 Unica, darunter der Antwerpener Erstdruck. Ansonsten entspricht die Häufigkeit dem allseits bekannten Bild. Auffallend hoch ist noch die Zahl von 78 Mainzer Drucken, zwei von ihnen sind Unica.

Kurt Hans Staub

Freiherrlich von Closen-Günderrodische Bibliothek

2.136 Die von dem Frankfurter Patrizier Johann Maximilian von Günderrode (1713-1784) gegründete Bibliothek umfaßt gemäß einer Revision aus dem Jahre 1971 insgesamt 15.252 Bde. Sie gelangte 1922 als Leihgabe an die Bibliothek und wurde 1958 von ihr erworben. Bekannt wurde diese Familienbibliothek durch ihren Reichtum an Klassikerausgaben des 16. Jhs und wegen ihres Bestandes an französischer Literatur des 17. und 18. Jhs.

2.137 Insgesamt weist die Bibliothek 31.236 Titel auf. In manchen Bdn finden sich, wie häufig im 17. und 18. Jh, verschiedene Traktate oder Abhandlungen verwandten Inhalts zusammengebunden. Mit 30.340 Titeln wurden über 97 Prozent aller Werke noch zu Lebzeiten Johann Maximilians von Günderrode für die Bibliothek erworben. Die meisten entstammen dem 18. Jh (20.219) und dokumentieren, daß dem Bibliotheksgründer vor allem an zeitgenössischer Literatur gelegen war (8647 Titel aus dem 17. Jh und 1474 Titel aus dem 16. Jh). Wie eng die Idee, eine eigene Familienbibliothek aufzubauen, mit der Person ihres Begründers verknüpft war, zeigt sich daran, daß im 19. Jh von seinen Nachkommen lediglich noch 568 Titel angeschafft wurden. 328 Titel sind ohne Jahresangabe.

2.138 Mit 14.427 Titeln in lateinischer und 13.845 Titeln in deutscher Sprache stellen diese beiden Gruppen das Schwergewicht innerhalb des Sprachenspektrums. Sind es vor allem die theologischen und staats- und rechtstheoretischen Schriften, die den hohen Anteil an lateinischen Werken begründen, so stellen überwiegend die historischen Abhandlungen, Reisebeschreibungen und Biographien das Pendant der neueren Sprachen. Als relativ hoch, jedoch kaum weniger überraschend, erweist sich der Bestand an französischsprachigen Werken. 2568 französischen Titeln stehen nur 39 englische gegenüber. Dies erklärt sich insbesondere aus der im 17. und 18. Jh überlegenen Stellung der französischen Staatswissenschaften und der französischen Diplomatie. Andere Sprachen sind mit 357 Titeln vertreten.

2.139 Die Bibliothek weist in erster Linie Rechts- und Staatswissenschaften, theologische Literatur und Werke zur Geschichte auf, insbesondere zur hessischen Landesgeschichte. Eine systematische Ordnung ist nicht erkennbar; die Bde sind fortlaufend von 1 bis 15.252 numeriert. Offensichtlich begann die Aufstellung mit der Theologie, darauf folgen die Ehrengedächtnisse hessischer Fürsten, juristische Werke, Beiträge zur Geschichte Deutschlands, Reisebeschreibungen, Biographien und schließlich deutsche Literatur des 17. und 18. Jhs, die hin und wieder von fremdsprachiger Literatur durchsetzt ist.

2.140 Das Spektrum der Bibliothek reicht von der französischen Aufklärung (repräsentiert durch Voltaires Oeuvres complètes, Gotha 1785) bis hin zur Historia ecclesiastica gentis Anglorum des Beda Venerabilis (Köln 1601). Mit der zunehmenden Bedeutung der Nationalökonomie in den Staats- und Regierungsgeschäften findet sich auch entsprechendes Schrifttum, so Gottlieb Wartmunds Geldmangel in Teutschland (Bayreuth 1664). Vertreten sind geistesgeschichtliche Abhandlungen, wie z. B. die Histoire de la réformation de l'église d'Angleterre (1687) von M. de Rosemond, ebenso wie naturwissenschaftliche Schriften, wie z. B. die Histoire de l'Academie Royale des Sciences (Amsterdam 1699-1711). Die Günderrodische Bibliothek spiegelt alle geistes- und naturwissenschaftlichen, die staats- und rechtstheoretischen und die literarischen Strömungen ihrer Zeit wider.

Joachim Meißner

Joachim Schuchardt

Musiksammlung

2.141 Die bis in das 16. Jh zurückreichende Musiksammlung entstand aus den praktischen Bedürfnissen des landgräflichen und später großherzoglich Hessen-Darmstädtischen Hofes, der sowohl zu Repräsentationszwecken als auch für Zwecke der Kirchen- und Kammermusik und in späterer Zeit zunehmend für den Spielbetrieb der Oper ein vorzügliches Orchester unterhielt. In der Zusammensetzung des einstigen Bestandes spiegelte sich demzufolge in erster Linie das Musikleben an einer mittelgroßen deutschen Residenz.

2.142 Mit dem Auf- und Ausbau einer organisierten Hofkapelle im 17. und 18. Jh wuchs der Bedarf an Musiziergut, und es setzte eine umfangreiche Sammeltätigkeit ein. Mehrere verwendungsorientierte Einzelsammlungen entstanden, die zu Beginn des 19. Jhs in die zunächst noch eigenständige Hofmusik-Bibliothek zusammengeführt wurden und weiterhin dem praktischen Gebrauch - vor allem dem Hoftheater und der Hofmusik zur Verfügung standen. Schließlich wurde der gesamte Musikalienbestand 1873 in die damalige Hofbibliothek überführt. Diese Maßnahme trug zur rückläufigen Entwicklung der Sammlung bei. 1944 verbrannten alle nicht ausgelagerten Teile der Musiksammlung, die bis zu dieser Zeit zu den bedeutendsten in Deutschland gezählt hatte. Nur etwa der neunte Teil des ursprünglichen Bestandes konnte gerettet werden.

2.143 Nach Rückführung aus der Auslagerung wurde dieser Restbestand zunächst verwaltungsmäßig mit den Hss. der Bibliothek vereint. Erst 1965 erfolgte die Einrichtung einer eigenen Musikabteilung, wodurch die Voraussetzung für einen fachlich geführten Neuaufbau geschaffen war. Zuwachs erhielt die Sammlung weniger durch gezielte Käufe als durch Schenkungen und Nachlässe, darunter die Musikbibliothek von Karl Anton (1887-1956) mit Teilen des Nachlasses von Franz Hauser (1794-1870), einen Teilbestand des Verlagsarchivs von Breitkopf & Härtel (1953), die Nachlässe von Elisabeth Noack (1895-1874) und Philipp Schweitzer (1901-1981) sowie der Komponisten Hermann Heiß (1897-1966) und Wilhelm Petersen (1890-1957).

2.144 Unter den geretteten Musikbeständen ist der Handschriftenanteil bei weitem bedeutender und zahlenmäßig umfangreicher als der Komplex der Musikdrucke vor 1900. Unter den Drucken befinden sich nur noch 25 aus dem 16. Jh, 54 aus dem 17. Jh und etwa 100 aus dem 18. Jh. Vor allem durch Ergänzungen während der Nachkriegszeit erhöhte sich die Anzahl der Drucke aus dem 19. Jh inzwischen auf 1760. Von einem geschlossenen und die Musizierpraxis im Umfeld des Hessen-Darmstädtischen Hofes repräsentierenden Bestand kann aber heute nicht mehr gesprochen werden. Es handelt sich vielmehr vor allem bei den ältesten Drucken um Einzelstücke, die ihren ursprünglichen musikhistorischen Zusammenhang kaum noch erkennen lassen.

2.145 Infolge der hohen Kriegsverluste hat sich aus der ursprünglichen Sammlungsbreite ein Schwerpunkt Barockmusik herausgebildet. Doch hat die Vermehrung der Sammlung durch den Erwerb der wissenschaftlichen Ansprüchen genügenden Denkmäler- und Gesamtausgaben die Wandlung zur modernen Gebrauchsbibliothek für Forschung und Praxis zum Ziel. Die geretteten älteren Bestände zeichnen sich nur in geringem Maße durch besondere Kostbarkeiten aus. Unter den Raritäten befinden sich Drucke mit Instrumentalmusik von Christoph Graupner und Georg Philipp Telemann sowie einige Motetten- und Liedersammlungen aus dem 16. und 17. Jh, die aber in der Regel nicht vollständig erhalten sind (sämtlich im RISM verzeichnet). Selbst die gedruckten Werke der in Darmstadt einst tätigen Hofkapellmeister und Komponisten (Herbst, Briegel, Graupner, Rinck, Vogler, u. a.) sind nicht vollständig überliefert.

2.146 Unter den Gattungen überwiegt erwartungsgemäß die instrumentale Kammer- und Klaviermusik (928 Drucke, vorwiegend aus dem 19. Jh), darauf folgen Werke für Singstimmen (675 Drucke, gleichfalls überwiegend aus dem 19. Jh) und geistliche Chorwerke (564 Drucke, darin enthalten z. B. Klavierauszüge Bachscher Kantaten u. ä.). Von Bühnenwerken sind noch 287 Drucke vorhanden und von Werken mit weltlicher Chormusik 168. Der innerhalb der Musiksammlung aufbewahrte Teil der Liederbücher umfaßt 103 Drucke, die Orchestermusik 104 und die Lehrwerke (Instrumentalschulen etc.) 112 Drucke. Es handelt sich überwiegend um Editionen aus dem deutschen Sprachgebiet.

Oswald Bill

Marion Grabka

Theatersammlung

2.147 Der Bestand ist inhaltlich begrenzt auf die Aufführungen des Darmstädter Theaters. Gesammelt werden hauptsächlich Szenenfotos, Zeitungsberichte, Programmzettel, Porträts, Bühnenbildentwürfe und Figurinen sowie Bühnenmodelle. Die Sammlung der Szenenfotos, in der vor allem das rund 175.000 Negative umfassende Archiv des Fotografen Pit Ludwig hervorzuheben ist, beginnt im wesentlichen erst in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts, ebenso die lückenhafte Dokumentation der Theaterkritiken. Die Sammlung der Porträts und der Theaterzettel setzt, von einigen früheren Beispielen abgesehen, im frühen 19. Jh ein. Die ältesten Bühnenbildentwürfe stammen aus dem 18. Jh (J. F. Gout, J. Quaglio). Bemerkenswert ist die umfangreiche Sammlung von Grund- und Aufrißzeichnungen des Bühnenmeisters Ignatz Dorn aus der ersten Hälfte des 19. Jhs.

2.148 Gegründet wurde die Theatersammlung von dem Pädagogen, Kritiker und Theaterhistoriker Hermann Kaiser (1889-1978), der 1933, als er seine Theaterberichterstattung einstellen mußte, Text- und Bilddokumente zum Darmstädter Theater zusammenzutragen begann. Von Anfang an erhielt er Unterstützung von der Hessischen Landesbibliothek, der er bereits 1938 einen Teil seiner Privatsammlung als Dauerleihgabe vermachte. Bis zu seinem Tod hat er sich unermüdlich um die Vervollständigung seiner Sammlung bemüht, die er der Bibliothek als Vermächtnis hinterließ. Ergänzt wurde die Sammlung durch Theatermaterialien aus dem Altbestand der Bibliothek.

Yorck Haase

Kartensammlung

2.149 Die in ihren Anfängen auf das 16. Jh zurückgehende Sammlung ist sowohl aufgrund ihres Umfanges mit insgesamt etwa 37.000 Blättern als auch wegen ihrer z. T. wertvollen Bestände von besonderer Bedeutung. Sie setzt sich aus mehreren Teilsammlungen zusammen: den gedruckten Karten, Kriegskarten, Stadtplänen und Atlanten sowie handgezeichneten Karten und Plänen. Außerdem schließt sie die Ansichten-, Tabellen- und Portraitsammlung ein.

2.150 Die Zahl der gedruckten Karten beläuft sich auf etwa 26.000 Einzelblätter (ca. 4500 Werke) vor allem des 17. und 18. Jhs. Unter ihnen befinden sich oft Duplikate einer Karte mit leichten Variationen. Etwa die Hälfte dieses Bestandes entfällt auf die Darstellung Europas und einzelner europäischer Staaten, ein Viertel auf die Darstellung des Deutschen Reiches und seiner Teilstaaten in den jeweiligen politischen Abgrenzungen von ca. 1500 bis 1900. 700 Werke zeigen das außereuropäische Ausland. Zur Region Hessens liegen 250 Werke in etwa 1500 Einzelblättern vor, außerdem alle Ausgaben der Topographischen Karte 1 : 25.000 (TK 25) seit ihrem erstmaligen Erscheinen im Jahr 1886. Zur Sammlung zählen u. a. eine Karte von Holland (1604) mit dem Titel Inferioris Germaniae Provinciarum Nova Descriptio, bei der es sich um die älteste Karte von Willem Janszoon Blaeu handelt, sowie holländische Wandkarten des 17. Jhs von Blaeu, Allardt, Visscher und Marggraphius. Mit der Situationkarte von Rhein Main und Lahngegenden (1822), einem Druck auf Atlasseide mit handvergoldeten Randleisten, sei hier stellvertretend ein prachtvolles Stück genannt. Weiterhin sind die älteste gedruckte Karte Hessens (Dryander, ca. 1550) und die Haas'sche Militärische Situationskarte von den Ländern zwischen Rhein Main und Neckar (1789-1804), die erste vollständige Landesaufnahme dieser Region, hervorzuheben.

2.151 Die Sammlung der gedruckten Kriegs- und Manöverkarten sowie der Belagerungspläne umfaßt 900 Einzelblätter, die überwiegend dem 17. bis 19. Jh zuzuordnen sind. Diese Karten zeigen die wesentlichen europäischen Kriegsschauplätze. Besonders umfangreich ist das Material zum Siebenjährigen Krieg (1756-1763): allein zu diesem Zeitraum liegen 101 Karten vor, die zahlreichen Festungspläne nicht mitgerechnet. Weitere Kriegskarten liegen in der Mappensammlung (s. u. 2.154), so daß insgesamt ein umfangreicher Bestand zum Thema Militaria vorhanden ist.

2.152 Der Bezug zu Hessen, der in den beiden erstgenannten Teilsammlungen nicht so auffällig ist, wird in der Sammlung der Stadtpläne etwas deutlicher. Auf 70 der insgesamt 650 Pläne ist Darmstadt zu sehen. Die anderen zeigen weitere deutsche Städte sowie solche des europäischen Auslandes, besonders des benachbarten. Vereinzelt gibt es auch Pläne entlegenerer Städte wie z. B. Astrachan und Umgebung von Gabriel Bodenehr. Das älteste Exemplar ist ein Plan Roms von 1551. Hervorzuheben sind die 8 Bauerkeller'schen Reliefpläne (1841-1847).

2.153 Die Sammlung der Atlanten umfaßt 315 Exemplare. Weitere ältere Stücke sind im Schleiermacher-Bestand verstreut, so daß die Gesamtzahl ca. 500 beträgt. Etwa die Hälfte der eigentlichen Sammlung stammt aus dem 19. Jh, 70 aus dem 18. Jh, 30 aus dem 17. Jh, 8 sind in das 16. Jh zu datieren, darunter u. a. der Atlas Novus von Blaeu (1634). Darüber hinaus liegen 5 Ausgaben der Cosmographia von Ptolemäus vor. Neben Seeatlanten (darunter 5 von Goos) finden sich Himmels-, Klima-, Schul- und historische Atlanten. In der Regel handelt es sich um Weltatlanten. Sofern sie regional eingegrenzt sind, behandeln sie Europa oder Teilräume davon.

2.154 Die " Mappensammlung", nach einem formalen Kriterium zusammengestellt, umfaßt alle Handzeichnungen der Kartensammlung, unabhängig von dem Inhalt. So betreffen ca. ein Drittel der insgesamt 3000 Blätter erneut die Thematik der Kriegs- und Manöverkarten, vor allem auf den Siebenjährigen Krieg bezogen. Ferner finden sich hier Stadt- und andere Pläne, architektonische Entwürfe sowohl für Gebäude wie auch für Gartenanlagen, Parks u. a. Der regionale Schwerpunkt liegt eindeutig auf Hessen und Deutschland. Die überwiegende Zahl dieser Handzeichnungen ist in das 18. Jh zu datieren. Besonders nennenswert sind die Entwürfe von Balthasar Neumann, eine Karte der Pfalz, 1667 von Stenglin auf Pergament gezeichnet sowie die Militairisch-topographische Charte 1 : 50.000 von Meister (1814 bis 1819), die etwa das Großherzogtum Hessen abdeckt.

2.155 Die Sammlung der Ansichten umfaßt 1750 Blätter, vor allem Stiche und Lithographien von Städten, Landschaften, vereinzelt auch von bedeutenden Einzelobjekten wie Triumphbögen, Schlössern u. ä. Ein großer Teil der Ansichten zeigt Hessische Regionen, dort sind auch Sachsen, Thüringen, Bayern, Frankreich und die Schweiz zahlreich vertreten. Die Mehrzahl der Ansichten ist in das 19. Jh einzuordnen.

2.156 Organisatorisch der Kartensammlung zugeordnet sind die Tabellen- und Portraitsammlung. Die Tabellensammlung stellt inhaltlich ein Konglomerat aus allen Wissensgebieten dar. Zum einen handelt es sich um großformatige Beilagen oder Karten, die Büchern wegen des Formats entnommen und gesondert aufbewahrt wurden. Der Bezug zu den zugehörigen Büchern ist heute nur noch über den Schleiermacher-Katalog herzustellen. Zum anderen finden sich hier Flugschriften und andere Einzeldrucke. Die Ordnung der Sammlung folgt dem Schleiermacher-System. Zahlreiche Exemplare der Tabellensammlung stammen aus dem 16. Jh, die meisten jedoch aus dem 17. bis 19. Jh. Das wohl älteste Stück ist eine Achterklärung von Karl V. aus dem Jahre 1520. Insgesamt umfaßt diese Sammlung 550 Blätter, von denen 170 zur Sachgruppe Deutsche Geschichte und Geographie gehören. Mit je 50 bis 70 Stücken sind die Abteilungen " Buchwesen und Schöne Künste", " Witze und Literatur", " Geographie und Geschichte" (ohne Bezug zu Deutschland) sowie " Mathematik und Technik" etwas reicher ausgestattet. Auf die anderen Sachgruppen entfallen weniger Exemplare; nur die Medizin ist mit 41 Blättern stärker vertreten.

2.157 Die Portraitsammlung (etwa 3400 Blätter) umfaßt vor allem Stiche und Lithographien. Da sie laufend ergänzt wird, auch über 1900 hinaus, kommen auch Photographien hinzu. Die meisten Blätter stammen aus dem 18. und 19. Jh. Der regionale Schwerpunkt liegt wieder bei Hessen und Deutschland. Zu den dargestellten Personen zählen im wesentlichen Fürsten, Regenten, Adlige, (wohlhabende) Bürger und Künstler.

2.158 Die Erschließung der Kartensammlung ist problematisch. Für die Ansichten, Kriegskarten und Handzeichnungen liegen handschriftliche Kataloge aus dem 19. Jh vor, die jedoch unvollständig und somit nicht verläßlich sind. Darüber hinaus enthalten sie nur knappe Informationen über die einzelnen Stücke. Die Stadtpläne, Atlanten und Portraits sind zwar in je einem neueren Standortkatalog verzeichnet, jedoch enthalten auch sie nur wenig Informationen. Für die gedruckten Karten gibt es mehrere jeweils unvollständige Verzeichnisse, die einander ergänzend herangezogen werden müssen.

Sigrun Eckelmann

Patentschriften

2.159 Die Patentschriftensammlung kam mit der Bibliothek des Hessischen Gewerbemuseums Darmstadt 1931 an die damalige Landesbibliothek, als das Gewerbemuseum auf Beschluß des Hessischen Landtages aufgelöst wurde. Ihre Ursprünge gehen auf die Großherzogliche Centralstelle für die Gewerbe in Darmstadt (1877-1913) und die Vorbildersammlung der Gewerbebibliothek (1914-1921) zurück.

2.160 Als Sondersammlung der Bibliothek angeschlossen, besitzt die Patentschriftenstelle alle seit Beginn eines einheitlichen deutschen Patentwesens im Jahre 1877 erschienenen deutschen Patentdokumente. Bis 1900 gab das Kaiserliche Patentamt in Berlin ca. 110.000 Patentschriften heraus, die sämtlich in deutscher Sprache erschienen. Die wichtigen deutschen Patent-Fachzeitschriften sind in der Patentschriftenstelle meistens von Beginn an vorhanden: Deutsches Patentblatt mit Namensverzeichnis (ab 1, 1877 lfd.); Blatt für Patent-, Muster und Zeichenwesen (ab 6, 1900 lfd.); Warenzeichenblatt (ab 1894 lfd.).

2.161 Inzwischen hat die Patentschriftenstelle mit den seit 1978 vom Europäischen Patentamt herausgegebenen Veröffentlichungen einen Bestand von ca. 3,7 Millionen Patentdokumenten. Die Patentschriften umfassen das Gesamtgebiet der Technik; bis 1900 waren sie im wesentlichen nach 89 Klassen abgelegt. Seit 1975 sind die Patentdokumente zu großen Teilen auf Mikrofilmlochkarten nach der Internationalen Patentklassifikation abgelegt, einer sachlichen Feineinteilung der Technik mit 60.000 Untergliederungen.

Wolfgang Rhodius

Schulschriften

2.162 Aus einer Sammlung von ca. 51.500 Schulschriften wurden zu einem früheren Zeitpunkt ca. 1500 hessische und Darmstädter Schriften nach PI katalogisiert, innerhalb des normalen Buchbestandes aufgestellt und im Alphabetischen Katalog verzeichnet. Die Hauptmasse von ca. 50.000 Schriften ist nicht katalogisiert, jedoch größtenteils chronologisch in Kapseln und Zieppen aufbewahrt; ein kleiner Teil ist lose aufgestellt und nach Dekaden geordnet. Darunter sind 40 Sammelbände hessischer Schulschriften. In den Jahren 1978 und 1979 wurden Schulschriften getrennt nach Jahresberichten und wissenschaftlichen Beiträgen inventarisiert und rückläufig bis 1910 in den gedruckten Verzeichnissen (Klußmann und Jahresverzeichnisse) mit einer P.-Nummer eingetragen, so daß der vorhandene Bestand für den angegebenen Zeitraum ermittelt werden kann.

Werner Wegmann

3. KATALOGE

3.1 Moderne allgemeine Kataloge Alphabetische Kataloge:

Der alphabetische Bestandsnachweis ist in 4 Teile gegliedert: " Schleiermacher-Katalog"

[in Zettelform, nach PI; überwiegend Monographien der Erscheinungsjahre bis 1899 (soweit nicht im Alphabetischen Hauptkatalog enthalten); basiert auf dem historischen Standortkatalog]

Alphabetischer Hauptkatalog

[in Zettelform, nach PI; alle Monographien (einschließlich Dissertationen) der Erscheinungsjahre 1900 bis 1986; vor 1900 erschienene Monographien nur soweit nicht im Schleiermacher-Katalog nachgewiesen; Zeitschriften und Zeitungen bis 1974; ein Duplikat des AK ist der Dienstkatalog in Zettelform; enthält auch Fachnotationen aus dem Sachkatalog]

Mikrofichekatalog

[nach RAK-WB; alle Monographien (einschließlich Dissertationen) ab Erscheinungsjahr 1987, alle laufend gehaltenen Zeitschriften und Zeitungen sowohl der Landes- und Hochschulbibliothek als auch der Instituts- und Fachbereichsbibliotheken der Technischen Hochschule Darmstadt. Ältere, abgeschlossene Periodika werden nach und nach eingearbeitet]

Darmstädter Gesamtkatalog

[in Zettelform, nach RAK; Nachweis der Monographien (einschließlich Dissertationen) der Instituts- und Fachbereichsbibliotheken der Technischen Hochschule Darmstadt und zahlreicher anderer Darmstädter Bibliotheken]

Sachkatalog

[in Zettelform, nach der Methode Eppelsheimer mit

Schlagwortregister; gegliedert nach Fachgebieten, Personen, Ländern und Orten; systematische Erschließung der im Alphabetischen Hauptkatalog und im Mikrofichekatalog nachgewiesenen Monographien und Zeitschriften, Dissertationen in Auswahl; zum " Schleiermacher-Bestand" s. a. 3.3] Zentrale Nachweise:

Der Bestand ist sowohl im Hessischen Zentralkatalog und in HEBIS als auch in der Zeitschriftendatenbank (ZDB) nachgewiesen. Die Drucke der Musikaliensammlung vor 1800 sind im RISM verzeichnet.


Quelle: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland. Digitalisiert von Günter Kükenshöner.
Hrsg. von Bernhard Fabian. Hildesheim: Olms Neue Medien 2003.